Silberband 062 - Götzendämmerung
nicht so recht. Dauernd verschwamm die Kuppel, die er deutlich zu sehen vermochte, vor seinen Augen, wenn er zum Sprung ansetzen wollte. Sie wurde zu einem verwaschenen Fleck, den er nicht anpeilen konnte.
Schließlich gab er es auf und blieb ganz ruhig auf seinem Ast sitzen. Der eigentliche Wipfel des Baumes war noch zehn Meter über ihm, und die kleinen Äste und Zweige verhinderten es, daß er einfach das Flugaggregat des Anzuges einschaltete, um wie ein Vogel davonzufliegen. Außerdem wollte er wissen, was eigentlich passiert war.
Er konzentrierte sich auf den Nachbarast, nur zwei Meter entfernt. Für ihn als Teleporter war eine so geringe Strecke kein Problem, wenn dazu auch die gleiche Konzentration gehörte, als wollte er einige tausend Kilometer weit springen. Er benötigte jedoch weniger Energie.
Der Ast verschwamm vor seinen Augen, trotzdem wagte er es. Er landete fünf Meter tiefer ziemlich unsanft in einer Astgabelung.
Verdutzt und sogar ein wenig beunruhigt hockte er da und rieb sich die schmerzenden Stellen. Er machte sich mit dem Gedanken vertraut, daß er nicht mehr zielsicher teleportieren konnte. Woran das lag, begann er nur zu ahnen, und eigentlich hätte er daraus die Konsequenzen ziehen müssen. Aber das fiel ihm nicht ein.
Fellmer! dachte er intensiv und hoffte, daß der Telepath in der Korvette nicht anderweitig in Anspruch genommen wurde. Fellmer, kannst du mich empfangen?
Er wollte auf eine Funkverbindung verzichten, damit man ihn nicht orten konnte. Keine Antwort!
Er versuchte es noch zweimal, dann gab er es auf. Nun blieb ihm wahrhaftig keine andere Möglichkeit, als es doch mit dem Funkgerät zu versuchen. Er schaltete es ein und rief Rhodan.
Wenigstens das klappte! Rhodan meldete sich sofort.
»Wo steckst du denn? Fellmer versucht schon dauernd, dich zu erreichen, aber du scheinst dir das Denken abgewöhnt zu haben.«
»Ist er bei dir?«
»Er sitzt neben mir, Gucky. Was ist denn los? Warum kann Fellmer keinen Kontakt bekommen?«
Nun begann auch dem Mausbiber die Wahrheit zu dämmern.
»Ich fürchte, ich habe meine Fähigkeiten eingebüßt«, bekannte er kleinlaut. »Die Teleportationen gehen daneben, seit ich auf diesem verrückten Planeten bin, und zu Fellmer erhalte ich keine Verbindung. Ich kann deine Gedanken auch jetzt nicht empfangen. Was nun?«
»Wo bist du?«
»Ich sitze auf einem Baum, wie ein Vogel ohne Nest. Ganz in der Nähe steht eine Station, der ich einen Besuch abstatten wollte.«
»Das wirst du schön bleibenlassen«, erwiderte Rhodan. »Ohne deine Fähigkeiten bist du erledigt, wenn man dich entdeckt.« Das hätte er lieber nicht sagen sollen.
»Ach so, ohne meine Fähigkeiten als Mutant bin ich also nichts wert … das wolltest du doch sagen, oder …? Na, dir werde ich es aber zeigen! Damit ihr es nur wißt: Ich werde jetzt zu der Kuppel laufen oder fliegen und sie mir ansehen – auch ohne meine Fähigkeiten. Wenn die Sache brenzlig wird, rufe ich euch über Funk an.« Er stieß ein schrilles Gelächter aus, das durchaus nicht fröhlich klang. »Wollen doch mal sehen, was ein Ilt wert ist!«
»Gucky!« sagte Rhodan scharf, aber Gucky hatte den Funk bereits abgeschaltet.
Atlan meinte ruhig: »Ich glaube, wir bereiten uns auf eine Rettungsaktion vor. Mir scheint, dem Ilt ergeht es wie den Götzen. Er verträgt die psionische Strahlung nicht. Sie nimmt ihm seine Fähigkeiten.«
»Hoffentlich bewirkt sie nicht noch mehr«, murmelte Rhodan beunruhigt.
Eine Weile blieb Gucky in der Astgabelung sitzen, dann begann er, wieder nach oben zu klettern. Der schwere Anzug behinderte ihn, aber dann kam er doch auf die Idee, das Antigravgerät einzuschalten. Sofort wurde er leichter und konnte sich besser bewegen.
Endlich saß er im obersten Wipfel und genoß die Aussicht. Die Sonne war ein Stück weitergewandert, aber es würde noch einige Stunden hell bleiben. Bei der Kuppel schien sich nichts geändert zu haben. Unten in der Ebene waren zwei weitere Wabenraumer gelandet. Es wimmelte von Karties, alten und neugeborenen. Dazwischen stolzierten Roboter umher, die immer wieder von den Karties angegriffen wurden.
»Die spinnen hier alle!« stellte Gucky bei sich fest und überlegte, ob er nun endlich sein Vorhaben in die Tat umsetzen sollte. Die Kopfschmerzen waren schlimmer geworden, aber nach einer kleinen Injektion verspürte er sofort Linderung.
Da ihn nun keine Äste mehr behinderten, schaltete er das Flugaggregat ein und erhob sich langsam in die
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