Silberband 060 - Die Cynos
holten Sandal und Takvorian in die Jet. Hinter ihnen fuhr die Polschleuse zu. Augenblicklich hatte Atlan die Chance ergriffen, die sich ihm bot.
Für einige Zeit war das Hemmungsfeld erloschen. Die GEVARI war frei.
Die Maschinen heulten auf. Sämtliche Uhren und sämtliche Abläufe aller Prozesse gingen mit normaler Geschwindigkeit vor sich.
Die Jet kippte weiter. Sie schwebte bereits, ihre beiden Kanten lösten sich aus den Vertiefungen. Eis löste sich und krachte herunter. Die Jet stellte sich aufrecht und schoß mit einem gewaltigen Satz senkrecht in die Höhe, schürfte zwischen den Eiswänden hoch und löste einen weiteren Hagel von Eisbrocken aus.
Die Düsen der Partikeltriebwerke erfüllten die Schlucht mit einem grollenden, heulenden Geräusch. Die Jet schoß, schneller werdend, zwischen den Eiswänden hoch, durchstieß den Nebel und wurde vom auftreffenden Sturm durchgeschüttelt. Atlan hockte in seinem Steuersessel und kippte das kleine Raumschiff wieder in die Normallage zurück. Dann beschleunigte er voll.
»Es ist vorbei«, sagte er. »Sie erwischen uns nicht wieder. Wir verlassen diesen Planetoiden.«
Das diskusförmige Raumschiff wurde schneller. Atlans Finger bewegten sich rasend; sie kippten Schalter, warfen Maschinen an, regulierten Werte ein. Die GEVARI stieß fast senkrecht in den wolkenverhangenen Himmel hinein, durchschnitt die Zwielichtzone und fegte in den Bereich der planetaren Nacht.
Sandal sagte laut: »Die Funkgeräte! Tahonka … du kennst die meisten Sprachen im Schwarm! Merk dir, was sie sagen!«
Der Mann von Gedynker Crocq nickte und drehte an den Abstimmknöpfen.
Die elf Besatzungsmitglieder reagierten schnell und mit der Erfahrung von Männern, die solche oder ähnliche Situationen schon oft durchgestanden hatten. Sandal und Takvorian befreiten sich von den durchnäßten und schmutzigen Kleidungsstücken. Icho Tolot schleppte den Pferdemutanten hinunter in eine geräumige Kabine. Takvorian fiel in einen todesähnlichen Schlaf.
Als nach einigen Minuten, in denen sich die Jet mit eingeschalteten Schutzschirmen und höchster Maschinenleistung von dem Planetenfragment namens Pförtner entfernte, Sandal wieder seine alten Kleidungsstücke angezogen hatte, blieb er neben Atlan stehen. Auf der anderen Seite des Pultes stand jetzt der Emotionaut Mentro Kosum.
»Atlan?« fragte Sandal halblaut.
Er zwinkerte überrascht, als er sah, wie der Arkonide aufstand und dem Emotionauten winkte. Sie sahen sich in die Augen.
»Die Schwarm-Wachschiffe werden natürlich erwarten, daß wir versuchen, den interstellaren Weltraum zu gewinnen!« sagte Sandal.
»So ist es.« Atlan wartete, bis Kosum sich im Sitz festgeschnallt hatte, und fuhr dann fort: »Genau das denke ich auch, Sandal. Wie viele Pfeile hast du verschossen?«
»Nicht ganz hundert«, sagte Sandal. »Aber dort draußen werden sie uns einkesseln, ehe Hilfe von der MARCO POLO da ist.«
Atlan grinste. »Dein Großvater …«, sagte er leise. »Was hat er dich gelehrt?«
Sandal überlegte kurz, dann schaltete er den Hypersender seines Armbandgerätes ab, der pausenlos Signale auffing und Alarmmeldungen der Schiffe.
»Ich soll nie das tun, was der Gegner erwartet«, sagte Sandal mißmutig. Er fühlte sich wie während einer Schulstunde, von Joaquin Cascal oder Chelifer Argas geleitet. Dann sah er das Grinsen in Atlans scharfgeschnittenem Gesicht und begriff.
»Du hast also nicht vor, das zu tun, was die Herrscher des Schwarms von uns erwarten – oder ihre Sklavenvölker!«
»Nicht im mindesten!« Der Arkonide blickte auf die aktivierten Bildschirme der Jet.
Sie zeigten einen annähernd freien Raum. Hinter ihnen blieb der Faustkeil des Planetenbruchstückes zurück.
Der Emotionaut fragte: »Welches Ziel, Lordadmiral?«
»Gepla I!« sagte er. »Auf Umwegen und in voller Deckung. Nützen Sie alle Ihre Tricks und die Möglichkeiten dieser Maschine aus, Mentro!«
»Mit Vergnügen!« sagte der Emotionaut und schob sich die SERT-Haube über den Kopf.
Atlan und Sandal nickten sich zu. »Gut. Sehr gut!« sagte Sandal.
Immer mehr entfernte sich die Jet von dem Planeten der Gefahren. Atlan fürchtete die Panikstrahlung, aber nicht die gegnerischen Schiffe, obwohl er wußte, daß sie auch die Linearraumtechnik beherrschten – eine der bestürzenden Erkenntnisse der letzten Zeit.
Gegen die Schiffe konnte man sich erfolgreich wehren – nicht aber gegen jene unheimliche Strahlung.
An Bord der GEVARI normalisierten sich die
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