Silberband 059 - Herrscher des Schwarms
vorläufig auch nichts zu tun gab. Aber das war nicht wesentlich für ihn. Er ärgerte sich darüber, daß man ihn so wenig beachtete. Er sah nur sich und den Auftrag, den er so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte.
Er wartete. Die Minuten verstrichen. Seine Unruhe steigerte sich. Zwei Ärztinnen verließen den verglasten Teil des Labors. Sie gingen an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Sie sprachen über etwas, das er nicht verstand. Er erhob sich, um sie etwas zu fragen, doch sie verschwanden, bevor er etwas über die Lippen gebracht hatte.
Er setzte sich wieder.
Wenig später kam eine Laborhelferin. Er fragte sie nach Dr. Jacobi. Freundlich zeigte sie auf einen Arzt, der in einem mehrfach durch Glaswände abgesicherten Teil des Labors arbeitete.
»Er wird gleich kommen«, sagte sie. »Wir haben ihn informiert. Bitte, haben Sie noch etwas Geduld.«
Sie ging. Earl Watton hatte jedoch keine Geduld mehr. Ihm war heiß, das Kratzen der Pfoten an der Wand der Kiste machte ihn nervös. Er mußte an das Gelächter der Männer beim Bildschirm denken. Ihre Spottworte klangen ihm in den Ohren nach. Und er begann sich zu fragen, ob sich die Ärzte hier im Labor auch über ihn lustig machten.
Er erhob sich und ging in dem kleinen Vorraum auf und ab. Seine Blicke hefteten sich auf Dr. Jacobi, der scheinbar beschäftigungslos an einem Labortisch stand und auf einige Röhrchen schaute, die mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt waren.
Der Virologe Dr. Jacobi war in den letzten Tagen noch nie so erregt gewesen wie heute.
Nach seinen letzten Untersuchungen hatte er eine längere Konferenz mit dem Internisten Dr. Khomo Serenti und dem Chirurgen Dr. Kaspon gehabt. Die beiden Wissenschaftler hatten genügend virologische Kenntnisse, um mit ihm diskutieren zu können. Sie waren alle Möglichkeiten durchgegangen, die sich für Dr. Jacobi noch ergaben. Dabei hatten sie größere Fortschritte gemacht als er in seiner Zwiesprache mit der Positronik der MARCO POLO. Menschliche Phantasie hatte sich wieder einmal als überlegen erwiesen, wenngleich man bisher nicht zu einem greifbaren Ergebnis gekommen war.
Dr. Jacobi hatte ungewöhnliche Wege beschritten, um seinem Ziel näher zu kommen. Er mußte eine Virusform finden, mit der die Geburtenwelle der Gelben Eroberer zu stoppen war, ohne daß zugleich eine tödliche Gefahr für alle humanoiden Lebewesen in der Galaxis entstand.
Dr. Jacobi zuckte zusammen, als es an der Glastür zu seinem Labor klopfte. Er blickte auf. Dr. Serenti stand vor ihm und lächelte ihm zu. Sofort schaltete er seine Untersuchungsgeräte ab, verließ seinen Glaskäfig und ging zu dem Internisten. Eine Laborhelferin kam zu ihm und machte ihn auf den Unteroffizier aufmerksam, der die Kaninchen bringen wollte.
»Sofort«, sagte er. »In zwei Minuten habe ich Zeit für ihn.«
Er führte Dr. Serenti zu einer Steuertafel eines Elektronenmikroskops.
»Ich habe eine wichtige Spur«, berichtete er. »Und ich glaube, daß sie endlich zum Ziel führt.«
»Da bin ich aber gespannt«, entgegnete Dr. Serenti lächelnd.
»Ich bin Ihrem Rat gefolgt und habe eine noch genauere Zellanalyse gemacht. Dabei habe ich mich ganz auf die Ribonukleinsäure konzentriert. Wenn ich mich nicht getäuscht habe, dann liegt in den Ribosomen der Gelben Eroberer der Schlüssel. Sie unterscheiden sich klar von denen der Menschen und aller mit ihnen verwandten Lebensformen. Die Differenz ist nur gering, aber doch sehr deutlich.«
»Das könnte tatsächlich eine Spur sein.«
»Ich bin gerade jetzt dabei, die spezifische Reaktion der Viren auf die einzelnen Zellbestandteile zu prüfen«, erklärte Dr. Jacobi. »Bis jetzt habe ich den Eindruck, daß ich es gefunden habe. Ich brauche noch ein bis zwei Tage, dann werde ich das Virus in einer Form liefern können, das hochinfektiös für die Gelben Eroberer, für uns aber harmlos ist – immer unter dem Vorbehalt, daß ich mich nicht geirrt habe.«
»Was war das für ein Versuch, den Sie gerade unternommen haben?«
»Ich hatte die erste, veränderte Form des Regulationsvirus vorliegen, die unsere Bedingungen erfüllen könnte.« Dr. Jacobi lächelte. »Ich wollte das Virus sowohl auf Testplasma als auch auf ein Kaninchen ansetzen.«
»Unterrichten Sie mich, sobald Sie etwas Genaueres sagen können«, bat der Internist und verabschiedete sich.
Dr. Jacobi kehrte in sein Labor zurück. Er hatte Earl Watton vergessen und konzentrierte sich voll auf den Versuch. Eine halbe Stunde
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