Silberband 055 - Der Schwarm
war es nicht allein die Angst um den neuen Selektor, der die anderen verzweifelte Impulse abstrahlen ließ. »Tu es nicht!«
Der Druck, den Froud-Crofton schon einmal gefühlt hatte, kehrte zurück. Eine Beengung, die ihn zu zerquetschen drohte. Er ahnte, daß dies nicht die Folge einer physischen Krise, sondern ein von den Kontrolleuren ausgelöstes Gefühl war, das zum Ziel hatte, ihn gefügig zu machen. Er wehrte sich dagegen.
In diesem Zustand fiel ihm kaum noch etwas ein. Seine Gedanken waren verworren. Und es wurde immer schlimmer.
Bald würde er überhaupt nicht mehr senden können.
Er mußte es jetzt tun!
Die Kontrolleure verstärkten den Druck. Obwohl Froud-Crofton keine Lungen mehr besaß, glaubte er ersticken zu müssen. Er konnte die Impulse des Kollektivs nicht mehr hören.
Alles um ihn herum schien zu versinken.
Senden! dachte er.
Mit einer übermächtigen Willensanstrengung veranlaßte er seine Maschine zum Abstrahlen einiger Signale. Er sendete, was ihm gerade einfiel. Dann wurde der Druck unerträglich.
Er konnte nicht weitersenden. Um ihn herum wurde es dunkel.
Die Kontrolleure: »Er ist nicht tot. Er ist widerstandsfähiger, als wir dachten.«
Wir sind erleichtert. Vielleicht wird jetzt doch noch alles gut.
Was mag er gesendet haben?
Die Kontrolleure: »Es war mehr oder weniger unverständlich, wahrscheinlich sogar bedeutungslos.«
Wir spüren, daß unsere Impulse ihn nicht erreichen können. Er ist nicht bei Sinnen. Aber er lebt noch.
Ich … wir … ich …
Wir müssen weiter warten. Natürlich ist der Neue ein unvergleichliches Talent, aber niemand von uns hätte gedacht, daß er zu einem solchen Problem werden könnte.
Er hat uns als Sklaven bezeichnet!
Sind wir das?
Die Kontrolleure: »Er soll am Leben bleiben.«
Das galt natürlich nur für den Fall, daß Froud-Crofton nicht noch einmal versuchen würde, mit Wesen außerhalb des Schwarms in Verbindung zu treten.
Es wird sicher einige Zeit dauern, bis er sich erholt hat. Die Kontrolleure haben ihm einen schweren Schock zugefügt, den ein anderer vielleicht nicht überlebt hätte.
Die Kontrolleure: »Er wird es überstehen.«
Diese Versicherung kann reine Beruhigungstaktik sein. In Wirklichkeit wissen die Kontrolleure vielleicht schon, daß der neue Selektor sterben wird, bevor er seine Aufgabe richtig erfüllen kann.
Wir haben keinen Grund, an der Aufrichtigkeit der Kontrolleure zu zweifeln. Trotzdem müssen wir immer wieder über verschiedene Bemerkungen des Fremden nachdenken.
Er haßt uns nicht, sondern bedauert uns. Er ist verzweifelt darüber, daß er mit uns funktionieren soll. Er wehrt sich gegen eine endgültige Eingliederung, weil er keine Sklavendienste verrichten will.
Die Kontrolleure: »Das Y'Xanthomrier hat keine Sklaven.«
Aufgeschreckt unterbrechen wir unsere Überlegungen. Bisher ist es kaum geschehen, daß sich die Kontrolleure auf diese Weise in unsere Gedanken mischten. Sie meldeten sich eigentlich nur, um uns Informationen oder Anordnungen zu geben.
Wir erkennen, daß wir glücklich sind. Wir funktionieren.
Wir funktionieren für das Y'Xanthomrier, das tötet und dabei rote Steine weint.
Dabei hätte ich … ich … wir …
Bully blickte auf die Uhr und schüttelte enttäuscht den Kopf.
»Es sieht so aus, als hätte ich die Lage falsch eingeschätzt«, gab er zu. »Es hat keinen Sinn, wenn wir noch länger warten.«
»Wir hofften alle, daß wir die Jacht wiedersehen würden oder zumindest eine Nachricht von ihr erhalten würden«, sagte Julian Tifflor. »Doch damit brauchen wir jetzt nicht mehr zu rechnen.«
Der Schwarm wanderte langsam weiter. Seine Geschwindigkeit war nicht konstant, und Bull vermutete, daß er früher oder später wieder transistieren würde.
Wußten die Ameisen, was ein Mensch, der auf ihren Straßen herumtrampelte, als nächstes tun würde?
»Wir fliegen jetzt zurück!« kündigte Bull an. Da meldete sich Groysken Asnker, der früher auf der Erde als Kybernetiker gearbeitet hatte, jetzt aber an Bord der INTERSOLAR zusammen mit zwei Männern und einer Frau die Funkanlage bediente.
»Warten Sie noch, Mr. Bull!«
Bully fuhr herum. In der Zentrale herrschte knisternde Atmosphäre.
»Was ist geschehen?«
»Einen Augenblick!« Asnkers Stimme klang gespannt. »Ich lege um.«
Aus den Empfängern in der Zentrale kam ein ungleichmäßiges Rauschen.
»Was ist das?« fragte Bully verwirrt.
»Schwer zu sagen«, antwortete Asnker langsam. »Es wäre auch sicher
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