Silberband 056 - Kampf der Immunen
seinen Körper nicht mehr so unter Kontrolle hatte, um die zum Start notwendige Starre zu erreichen.
Die Kreatur streckte flehend beide Arme in Richtung der beiden Männer aus und begann in schrillen Tönen zu jammern.
Saedelaere fragte sich, welche Schicksale sich jetzt im Innern der Festung abspielen mochten. Auch für die Festungsbewohner war der Start in unbekannte Fernen ein einschneidendes Ereignis, mit dem sie wahrscheinlich niemals gerechnet hatten. Viele von ihnen hatten sicher verlernt, wie sie sich in einem solchen Fall verhalten mußten.
Der alte Festungsbewohner blieb hinter ihnen zurück. Saedelaere würde nie vergessen, wie das Wesen in blinder Verzweiflung zu Boden gesunken war, um die notwendige Ruhe für den Start zu finden.
Schräg vor den beiden Männern entstand ein Riß in der Wand, durch den Sonnenlicht einfiel. Das bewies Saedelaere, daß sie nur durch eine Wand von einer Außenringstraße getrennt waren.
Das Licht der Atomsonnen erschien dem Maskenträger blasser als zuvor. Als sie auf Höhe der beschädigten Stelle waren, konnte Saedelaere einen Blick auf das Land unter der Festung werfen. Die Pflanzenfelder sahen grau aus, der Schirm, der am Horizont den Scheibenrand berührte, schien zu flackern.
Endlich tauchte vor ihnen die Öffnung auf, die auf eine außerhalb der Festung liegende Straße führte. Saedelaere taumelte ins Freie. Unmittelbar vor dem Ausgang brach er zusammen.
Lloyd beugte sich über ihn und preßte ihm den Zellaktivator gegen die Brust. Warme Wellen liefen durch Saedelaeres Körper.
»Das muß genügen!« rief Lloyd und rannte weiter.
Saedelaere sah ihm nach. Er bezweifelte, daß er den Mutanten jemals wiedersehen würde.
Das Geschrei des Festungsherrn war auch außerhalb der Festung zu hören. Die Straße, die ins Dorf der Siloten hinabführte, war ebenso von den Erschütterungen betroffen wie das gesamte Gebäude. Lloyd, der sie hinabrannte, vermutete, daß die gesamte Scheibe von Vibrationen durchlaufen wurde.
Der Mutant spürte die verwirrten Gedankenimpulse der Siloten. Die Eingeborenen hatten sich in ihren kuppelförmigen Hütten verkrochen. Sie wußten offenbar nicht, was bevorstand. Das konnte nur bedeuten, daß sie die Zusammenhänge nicht kannten.
Lloyd hörte die heiseren Schreie der Vögel, sah zur Festungsspitze hinauf und erschrak. Zwischen gelben Wolken schwebten träge die drei großen schwarzen Vögel. Sie hatten ihre bisherige Formation aufgegeben und flogen in verschiedenen Höhen, wobei sie immer wieder in die Wolken tauchten. Manchmal kamen sie der Festung so nahe, daß die Gefahr einer Kollision bestand.
Lloyd wandte den Blick ab. Seine Füße trommelten den Rhythmus seiner Schritte auf den harten Untergrund der Steilstraße. Im Durcheinander der Bewußtseinsströmungen glaubte er auch Gefühlsregungen des purpurnen Missionars erkennen zu können.
Wie würde dieses fremdartige Wesen den Start überstehen?
Ein Schatten senkte sich auf Fellmer Lloyd herab.
Er blickte sich um und sah einen der großen Vögel im Sturzflug herabkommen. Das Monstrum stieß unausgesetzt Schreie aus. Seine Flügel bewegten sich, ohne den Sturz bremsen zu können. Lloyd blieb stehen. Er hielt den Atem an, als er sah, daß das Halbtier auf die Straße stürzen würde.
Der Mutant warf sich zu Boden. Er vernahm ein Rauschen, als die mächtigen Schwingen den Boden berührten. Noch einmal gelang es dem Wesen, sich ein paar Meter in die Luft zu heben, dann krachte es mit seinem vollen Gewicht endgültig auf die Straße.
Lloyd hob den Kopf. Etwa hundert Meter vor ihm hatte der Vogel die Straße gespalten und war mit einem Teil der glatten Bahn in die Tiefe gestürzt. Seine Krallen hatten sich im Gerüst verfangen. Einer der großen Deltaflügel schlug auf den noch intakten Teil der Straße, die jetzt heftig schwankte und jeden Augenblick umzukippen drohte. Die Kreatur stieß einen klagenden Ruf aus.
Lloyd sprang auf. Solange er sich auf der Straße befand, war er aufs höchste gefährdet. Hoffentlich war Alaska Saedelaere klug genug, sich jetzt in die Festung zurückzuziehen.
Lloyd erreichte die Absturzstelle. Die Straße war auf einer Länge von zweihundert Metern zerstört worden. Der Vogel hing mitsamt den Trümmern halb im Gerüst und halb auf dem Boden. Er zuckte noch immer. Jede Bewegung seines mächtigen Körpers löste neue Schwankungen der Straße aus.
Der Terraner glaubte nicht, daß die Kreatur beabsichtigt hatte, ihn anzugreifen. Wahrscheinlich war
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