Silberband 060 - Die Cynos
an, als erwarte er von ihm eine umfassende Erklärung. Ras räusperte sich.
»Ich glaube nicht an die ultimate Bosheit einiger Lebewesen, die über Milliarden anderer Wesen herrschen«, sagte er. »Ich meine vielmehr, daß auch die Götzen irgendwie getrieben werden und sich nicht anders verhalten können. Wie immer es auch sein mag, No, wir werden es erstens nicht ändern, zweitens wird es Zeit, Sandal zu suchen und zu beratschlagen. Ich fühle mich einigermaßen müde und hungrig.«
»Einverstanden. Springen wir.«
In dieser Sekunde startete das zweite Schiff. Auch dort, wo es landen würde, mußten die Gelben Eroberer gelähmt werden. Die Herrscher des Schwarms schienen in einer echten Notlage zu sein.
Was sie betraf, die elf Späher im fremden Raum, so würden sie alles tun, um die Konfusion zu steigern.
Ras teleportierte sich hinweg.
12.
Vorsichtig drehte sich Sandal um.
Er sah niemanden. Langsam bewegte er sich um den Stamm des Baumes herum und versuchte, die fast vollkommene Dunkelheit zu durchdringen. Seine Schritte waren unhörbar.
Mit einer schnellen Bewegung wischte er eine Strähne seines schulterlangen, weißen Haares aus der Stirn. Er hielt den Atem an; seine Gestalt verschmolz mit dem Stamm. Wenn ihn jemand gesehen hatte, war es wichtig, den Standort zu wechseln. Er glitt langsam an der Rinde des Baumstammes herunter, berührte mit den Ellenbogen die knorrigen Wurzeln und huschte dicht über dem Boden davon. Zwanzig Meter, fast geräuschlos, so gut wie unsichtbar zwischen den Wurzeln; den niedrigen Sträuchern …
Dann sah er die beiden Augen. Es waren phosphoreszierende kleine Lichter neben einem benachbarten Baumstamm.
Sandal überlegte rasend schnell, während er sich hinter einem anderen Stamm versteckte. Die Augen befanden sich etwa fünfzig Zentimeter über dem Boden. Ein Tier? Vermutlich. Er dachte an die weißen, wolfsähnlichen Tiere, mit denen No und er schon zu tun gehabt hatten. Jetzt schlossen sich die Augen wieder, öffneten sich – das Tier war an eine andere Stelle gehuscht.
Sandal zischte kurz zwischen den Zähnen.
Er drehte den Kopf, während er einen Pfeil auf die Sehne steckte. Wieder schlossen sich die Augen. Gleichzeitig, sonst hätte er annehmen können, daß sich das Tier fortbewegt und sich ein Baum zwischen ihn und die Augen geschoben hatte.
Verdammt! dachte er. Ein zweites Augenpaar.
Er mußte schnell handeln.
Er löste sich vom Stamm, konzentrierte sich auf das erste Augenpaar. Die Entfernung betrug etwa fünfzehn Meter. Jetzt hörte er auch hinter sich das hechelnde Geräusch eines Tieres. Vermutlich doch einer der weißen Wölfe! überlegte er.
Seine Fingerkuppen berührten die Koralle an seinem Ohrläppchen. Er sah direkt in die Augen des Tieres, dann schnellten die Finger zurück.
Ein schnelles, fauchendes Geräusch.
Dann schlug der Pfeil ein; so schnell, daß die Geräusche nicht mehr zu unterscheiden waren. Augenblicklich erscholl ein wildes Heulen, das jäh abriß. Sandal nahm einen zweiten Pfeil, spannte die Sehne und schoß abermals. Er zielte eine Handbreit unterhalb der Augen, und der dumpfe Laut, der in ein kurzes, kläffendes Jaulen überging, bewies ihm, daß er getroffen hatte.
Er drehte sich herum.
Dann sah er die Gestalt, die sich scharf gegen den fernen Lichtschein vom Raumhafen abhob. Größer als zwei Meter, mit vier langen Armen. Einer von ihnen hielt drei Leinen. Diese drei Leinen endeten in den Halsbändern dreier Wölfe. Auf einem mächtigen Rumpf saß ein langer Hals mit einem Kopf, der entfernt schlangenähnlich wirkte. Sandal hatte den nächsten Pfeil auf der Sehne.
Was war gefährlicher?
Die Gestalt zischte: »Lacoon!«
Sandal schoß. Er hatte von diesen Wesen gehört. Sie waren in die MARCO POLO eingedrungen. Nur der Umstand, daß es dunkel war, hatte ihn gerettet. Der hypnotisierende Blick dieses Wesens hatte ihn nicht voll erfassen können.
Der Pfeil traf sein Ziel.
Während der Lacoon zusammensackte, ließ er die Leinen los. Mit heiserem Bellen und knurrenden Lauten, die Sandal Schauer über den Rücken kriechen ließen, rasten die drei Tiere auf ihn los. Den ersten erledigte er mit dem letzten Pfeil, dann verbiß sich der andere in seinen Arm. Die Fangzähne gruben sich in den Armschutz. Sandals rechte Hand fuhr herunter, riß das Messer aus dem Stiefelschacht und suchte sein Ziel.
Das Tier starb, als der blanke Stahl seine Kehle durchschnitt. Sandal riß seinen linken Arm hoch, holte mit der rechten aus und
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