Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
bekannte Rakkells. »Deshalb würde ich gern die erste Wache übernehmen.«
Alaska war einverstanden. Er warf einen letzten Blick zu der Stelle, wo Kytoma stand. Das geheimnisvolle Mädchen rührte sich noch immer nicht. Vielleicht würde sie bei Tagesanbruch eine Erklärung abgeben.
Alaska ließ sich neben einem Baum nieder. Er bezweifelte, daß er einschlafen würde. Doch schneller als erwartet gelang es ihm. Im Traum erschien ihm Kytoma. Sie trug ein seltsames Gewand, das Alaska entfernt an den Anzug der Vernichtung erinnerte, den er von dem Cyno Schmitt erhalten hatte. Dieser Anzug war von den terranischen Wissenschaftlern noch nicht endgültig untersucht worden.
Sobald die Forscher ihre Arbeiten abgeschlossen hatten, sollte Alaska den Anzug zurückerhalten.
In Alaskas Traum vollführte Kytoma einen seltsamen Tanz. Dann kam sie plötzlich auf Alaska zu und packte ihn am Arm.
Alaska schreckte auf und erwachte. Rakkells stand über ihn gebeugt und schüttelte ihn.
»Wachen Sie auf!« rief der Captain. Seine Stimme klang schrill. Es war deutlich zu erkennen, daß er nahe daran war, in Panik zu geraten.
»Was ist geschehen?« erkundigte sich der Maskenträger.
Rakkells deutete zum Kessel hinüber. Hoch über dem See bewegte sich eine nebelartige Substanz, die im Licht der beiden Monde leuchtete.
»Aufsteigender Nebel«, beruhigte Alaska den Captain. »Er kommt vom See.«
Doch Rakkells' Hände krallten sich fester in Alaskas Arm. Dann erblickte der Maskenträger ein paar dunklere Gebilde, die mitten im Nebel schwebten. Sie waren gleichmäßig geformt und zweifellos nicht natürlichen Ursprungs.
»Was … was ist das?« brachte Rakkells hervor.
Alaska hob ratlos die Schultern. In diesem Augenblick erscholl aus der Tiefe des Kessels ein langgezogener Ruf. Er hörte sich wie das Wehklagen einer Frau an. Alaska spürte, daß sich alles in ihm zusammenzog. Trotzdem richtete er sich auf und setzte sich in Richtung des Abgrunds in Bewegung.
»Bleiben Sie hier!« beschwor ihn Rakkells.
Der Nebel über dem Kessel ballte sich zusammen und wirbelte durcheinander. Alaska beobachtete die gespenstische Szene und redete sich ein, daß es für alles eine Erklärung gab. Am Grunde des Sees lag eine Station der Schwarmerbauer. Kytoma hatte irgendwelche Kräfte aktiviert, die nun spürbar wurden.
Der Nebel verflüchtigte sich, die dunklen Gebilde sanken langsam zum See hinab. Als Alaska den Rand des Kessels erreicht hatte und zum See hinabblickte, konnte er nichts sehen. Unten war es völlig dunkel. Noch immer drang der wehklagende Ruf an sein Gehör.
»Können Sie etwas sehen?« rief Rakkells.
»Nein«, sagte Alaska. Er kehrte zu seinem Ruheplatz zurück. »Wie lange habe ich geschlafen?«
»Vier Stunden«, erwiderte Rakkells nach einem Blick auf seine Uhr.
»Gut, jetzt sind Sie an der Reihe.« Er sah, daß der Raumfahrer zitterte. »Ein bißchen Schlaf wird Ihnen guttun.«
Rakkells widersprach nicht, aber er wälzte sich eine Stunde hin und her, bis er endlich einschlief. Auch dann fand er keine Ruhe, denn er schreckte immer wieder auf und redete im Schlaf. Schlimme Träume schienen ihn zu plagen.
Die Tiere in den Bäumen bewegten sich jetzt nicht mehr. Sie schliefen. Drei Stunden später überholte der zweite Mond den ersten, es war ein interessanter Vorgang, wie ihn Alaska zum erstenmal beobachten konnte.
Endlich – Rakkells schlief bereits sechs Stunden – begann der Morgen. Der Himmel färbte sich schiefergrau, am Horizont bildeten sich dunkle Wolkenberge. Als es noch heller wurde, begann der See wieder zu ›sprechen‹.
Endlich erwachte Kytoma aus ihrer Starre. Sie kam zu den beiden Männern. Ihr Gesicht war noch dünner geworden, die dunklen Augen brannten wie im Fieber. Sie starrte Alaska und Rakkells an, als würde sie die beiden Begleiter nicht erkennen.
»Mein Volk ist sehr, sehr weit von mir entfernt«, klagte sie. »Ich werde es nicht mehr erreichen können. Die Spuren sprechen kaum noch, aber ich hoffe, daß wir jetzt in die Stadt gelangen können.«
Alaska sah sie abschätzend an. »Was ist am Grunde des Sees geschehen?« wollte er wissen. »Was befindet sich dort unten?«
»Früher kamen die Angehörigen meines Volkes hierher, wenn sie sehr müde waren«, erklärte Kytoma. »Sie stiegen bis zum Boden des Sees hinab und badeten in den Wassern. Während dieser Zeit entstanden die Ruhenischen. Jede einzelne trägt noch den Persönlichkeitsabdruck ihres Benutzers.«
»Erzähle mir mehr von
Weitere Kostenlose Bücher