Silberband 057 - Das heimliche Imperium
Frieden kommen. Wir lieben keine Überraschungen.«
Der größte der Vosgos, offensichtlich der Anführer, brummte beruhigend, dann sagte er über den Translator:
»Ihr seid bei den Höhlen willkommen, Fremde von den Sternen. Ihr könnt uns begleiten. Es ist nicht weit.«
»Kann ich vorher mit meinen Freunden im Schiff sprechen?«
»Sprich mit ihnen. Wir warten dort drüben bei den sinkenden Bäumen.«
Gucky las in ihren Gedanken keine Hinterlist, keine Falle. Sie meinten es ehrlich, obwohl sie nicht verstanden, wer die Fremden waren.
Er verzog sich in die nächsten Büsche und teleportierte in die Space-Jet zurück. Hastig berichtete er von seinem Gespräch mit den Vosgos und schlug dann vor, daß Ras Tschubai im Schiff blieb, während er mit Toronar und Alaska zu den Bären ging, um mit ihnen vertraut zu werden. Mit dem Eintreffen des Schwarms war erst in vier Tagen zu rechnen, und es war sicherlich gut, auf dieser Welt Freunde zu haben.
Alle waren mit Guckys Vorschlag einverstanden.
Zwar stutzten die vier zottigen Gesellen, als sie die breite und hohe Gestalt des Ertrusers sahen, der aus der geöffneten Luke der Space-Jet kletterte, aber dann erblickten sie Gucky und waren wieder beruhigt. Alaska Saedelaere wurde von ihnen ohne jeden Kommentar akzeptiert und danach ignoriert.
Über den Sprechfunk standen sie mit Ras Tschubai in ständiger Verbindung, der ihnen mit der Space-Jet im Notfall jeden Moment folgen konnte. Aber die Vorsichtsmaßnahme erwies sich als überflüssig, so wie Gucky es prophezeit hatte. Die Vosgos waren in der Tat harmlos.
Das Dorf war eine Felsenmulde, in deren Steilwänden die vielen Höhleneingänge wie Fensterreihen wirkten. Geschickt gearbeitete Metalleitern und -schienen stellten die Verbindung her. Alaska stellte mit geübtem Blick fest, daß die Leitern mechanisch hochgezogen werden konnten, und da die Eingänge zu den Höhlen mindestens zehn Meter über dem Felsboden lagen und die Wände glatt waren, konnten sie von einem eventuellen Angreifer kaum ohne Hilfsmittel erreicht werden.
Überall in den Höhlen erschienen neugierige Vosgos, um die seltsamen Besucher zu bestaunen. Nicht nur, daß alle drei Fremden anders aussahen als die Vosgos, sie unterschieden sich auch selbst untereinander in beträchtlichem Maße.
Der Anführer hielt eine kurze Ansprache, in der er die Besucher als ›Freunde, die von den Sternen kommen‹ vorstellte. Die Vosgos bewiesen damit eine ethische Einstellung zum kosmischen Geschehen, wie sie die irdische Menschheit über Jahrtausende hinweg nicht hatte finden können. Selbst als der Mensch gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts die Raumfahrt entwickelte und auf dem Mond landete, war er noch immer davon überzeugt, das intelligenteste Lebewesen der Schöpfung zu sein, obwohl er im Grunde genommen seine Existenz einem Zufall zu verdanken hatte und andere Völker die Raumfahrt bereits seit Jahrtausenden kannten und betrieben.
Die Vosgos kamen herbei, um ihre Gäste zu begrüßen. Das alles geschah mit einer Selbstverständlichkeit, die die Freunde in Erstaunen versetzen mußte. Bis vor wenigen Minuten hatte es noch keinen Vosgos gegeben, der von der Existenz anderer Planeten überhaupt nur etwas ahnte.
Gucky kam bald in sein Element, aber auch in die Klemme.
Die dreimal so großen Vosgo-Frauen nahmen sich seiner an und behandelten ihn wie einen Teddybären, den man Kindern zum Spielen gegeben hatte. Mit unglaublicher Geschicklichkeit kamen sie die Leitern heruntergeturnt, stürmten zu dem verdutzten Mausbiber, der keine bösen Absichten in ihren Gedanken las, stürzten sich auf ihn und begruben ihn fast unter sich. Jede wollte ihn für sich haben, jede wollte ihn liebkosen und streicheln.
Kasom und Alaska hüteten sich, etwas zur Befreiung Guckys zu unternehmen, um keine Mißverständnisse hervorzurufen. Der Mausbiber würde sich schon selbst helfen können, wenn er in Gefahr geriet, erdrückt zu werden. Er brauchte nur zu teleportieren, um sich in Sicherheit zu bringen.
Aber Gucky dachte gar nicht daran.
Kasom und Alaska unterhielten sich inzwischen mit den Vosgos. Der Anführer, einfach ›Alter Herr‹ genannt, erklärte ihnen alles, was sie wissen wollten. Dann versuchten die beiden Freunde, den Vosgos zu erklären, warum sie gekommen waren. Aber wenn die Eisbären auch intelligent genannt werden konnten, die drohende Gefahr begriffen sie nicht. Sie konnten sie sich nicht vorstellen. Ihnen lag die Gefahr der drohenden Überfälle durch die
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