Silberband 056 - Kampf der Immunen
Stunden gefangengehalten, bevor sich ihre Widersacher zeigten.
Admiral Cadro Tai-Hun hatte genügend Zeit, um über alles nachzudenken. Und er nutzte diese Gelegenheit.
Nach und nach fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Aber nicht nur er kam zur Einsicht, sondern auch seine Leute.
»Wie konnte es unter zivilisierten Wesen nur zu diesem Blutbad kommen!« rief jemand aus.
»Dabei hat es niemand gewollt«, sagte ein anderer.
»Es ist unerklärlich – ich kann es jetzt noch nicht fassen. Wir haben getötet!«
Ja, sie hatten getötet – und sie waren getötet worden. Admiral Cadro Tai-Hun hatte 36 Tote zu beklagen. Es war schrecklich, daß die wenigen vernunftbegabten Wesen, auf deren Schultern die Verantwortung für eine ganze Galaxis lag, sich gegenseitig auslöschten.
Admiral Tai-Hun erkannte seine Fehler. Er hatte ganz einfach zuviel gewollt. Er glaubte immer noch an seine Idee, einige auserwählte Intelligenzwesen aller Völker auf einer Welt anzusiedeln und mit ihnen eine neue Zivilisation aufzubauen. Wenn er eine Chance bekam, würde er diesen Plan auch verwirklichen. Seine Idee war gut – doch er hatte den Fehler begangen, sie anderen aufzwingen zu wollen.
Und das ließ sich nicht verwirklichen. Selbst wenn in der augenblicklichen Lage die Völker der Galaxis zur Zusammenarbeit bereit waren, so konnte man sie nicht alle in ein streng abgezirkeltes Schema pressen. Eine friedliche Koexistenz lag im Bereich des Möglichen, aber ein gewaltsamer Zusammenschluß aller Immunen war nicht durchzuführen.
Das alles erkannte Admiral Tai-Hun in den vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, die ihm gewährt worden waren.
Der Paratronschirm fiel in sich zusammen.
Die Paradiessucher hatten Aufstellung genommen, ihrer Waffen hatten sie sich schon vorher entledigt. Die Spezialisten von Quinto-Center, allen voran Roi Danton, Oberst Korstan Tiesch und Cheborparczete Faynybret mit dem Siganesen Mortom Kalcora, stellten sich ihnen gegenüber. Auch sie waren unbewaffnet. Angesichts dieses Vertrauensbeweises erschien es allen plötzlich wie ein böser Alptraum, daß sie sich bis vor kurzem noch gnadenlos bekämpft hatten.
Admiral Tai-Hun trat vor. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Er erklärte mit fester Stimme:
»Ich stehe voll und ganz zu Ihrer Verfügung, Oberst.«
Oberst Tiesch war ebenfalls vorgetreten. Zehn Schritte vor dem Admiral blieb er stehen.
Auf seinem Gesicht lag ein fast melancholischer Ausdruck.
»Danke, Admiral Tai-Hun«, sagte er mit einer für einen Ertruser erstaunlich leisen Stimme. »Ich rechne Ihnen diese ehrenvolle Haltung hoch an, doch ich lehne Ihr Angebot ab. Es würde mich nicht – und niemanden unter uns – befriedigen, Sie zur Verantwortung zu ziehen. Ihre Strafe wird es sein, mit der Erinnerung an diese schrecklichen Geschehnisse leben zu müssen. Es ist mir weder möglich, Sie zu rehabilitieren, noch Sie zu verurteilen. Das kann niemand, denn bis zu einem gewissen Grad sind wir alle am Tode der fünfzig Lebewesen schuld. Deshalb, Admiral Tai-Hun, sind wir zu dem Entschluß gelangt, Sie und Ihre Leute nicht zur Rechenschaft zu ziehen.«
Admiral Tai-Hun antwortete lange nicht. Schließlich sagte er: »Ich finde nicht die Worte, um mein Bedauern über die furchtbaren Vorfälle auszudrücken. Und dennoch kann ich nicht sagen, daß ich in Ihrem Sinne zur Einsicht gekommen bin und meine Einstellung geändert habe. Ich glaube immer noch nicht daran, daß man die Zivilisation retten kann, sondern bin nach wie vor der Meinung, daß die Immunen besser eine neue Welt aufbauen sollten, statt sich in Rettungsversuchen für die Verdummten zu verzetteln.«
Jetzt trat Roi Danton vor.
»Sie werden Gelegenheit erhalten, Ihre Ideen zu verwirklichen«, sagte er. »Wir geben Ihnen und Ihren Leuten die ZAMORRA-THETY und die Freiheit. Sie können damit beginnen, was Sie wollen.«
Admiral Cadro Tai-Hun nahm diese Eröffnung erstaunt auf.
»Sind Sie auch ganz sicher, daß Sie von uns nicht Sühne verlangen?« fragte er.
»Es hat viele Tote gegeben«, antwortete Danton. »Wenn ich überzeugt wäre, sie wieder zum Leben zu erwecken, indem ich nach den Schuldigen suche und sie bestrafe – ich würde es ohne Rücksichtnahme tun. Allerdings fänden sich dann vielleicht mehr Schuldige, als es Tote gegeben hat. So aber, Admiral … Nein, wir können keine bessere Lösung finden als die vorgenannte. Sie und Ihre Leute können gehen.«
»Danke«, sagte Admiral Tai-Hun. Dann fügte er nicht ohne
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