Silberband 056 - Kampf der Immunen
wieder rollte (es war nach Saedelaeres Ansicht die beste Bezeichnung für die Bewegungsart des Halbtieres) die Kreatur über am Boden erstarrte Festungsbewohner hinweg, ohne sie zu verletzen. Dunkle Gänge schlossen sich an. Nie verlangsamte das Wesen seine Geschwindigkeit. Es schien genau zu wissen, was seine neuen Herren von ihm erwarteten.
Wenig später wurde es vor ihnen hell. Das Halbtier raste auf eine der Serpentinenstraßen hinaus, die rund um die Festung führten. Die Helligkeit der Atomsonnen blendete Saedelaere. Bevor er sich an das helle Licht gewöhnt hatte, verschwand ihr Träger durch eine andere Öffnung schon wieder im Innern der Festung. Alaska glaubte gesehen zu haben, daß sie sich im unteren Drittel des mächtigen Gebäudes aufhielten.
»Wir sind auf dem richtigen Weg!« schrie Lloyd über den allgemeinen Lärm hinweg.
Saedelaere zweifelte nicht an der Richtigkeit dieser Behauptung. Es kam jetzt jedoch darauf an, möglichst schnell die Space-Jet zu erreichen.
Die monströse Kreatur, auf der sie saßen, verlangsamte plötzlich die Geschwindigkeit.
Saedelaere sah, daß der Boden vor ihnen aufgebrochen war. Ein meterbreiter Spalt hatte sich dort gebildet. Das Halbtier wanderte nervös am Rand auf und ab.
»Das hat uns gerade noch gefehlt!« rief Lloyd verzweifelt.
»Warum lassen Sie das Tier nicht springen?« fragte Alaska.
»Den Befehl dazu habe ich ihm bereits telepathisch erteilt«, versetzte Lloyd. »Aber es wagt diesen Sprung nicht.«
Saedelaere ließ sich vom Rücken des Wesens gleiten und trat an den Spalt heran. Etwa dreißig Meter unter ihm lag der Boden der nächsten Etage. Ein Sturz in diese Tiefe hätte den Tod bedeutet. Der Spalt reichte von einer Wand zur anderen und war fast überall gleich breit.
»Wir müssen einen anderen Weg suchen«, stellte Alaska fest. »Hier kommen wir nicht weiter.«
»Es scheint keinen anderen Weg zu geben«, entgegnete Lloyd. »Jedenfalls hat unser Träger nicht reagiert, als ich ihm einen entsprechenden Befehl gegeben habe.«
Als er zu ihrem Tragtier zurückging, konnte er beobachten, wie sich unter den Decken ein Pseudoglied bildete. Das Gebilde war einen halben Meter dick und wuchs schnell unter den Decken hervor. Fasziniert sah Saedelaere zu, wie die Kreatur auf geheimnisvolle Weise eine Brücke über den Spalt errichtete.
»Wir kommen hinüber!« rief Lloyd. »Aber was geschieht mit unserem Freund, der uns bis hierhergetragen hat?«
»Darüber können wir uns jetzt keine Sorgen machen.« Saedelaere begann über den schmalen Steg zu balancieren und hatte wenig später die andere Seite erreicht. Lloyd folgte ihm. Das Wesen, das ihnen geholfen hatte, zog sein Pseudoglied wieder ein und sprang plötzlich in den Spalt. Die beiden Männer hörten, wie es unten aufschlug, und traten bestürzt an den Rand der Bodenöffnung. Sie konnten sehen, wie die Kreatur sich bereits wieder aufrichtete und davonrollte.
»Alles in Ordnung!« sagte Lloyd kopfschüttelnd.
Sie rannten weiter. Obwohl sie sich noch im Innern der Festung befanden, führte die Straße jetzt steil nach unten. Das machte Saedelaere Hoffnung, daß sie bald die Straße zum Silotendorf erreichen würden. Der Transmittergeschädigte glaubte festzustellen, daß das Gebrüll des Festungsherrn leiser geworden war. Die Vibrationen hörten jetzt nicht mehr auf, wiesen jedoch Unterschiede in der Intensität auf. Manchmal wurden sie so stark, daß der Boden vor den Männern auf und nieder zu hüpfen schien. Dann war ein Weiterkommen fast unmöglich.
Saedelaere, der sich auf dem Rücken des Halbtieres ein bißchen erholt hatte, mußte wieder gegen seine Erschöpfung ankämpfen.
Schließlich zwangen ihn stechende Schmerzen in den Lungen zum Anhalten. Lloyd blieb sofort stehen. Alaska rang nach Atem.
»Fliehen Sie allein weiter!«
»Wir gehen langsamer!« entschied der Mutant. »Sie müssen noch durchhalten, bis wir die offene Straße erreicht haben, dann können Sie warten, bis ich mit der Space-Jet komme, um Sie abzuholen.«
Der Plan des Telepathen gab Saedelaere neue Kraft. Er rannte weiter, obwohl ihm jeder Atemzug Schmerzen bereitete. Auch das Cappin-Fragment schien zu spüren, wie es um seinen Träger bestellt war, denn es begann heftig zu zucken und leuchtete mit stärkerer Intensität unter den Schlitzen hervor.
Die beiden Männer stießen auf einen alten Festungsbewohner, der scheinbar ziellos durch den Gang torkelte, sich immer wieder auf den Boden preßte, aber offensichtlich
Weitere Kostenlose Bücher