Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
solche Reise würdest du nicht überleben.« Sie zögerte. Alaska ahnte, was sie nun sagen würde. »Du kannst zusammen mit dem anderen Mann auf dieser Welt bleiben.«
»Du weißt, daß das unmöglich ist«, gab er zurück. »Rakkells und ich könnten auf diesem Planeten nicht überleben. Hier, wo dein Volk seine Spuren hinterlassen hat, ist für uns alles zu fremdartig.«
»Ich kann dich nicht mitnehmen«, sagte sie traurig.
»Es gibt eine andere Möglichkeit«, sagte Alaska. »Du kannst Rakkells und mich zur Erde zurückbringen.«
Danach trat Schweigen ein. Alaska versuchte zu erraten, was in diesem fremden Wesen vorging. Jetzt, da Kytoma einen Anhaltspunkt gefunden hatte, wo sie ihr Volk finden konnte, wollte sie offenbar keine Zeit verlieren. Sie sehnte sich nach ihren Artgenossen, denn sie war lange Zeit von ihnen getrennt gewesen.
»Es ist deine Pflicht«, fuhr Alaska fort. »Du hast uns hierhergebracht, weil du nicht allein sein wolltest. Jetzt kannst du uns nicht allein hier zurücklassen. Das wäre unmoralisch.«
»Du hast recht«, sagte sie nachdenklich. »Ich hätte im Überschwang meiner Freude fast einen Fehler begangen. Bestimmt gibt es eine Möglichkeit, euch zurückzubringen.«
Der Transmittergeschädigte wußte, daß er sich auf ihre Zusage verlassen konnte.
»Wie sehen die Anhaltspunkte aus, die du gefunden hast?« erkundigte sich Alaska Saedelaere. »Hat dein Volk dir eine Nachricht hinterlassen?«
Sie deutete auf das verschwommene Gebilde, das irgendwo im Hintergrund zu liegen schien.
»Dort ist die Stadtseele manifestiert«, berichtete sie. »Dort habe ich auch die Hinweise gefunden, die ich brauche.«
»Und wo ist dein Volk jetzt?«
»Jenseits des Universums«, gab sie zurück. »Es hat eine weitere Schranke niedergerissen und wurde mit Dingen konfrontiert, die wir nicht einmal erahnen können. Die Zeit, da wir anderen Völkern Intelligenz brachten, ist jetzt vorbei. Jemand anders wird bald an unsere Stelle treten. Wir nähern uns dem Punkt der Absoluten Bewegung.«
Plötzlich empfand Alaska einen dumpfen Schmerz. Er wurde ausgelöst durch die Trauer über seine Unfähigkeit, Kytoma zu ihrem Volk zu begleiten. Die Menschen waren nicht reif genug für eine solche Reise.
»Eines Tages wird dein Volk unseren Spuren folgen«, tröstete ihn Kytoma.
»Wie lange dauert das noch?« fragte er bitter. »Vielleicht ist mein Volk längst ausgelöscht, wenn der Zeitpunkt gekommen wäre.«
»Niemand vermag die Menschheit auszulöschen, wenn sie es nicht selbst tut«, gab sie zurück. »Es ist so, wie ich sage: Eines Tages wird dein Volk unseren Spuren folgen.«
»Dann werde ich nicht mehr leben.«
»Das ist wahr, aber es ist auch bedeutungslos, denn jedes Wesen lebt in seinem Volk fort.«
»Führ mich hinaus!« forderte Alaska. »Zwischen dir und mir liegen Jahrtausende.«
Ihr sonst so blasses Gesicht hatte sich vor Erregung gerötet. Ihre Augen glänzten. Sie streckte eine Hand aus und berührte Alaska am Arm.
»Ich habe dich lange Zeit begleitet, mein Freund«, sagte sie. »Aber wenn ich auf diese Reise gehe, werden wir uns für immer trennen. Ich werde nicht mehr dasein, wenn du in Gefahr gerätst.«
Er schüttelte den Kopf. »Für mich warst du immer nur ein Traum, Kytoma. So wird es auch bleiben.«
Sie ergriff ihn an der Hand und zog ihn mit sich fort. Wie aus dem Boden gestampft erschien vor ihnen die graue Wand. Alaska warf einen letzten Blick in den Raum mit den zerfließenden Grenzen. Es war, als hätte sich die Stadt zurückgezogen. Jetzt, da sie registrierte, daß der unerwünschte Eindringling verschwinden würde, verhielt sie sich ruhig.
»Die Stadt ist erleichtert«, stellte er fest. »Wäre ich hiergeblieben, hätte ich eine ständige Quelle der Unruhe für sie bedeutet.«
Kytoma mußte lachen. »Jetzt überschätzt du unsere Stadt.«
Alaska deutete auf den runden Einschnitt in der Wand. »Laß mich vorausgehen, ich möchte nicht allein im Zentrum der Stadt sein.«
Sie war einverstanden. Alaska stieg in den Durchgang und wurde von einem Sog kalter Luft erfaßt. Die Umgebung wirbelte wie ein Puzzlespiel um ihn herum und fügte sich dann wieder zusammen. Er stand auf dem Laufband, das sich zwar bewegte, ihn aber nicht mit sich forttrug.
Kytoma kam heraus. »Ich glaube«, stellte sie einsichtig fest, »ihr hättet hier doch nicht leben können.«
»Wir hätten keine andere Wahl gehabt. Du hast ziemlich egoistisch entschieden.«
»Ich wollte dich einen Schritt über
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