Silberband 057 - Das heimliche Imperium
Bord der GOOD HOPE private Schießübungen veranstaltet?«
Cascal war nicht davon überzeugt, daß der Mausbiber so leichtsinnig sein konnte. Schweigend verließ er die Kommandozentrale und ließ sich von den Antigravliften zu der Etage bringen, in der die Wohnkabinen untergebracht waren. Auch ohne Plan hätte er Guckys Kabine gefunden, aber zur Sicherheit überzeugte er sich noch einmal davon, daß die Eintragung der Orterzentrale stimmte. Dann erst drückte er auf den Meldeknopf neben der Tür.
Keine Reaktion erfolgte. Die Kabine blieb verschlossen.
Einige Sekunden stand Cascal ratlos auf dem Gang, dann kam ihm die rettende Idee. Drei Kabinentüren weiter stand auf dem Namensschild ›Ras Tschubai‹. Wenn Gucky glaubte, sich über die Terraner lustig machen zu können, so sollte er sich gewaltig irren. Ein Teleporter wurde auch von einer verschlossenen Tür nicht abgehalten, die dahinter liegende Kabine zu betreten.
Ras lag auf dem Bett und sah Cascal erstaunt an.
»Nanu, was verschafft mir die Ehre?«
Cascal erklärte es ihm, und als Ras ein bedenkliches Gesicht machte, drängte er: »Sehen Sie, so schlimm ist es ja nun auch wieder nicht mit der Intimsphäre. Schließlich haben wir einen gefährlichen Energieausbruch geortet, und Gucky öffnet nicht. Wir sind verpflichtet, uns um die Sache zu kümmern. Vielleicht ist wirklich etwas passiert.«
Das überzeugte auch Ras Tschubai. Da er die Örtlichkeiten kannte, konnte er sich genau auf Guckys Kabine konzentrieren. Er nahm Cascals Hand und teleportierte.
Als sie rematerialisierten, hielten sie unwillkürlich die Luft an, denn was sie sahen, war unglaublich. Es war einfach unmöglich!
Gucky schwebte etwa einen Meter über dem Boden der Kabine reglos in der Luft, als würde er von unsichtbaren Händen getragen. Seine Arme lagen fest am Körper, der steif und unbeweglich wirkte. Die Beine waren ausgestreckt, so als lägen sie, wie der Körper, auf einer absolut transparenten Unterlage. Die Augen des Mausbibers waren weit geöffnet, aber sie verrieten kein Leben.
Ras erholte sich als erster von der ungeheuren Überraschung. Rasch trat er einen Schritt vor und tippte Gucky von oben auf die Brust.
»Laß den Quatsch mit deiner dummen Telekinese!« meinte er unsicher. »Wir wissen ja, daß du in der Levitation ein Meister bist und in der Luft schweben kannst.« Er stutzte. »Du bist steif wie ein Brett! Was soll das?«
Gucky rührte sich nicht. Unverändert behielt er seine merkwürdige Lage bei. Unbeweglich waren seine Augen gegen die Decke des Raumes gerichtet.
Ras wich unwillkürlich einen Schritt zurück und stieß gegen Cascal, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
»Was ist?«
»Keine Ahnung, Joak. Sonst, wenn er derartige Mätzchen vorführte, grinste er dabei und bewegte sich. Aber er ist steif und hart. Er wird doch nicht …?«
»Tot?« Cascal schüttelte den Kopf. »Warum sollte er tot sein und dabei in der Luft herumhängen? Das ist ausgeschlossen. Was hält ihn überhaupt da fest?«
»Ich glaube nicht mehr, daß es Telekinese ist«, sagte Ras voller Zweifel. »Wenn er sich in dieser Stellung hielte, wäre er quicklebendig, auch wenn er sich konzentrieren müßte. Jemand hält ihn, und wir haben keine anderen Telekineten an Bord.«
»Aber was ist es dann?«
Ras gab keine Antwort. Erneut trat er vor und berührte den starren und anscheinend leblosen Körper des Mausbibers. Dann stemmte er sich mit aller Kraft dagegen. Es trat kein sichtbares Ergebnis ein. Gucky blieb an der Stelle, als sei er dort festgenagelt.
»Energiefelder!« sagte Ras überzeugt und gab seine vergeblichen Versuche auf. »Er wird von Energiefeldern gehalten, das würde auch die Ortungsstörungen erklären. Wer aber sollte auf den verrückten Gedanken kommen, Gucky derart zu fesseln? Und warum gibt er kein Lebenszeichen mehr von sich?« Ras zog Cascal zur Tür. »Wir müssen sofort Reginald Bull unterrichten. Und die Krankenstation!«
Dr. Fender, diensthabender Arzt der INTERSOLAR und Herzspezialist, legte seine Instrumente zur Seite und betrachtete den freischwebenden Körper des Mausbibers mit wachsendem Interesse. Es war ganz offensichtlich, daß er noch nie in seinem erfahrungsreichen Leben einen ähnlichen Fall gehabt hatte.
Bully, der neben ihm stand, fragte ungeduldig: »Nun, was ist, Doktor? Lebt er noch?«
Ohne den Blick von Gucky zu wenden, antwortete der Arzt. »Ich weiß nicht so recht, ob man diesen Zustand als ›Leben‹ bezeichnen soll. Er
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