Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
offensichtlich, daß Rakkells sich nicht mit der Wirklichkeit abfinden wollte oder konnte. Der Captain wich einer Konfrontation mit den Realitäten aus.
Früher oder später würde er jedoch anerkennen müssen, daß Kytoma sich über verschiedene Dinge hinwegsetzen konnte, die bei den Terranern als unmöglich galten.
»Und was soll jetzt geschehen?« erkundigte sich Rakkells gereizt. »Sie will versuchen, in die Stadt zu gelangen, die hinter dieser Wand liegt?«
»Das ist keine Wand, sondern eine besondere Art von Sperre«, berichtigte ihn Kytoma. »Die Stadt mitsamt ihrer Umgebung wurde einfach aus der Wirklichkeitsebene herausgestanzt und in eine andere Ebene versetzt. Wir müssen sie von dort zurückholen und in das ursprüngliche Gebiet einfügen. Das ist unser Problem. Das Gebiet der Stadt existiert einfach nicht. Ein Teil dieser Welt ist erloschen.«
»Aber es muß doch irgend etwas dasein, was an die Stelle der Stadt getreten ist«, ereiferte sich Rakkells.
»Da ist nur das absolute Nichts«, gab Kytoma zurück. Sie wandte sich von der weißen Wand ab und deutete in die entgegengesetzte Richtung.
»Wir gehen zum See Talsamon«, entschied sie. »Auch dort hat mein Volk Spuren hinterlassen. Sie sind jedoch unbedeutend, so daß sie sicher nicht entfernt wurden. Dort können wir uns ausruhen und überlegen.«
Ein schriller Pfiff ließ Alaska herumfahren. Er sah am gegenüberliegenden Hügel zwei bepelzte Geschöpfe hin und her huschen.
Kytoma lachte. »Du brauchst nicht zu erschrecken! Das sind nur ein paar Tiere.«
»Gibt es auf dieser Welt intelligente Lebewesen?«
»Schon möglich«, erwiderte sie ausweichend. Sie übernahm die Führung.
Rakkells hielt Alaska am Arm fest, so daß Kytoma einen Vorsprung bekam. »Wir müssen irgend etwas tun!« flüsterte der Captain.
Alaska sah ihn an. »Haben Sie einen Vorschlag?«
Der Captain schüttelte den Kopf. »Wir haben keine Ausrüstung, nicht einmal Waffen.« Ein listiger Ausdruck trat in sein Gesicht. »Aber Sie könnten Ihre Maske absetzen. Ich bin gespannt, wie sie darauf reagieren würde.«
»Sie sind verrückt!« sagte Alaska. »Ich will ihr keinen Schaden zufügen.«
»Aber sie hat uns gegen unseren Willen verschleppt!«
»Wir warten!« entschied Alaska und setzte sich in Bewegung. »Ich will herausfinden, wo ihr Volk auf dieser Welt gelebt hat. Ich will diese geheimnisvolle Stadt der Schwarmerbauer sehen. Es gibt noch viele Rätsel um den Schwarm, die wir nicht gelöst haben.«
Rakkells folgte ihm widerwillig.
Sie kamen nur langsam voran. Alaska fragte sich, warum Kytoma ihre Fähigkeiten diesmal nicht einsetzte. Es schien ihr Vergnügen zu bereiten, sich in dieser Umgebung zu bewegen. Ab und zu blieb sie stehen und hob ihr Gesicht in den Regen, dann wieder stieß sie Schreie des Entzückens aus, wenn sie irgendein Tier oder eine besonders schöne Pflanze entdeckte.
Das machte sie nur noch rätselhafter. Alaska fragte sich, wie sie in Wirklichkeit aussehen mochte. Bestimmt waren die Erbauer des Schwarms keine humanoiden Wesen.
Aber wer waren sie wirklich? Welche Verbindungen gab es zwischen ihnen und den Cynos?
All diese Fragen waren unbeantwortet geblieben. Sollte er, Alaska Saedelaere, eines der vielen Geheimnisse durchleuchten?
Über all den überraschenden Ereignissen hatte Alaska fast vergessen, was sich an Bord der TIMOR ereignet hatte. Erst jetzt fiel ihm der Selbstmordversuch Ribald Corellos ein.
Auf der Erde waren seltsame Dinge geschehen. Sie standen in keinem Zusammenhang mit dem, was Alaska und Rakkells auf dieser Welt erlebten. Doch weder Rakkells noch Alaska konnten in die Geschehnisse auf der Erde im Augenblick eingreifen. Sie mußten mit ihren eigenen Schwierigkeiten fertig werden.
»Die Sache gefällt mir nicht«, sagte Rakkells mit dumpfer Stimme. »Wir sollten ihr nicht blindlings folgen.«
»Es gibt jetzt keine Alternative!«
»Wir könnten sie fesseln und uns ganz allein umsehen«, schlug Rakkells vor. »Sie ist schließlich nur ein Mädchen.«
»Sie sieht wie ein Mädchen aus«, verbesserte der Maskenträger. »Ich bezweifle außerdem, daß sie sich von uns fesseln lassen würde.«
Sie gingen weiter. Der Regen wurde noch stärker. Heftiger Wind kam auf. Es kühlte ab. Das Land wurde allmählich flacher; moosbewachsene Felsbrocken lagen überall im Gras. Diese Felsen sahen so regelmäßig aus, daß Alaska sich fragte, ob sie natürlichen Ursprungs waren. Er zögerte jedoch, Kytoma eine entsprechende Frage zu
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