Silberband 057 - Das heimliche Imperium
sich auf eine Bühnenseite zurück. Da alle Gedankenimpulse unterbunden wurden, konnte keiner der Gegner wissen, über welche Fähigkeiten der andere verfügte – in gewisser Hinsicht ein Glück für Kasom, der gefährlicher aussah als er in Wirklichkeit war.
Beide hatten auf eine Waffe verzichtet.
Kasom wußte, daß auch Gucky ihm jetzt in diesem Augenblick noch nicht helfen konnte. Der Koloß hatte seine Mutantenfähigkeiten noch nicht offenbart. Er schien auf Kasom zu warten, der sich natürlich in einer argen Klemme befand. Er versuchte sie zu überspielen, indem er möglichst hochmütig und überlegen tat.
Der Koloß entschloß sich endlich, wenigstens eine Probe seines Könnens zu geben, aber wohl mehr wegen des sensationslüsternen Publikums, als um seinen Gegner zu warnen. Kasom bemerkte plötzlich, daß die Pupillen der drei Augen zu wandern begannen und nicht mehr genau ihn ansahen, sondern einen Punkt dicht vor seinen Füßen fixierten.
Dann flammten die Augen auf, und eine Sekunde später begann der Bühnenboden an der fixierten Stelle zu glühen. Kasom rettete sich durch einen schnellen Schritt zur Seite vor einer Verbrennung.
Dann sahen ihn die drei Augen wieder ganz normal und abwartend an.
Gucky flüsterte Ras und Alaska zu: »Wie unser leider viel zu früh verstorbener Iwan Goratschin – oder so ähnlich. Er kann mit seinen Geistesströmen, die mit den Augen gesteuert werden, gebremste Kernreaktionen hervorrufen. Seine drei Augen fixieren einen Punkt, und sobald die mutierte Kraft einsetzt, wird an diesem Punkt Energie frei. Er kann also Kasom einfach verbrennen, wenn er will. Aber er scheint sich seiner Macht bewußt zu sein, fühlt sich unendlich überlegen – und ist unvorsichtig. So, dann wissen wir ja wohl Bescheid …«
Kasom wußte allerdings nun auch Bescheid, und außerdem war ihm klar, daß er diesem Gegner nichts entgegenzusetzen hatte. Wenn Gucky jetzt nicht eingriff, war er verloren. Er sah in Richtung seiner Freunde und bemerkte zu seiner Erleichterung ein fast unmerkliches Nicken des Mausbibers, der dabei den Koloß nicht aus den Augen ließ.
Was konnte er schon tun, um Kasom zu helfen? Sicher, er konnte teleportieren und den Gegner entführen, aber das war keine echte Lösung des Problems. Wie sollte Kasom dem Schiedsgericht erklären, was er unternommen hatte, um seinen Gegner zu besiegen – einen Gegner, der einfach verschwunden war?
Telepathie nützte überhaupt nichts.
Telekinese vielleicht? Gucky war ein ganz ausgezeichneter Telekinet, aber ganz so sicher war er noch immer nicht, ob das Kraftfeld über der Bühne nicht nur telepathische Impulse sondern sämtliche parapsychischen Einflüsse negierte.
Aber nein! Der Kampf zwischen dem Reaktionsspürer und dem Telekineten hatte das Gegenteil bewiesen. Es war Kasom somit klar, was der Mausbiber tun würde.
Er sah den Koloß herausfordernd an. Er mußte ihn zum Angriff bewegen, damit Gucky einen Grund zum Eingreifen fand, das wiederum wie seine eigene Gegenaktion aussehen mußte.
Der Atomumwandler nahm die Herausforderung an, obwohl er noch keine Ahnung hatte, welche Art von Mutant sein Gegner war. Wieder begannen seine drei Pupillen zu wandern, und zu seinem Entsetzen bemerkte Kasom, daß sie sich auf seinen rechten Fuß zu konzentrieren begannen. Unwillkürlich trat er einen Schritt zur Seite und sah in Richtung Guckys, der sofort begriff, daß die Sache nun ernst wurde.
»Nun paßt mal auf!« flüsterte er seinen Freunden zu und sah konzentriert zur Bühne hinab. »Der Dicke wird sich wundern.«
Kasom sah zu seiner Verblüffung, wie sein Gegner plötzlich eine Kehrtwendung machte, genau um hundertachtzig Grad, und ihm nun den Rücken zuwandte. Dann schwebte er langsam nach oben, ohne sich dabei wieder umzudrehen.
Als der Koloß zehn Meter hoch über der Bühne war, ließ Gucky einfach los, und der unförmige Riese stürzte ab. Die ganze Arena wurde erschüttert, als der mächtige und schwere Körper aufschlug. Der Koloß blieb liegen. Die Pupillen der drei Augen wanderten ziellos hin und her, ohne sich konzentrieren zu können. Kasom verspürte Erleichterung, als er es bemerkte. Sein Gegner lebte noch, aber er war kampfunfähig. Und jeder mußte nun annehmen, er sei es gewesen, der ihn besiegt hatte.
Er ging zu dem Besiegten und versuchte, ihm auf die Beine zu helfen, aber da erschienen auch schon einige der gelben Diener, um ihm diese Arbeit abzunehmen. Das Schiedsgericht rief ihn zu sich, während
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