Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
vielleicht schlimmer als der Tod. Alaska begriff, daß er nur ganz knapp einem ähnlichen Schicksal entgangen war. Ohne Kytomas Hilfe hätte die Stadt auch ihn zurückgestoßen.
»Ich werde ohne Rakkells nicht zur Erde zurückkehren«, entschied der Maskenträger. »Du kannst dich auf den Weg zu deinem Volk machen, Kytoma. Ich werde in jedem Fall hierbleiben und mit der Stadt um Rakkells kämpfen.«
»Was für ein Unsinn!« protestierte sie. »Du kannst gegen diese Stadt nicht kämpfen.«
Alaska versteifte sich. Er wußte, daß er gegen die Stadt keine Chance hatte. Er würde Rakkells niemals wiedersehen. Trotzdem war er entschlossen, nicht so leicht aufzugeben. Wenn Kytoma eine Möglichkeit besaß, den Captain zurückzuholen, mußte Alaska das Mädchen zwingen, davon Gebrauch zu machen.
Kytoma schien seine Gedanken zu erraten.
»Auch ich kann dir nicht helfen. Der Weg in die anderen Ebenen ist mir versperrt, solange ich nicht bei meinem Volk bin.« Nach einer längeren Pause fügte sie hinzu: »Es wird am besten sein, wenn du alles vergißt, mein Freund.«
Zweifellos war mit Kytoma eine Veränderung vorgegangen. Die Aussicht, bald wieder bei ihrem Volk zu sein, hatte dazu geführt, daß ihr Interesse an Alaska nachgelassen hatte. Sie fühlte sich noch für ihn verantwortlich, aber sie wollte ihn nicht mehr verstehen.
»Wir haben uns nichts mehr zu sagen«, stellte Saedelaere nüchtern fest. »Du kannst gehen, Kytoma. Ich bleibe hier und kämpfe gegen die Stadt, bis ich Kontakt zu Rakkells habe.«
»Das ist Irrsinn!« betonte sie. »Die Stadt wird dich zurückstoßen, wenn du sie mit solchen Plänen betrittst.«
Alaska wandte sich ab und ging davon. Obwohl er keine Schritte hörte, wußte er, daß das fremde Wesen ihm folgte.
»Ich will allein sein!« rief er wütend. »Warum gehst du nicht endlich?«
»Ich bin noch nicht fertig!« Sie kam an seine Seite. »Du mußt in Sicherheit sein, sonst werde ich bei meinem Volk keine Ruhe finden.«
Sie wollte nach ihm greifen, aber er zog hastig seine Hand zurück. Dann spürte er, wie sie mit parapsychischen Impulsen gegen ihn vorging. Er mußte stehenbleiben und hilflos zusehen, wie sie näher kam. Ihre suggestiven Befehle hüllten ihn ein. Er sträubte sich dagegen, aber sie war stärker. Zum erstenmal nach langer Zeit begann Alaskas Cappin-Fragment sich zu regen.
»Es tut mir leid«, sagte das Mädchen traurig. »Aber es geht nun mal nicht anders.«
»Was hast du vor?« erkundigte er sich. Es fiel ihm schwer, die Worte zu formen. Die Lähmung, die von seinem Körper Besitz ergriffen hatte, drohte auf sein Gehirn überzugreifen. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen.
Kytoma war jetzt dicht vor ihm. »Wir werden uns niemals wiedersehen, mein Freund.«
Im Augenblick war Alaska alles gleichgültig. Er hatte nur den Wunsch, sich aus dieser unbarmherzigen geistigen Klammer zu befreien.
Das dunkle Land vor seinen Augen begann sich aufzulösen. Er fühlte sich seltsam schwerelos. Dann geriet er in einen Wirbel, der ihn von den Füßen riß und in den Weltraum hinaustrug.
Die Reise zurück hatte unaufhaltsam begonnen.
28.
Am Abend des 20. April 3444 begann Sakyamuni Batsuna mit der Routinekontrolle des Herkyo-Werkes von Addardin. Diese Kontrollen wurden einmal in der Woche ausgeführt, denn seit den Zwischenfällen im Jahre 2841, als NATHAN versagt hatte, wurden auch die vollrobotischen Nahrungsmittelfabriken in regelmäßigen Abständen überprüft. Es war mehr ein Ritus als eine Notwendigkeit – und Sakyamuni Batsuna kam sich wie ein Priester vor, nicht wie ein Techniker.
Sakyamuni Batsuna kontrollierte alle Werke im innerasiatischen Raum. Mit seinem Spezialgleiter flog er von Fabrik zu Fabrik. Jeden Tag kontrollierte er drei Werke. Das war nicht besonders anstrengend. Er machte seine Notizen und gab einen Bericht an die positronischen Zentralen, die wiederum alle ermittelten Daten an NATHAN weiterleiteten. Abgesehen von den Schwierigkeiten während der Verdummungswelle war es seit dem Angriff auf NATHAN durch Siganesen im Jahre 2841 nicht mehr zu Zwischenfällen gekommen.
Das Versorgungssystem auf Terra einschließlich der Containerstraße nach Olymp funktionierte einwandfrei.
Als Batsuna den Spezialgleiter vor den Haupttoren des Herkyo-Werkes landete, war gerade die Sonne untergegangen. Das Werk bedeckte eine Fläche von insgesamt 30 Quadratkilometern. Natürlich mußte Batsuna nicht die gesamte Anlage kontrollieren. Es genügte, wenn er die Zentrale
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