Silberband 063 - Das Tabora
gesteuert, das Kokonsystem überwacht und die Transitionen des Schwarms vorbereitet und durchgeführt.
Von Stato II aus dirigierten die Cynos außerdem viele andere schwarminterne Vorgänge, so beispielsweise die Tätigkeit der sogenannten Schwarminstallateure.
Verschiedene Verbände der Solaren Flotte, der maahkschen Hilfsflotte und der Fragmentschiffe der Posbis hatten per Hyperfunk berichtet, daß die Teilungsgeburten im Schwarm rasend schnell angestiegen seien. Auf vielen tausend unbewohnten Welten des Schwarms hatten die Schwarminstallateure für die notwendige Sekundäranpassung gesorgt, und riesige Schwärme ockergelber Karties hatten ihrem Teilungszwang nachgegeben und für die lawinenartige Vermehrung ihrer Art gesorgt.
»Jetzt greifen sie ein«, sagte Ovaron und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die unmittelbare Umgebung zurück. »Dort!«
Zwei Cynos waren vor wenigen Sekunden mit einem schalenförmigen Gleiter vor der weißen Pfortenkuppel gelandet. Doch sie hatten das Fahrzeug nicht verlassen. Ich sah, daß ihre Körper sich krampfartig wanden.
»Jeweils fünf Pedotransferer übernehmen einen Cyno«, erläuterte mein ganjasischer Freund.
Einer der beiden Cynos beruhigte sich nach kurzer Zeit wieder. Er war von einem Pedotransferer übernommen worden und wurde zusätzlich von vier Ganjasen – beziehungsweise deren sechsdimensionalen Energiekonstanten – in Schach gehalten.
Der andere Cyno dagegen schrie plötzlich auf, sprang aus dem Gleiter und lief ziellos davon. Er taumelte ab und zu, stürzte, fing sich aber kurz vor dem Fallen wieder auf, lief weiter und schrie und schrie …
Dann blieb er so plötzlich stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gerannt – und im nächsten Augenblick hatte er sich in einen Obelisken verwandelt, der keinen Schatten warf.
Ovaron holte geräuschvoll Luft. »Seltsame Wesen, die sich im Tode zu Obelisken verwandeln, die keinen Schatten werfen«, flüsterte er.
Er blickte mich an. »Warum werfen diese Obelisken keinen Schatten, Perry?«
Ich zuckte die Schultern. »Fragen Sie Nostradamus; vielleicht gibt er Ihnen die Antwort, die er uns bisher verweigerte.«
Der Ganjo runzelte die Stirn. »Jeder Gegenstand aus fester Materie wirft einen Schatten, wenn Licht von nur einer Seite auf ihn fällt. Dann müßten die Obelisken immateriell sein.«
Ich lächelte matt. »Schlagen Sie mit der Faust dagegen, Ovaron, dann merken Sie es. Um das Resultat vorwegzunehmen: Es tut weh.«
»Das begreife ich einfach nicht«, murmelte Ovaron. »Vielleicht existieren die Cynos in Form von Psi-Materie auf einer anderen Daseinsebene weiter – und die Obelisken sind ihre materiellen Schatten!«
Ich stutzte. Was Ovaron da gesagt hatte, klang logisch. Das konnte die Erklärung für die Existenz jener schattenlosen Obelisken sein. Es wunderte mich nur, daß NATHAN nicht darauf gekommen war.
Und die Mutanten hätten eigentlich auch etwas merken müssen, zumindest Ribald Corello.
Aber vielleicht informierte man mich nicht über alle Gedankengänge. Es konnte sein, daß Corello eine Erklärung dieses Phänomens für unwichtig hielt, und im Grunde genommen war sie es auch; sie befriedigte lediglich den Wissensdurst.
»Da, schon wieder einer!« sagte Merceile atemlos und deutete nach links.
Ich folgte ihrem ausgestreckten Arm mit den Augen und sah einen weiteren Obelisken.
Ovaron winkelte seinen Arm an und sprach in das Kommandogerät, das um seinen Unterarm geschnallt war. Als das Gespräch beendet war, sah er mich an und sagte: »Die Aktionen meiner Leute laufen jetzt an allen Stellen dieses Planeten, Perry. Ich denke, daß sie in wenigen Stunden abgeschlossen sind.«
»Danke.« Ich deutete auf die weiße Pfortenkuppel. »Gehen wir zu Nostradamus, Ovaron, Merceile!«
Zwei Cynos in menschlicher Gestalt empfingen uns am Eingang der Pfortenkuppel. Sie sahen blaß aus.
Einer sagte: »Wir hätten niemals gedacht, daß es so etwas wie Pedotransferierung geben könnte. Es ist grauenhaft.«
»Für Sie aber nicht«, erinnerte der Ganjo. Er wandte sich mir zu. »Diese beiden Cynos sind bereits überprüft. Das ist noch zu spüren.«
Die Cynos bestätigten es, dann baten sie uns, ihnen zu Nostradamus zu folgen.
Der Herr des Schwarms begrüßte uns in seiner Hauptschaltzentrale. Er trug noch immer seine antiquierte Kleidung, hatte aber zusätzlich einen Waffengurt mit einem schweren Energiestrahler umgeschnallt.
Er deutete meinen Blick darauf richtig und meinte:
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