Silberband 059 - Herrscher des Schwarms
»Ich vergebe Captain Hainu, Freunde. Bitte, vergeben Sie ihm auch. Major Nonderver, aktivieren Sie den Waringkonverter; wir wollen die letzte Linearetappe hinter uns bringen!«
Unser epsalischer Erster Pilot gehorchte. Die Space-Jet verschwand abermals aus dem gewohnten Raum-Zeit-Gefüge.
Ich blickte zu dem Tibeter. Sein Gesicht wirkte entspannt, und die Augen schienen in weite Ferne zu sehen.
Im nächsten Moment wurde mein Bewußtsein von seinen Augen angezogen, drang in sie ein und raste einen scheinbar unendlichen finsteren Tunnel entlang – bis es plötzlich wieder hell wurde und die Sonne Eppyla-Pharo die Dächer einer ausgedehnten Stadt beschien.
Weyko-Prada, Hauptsiedlung der Unabhängigen Freihändler auf Heytschapan. Die Einwohnerzahl beträgt 52.000. Am 29. November 3440.
Im dumpfem Staunen nahm mein Bewußtsein diese Informationen entgegen, und im nächsten Augenblick zuckte ein greller Blitz auf.
Die Verdummung der galaktischen Völker trat am 29. November 3440 ein!
Epel Simmith nahm das Bild der Stadt Weyko-Prada in sich auf, während er den Transportgleiter in tausend Metern Höhe über die Wüste steuerte.
Weyko-Prada war eine typische Pionierstadt, ohne großartige Planung angelegt. Die einstöckigen Plastikwürfel der ersten Siedlungszeit waren längst in der Minderzahl gegenüber komfortableren Fertighäusern. Überall gab es Landeplätze für Gleiter, Spielkasinos, Gaststätten und Vergnügungsetablissements aller Art, angefangen von Trivideo-Theatern bis hin zu Sensitiv-Kinos. Allerdings fehlten ausgesprochene Lasterhöhlen. Die Freifahrer waren zwar rauhe, trinkfeste Burschen, die keinem Streit aus dem Wege gingen, aber sie wußten genau, was sie taten. Dinge, die in den Abgrund der Dekadenz und schließlich des Verbrechens führen mußten, unterließen sie lieber.
Captain Simmith, offiziell als Edelmann Simmith von Olymp auftretend, fand die Freihändler sympathisch – bis auf einige Ausnahmen.
Vor allem Fürst Siponta Drakow sowie sein Erster Leibwächter und zugleich Arzt Katory bereiteten ihm und seinen siebzehn Kollegen Sorgen. Es stand fest, daß Katory identisch mit Optey Frederic Quatoramy war, der bis vor acht Jahren eine Flotte Freibeuter angeführt hatte. Diese Männer waren tief in den Ostsektor der Galaxis eingedrungen und hatten Blueskinder geraubt, um sie auf entlegenen Welten als Sklaven zu erziehen.
Das Intergalactic Peace Corps hatte eingegriffen, bevor jemand es bemerkte. Wie es Quatoramys Organisation zerschlug, erfuhr auch die SolAb niemals. Aber seine Anhänger zerstreuten sich plötzlich in alle Sonnenwinde, während Optey Frederic Quatoramy als tot galt – bis zu dem Tag, an dem das Archiv von SolAb-Terra seinen Leuten auf Heytschapan mitteilte, die übermittelten Daten, vor allem der genetische Kode, ließen nur den Schluß zu, daß sich hinter der beinahe perfekten Maske Katorys der ehemalige Kindesentführer und Sklavenhändler Quatoramy verbarg.
Was Epel allerdings nicht begriff, war die offensichtliche Tatsache, daß Quatoramy alias Katory sich dem Fürsten Drakow völlig unterordnete. Eine solche Haltung deckte sich nicht mit dem Psychogramm Quatoramys.
Allerdings war dieses Psychogramm achteinhalb Jahre alt. In der verstrichenen Zeitspanne konnte sich Quatoramys Psyche durch äußere Einflüsse verändert haben. Vielleicht hatte er im Verlauf des Zusammenbruchs seiner Organisation eine Hirnverletzung erlitten.
Epel Simmith flog an diesem 29. November des Jahres 3440 unter anderem deshalb nach Weyko-Prada, um Katory heimlich ein Psychogramm abzunehmen. Es mußte unbedingt geklärt werden, ob Quatoramys Psyche sich verändert hatte oder nicht. Wies sie den gleichen starken Hang zum Verbrechen, zu Grausamkeit und Mord auf wie vor achteinhalb Jahren, dann würden SolAb und USO Alarmstufe eins für ihre Organisationen anordnen, denn dann mußte man damit rechnen, daß Katory auf Heytschapan heimlich ein neues Verbrechen großen Stils vorbereitete.
Seit der Entlarvung Katorys vor elf Monaten war die SolAb keineswegs untätig gewesen. Hinter der östlichen Talwand von Epel's Place verbarg sich ein gut ausgebauter Geheimstützpunkt der Klasse Beta. Außerdem hatten angebliche Versorgungsraumschiffe des ›Fürsten‹ Tifomjew in vielen menschenleeren Gegenden des Planeten unterirdische Depots mit militärischen Gütern, darunter fünf desaktivierte Roboter-Divisionen, angelegt. Sollte Quatoramy von Heytschapan aus eine Teufelei beginnen, würde man ihm
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