Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
notwendig war. Ich möchte betonen, daß wir Sie nicht als Gefangenen betrachten.«
Inzwischen hatte die Panzerglaswand eine Struktur angenommen, die die elektromagnetischen Wellen nach beiden Seiten ohne Verzerrung durchdringen ließ. Der Asporco stand auf seinen langen, stämmigen Beinen und blickte zu Rhodan heraus. Sein Mund bewegte sich, und gleichzeitig ertönte die modulierte Stimme des Translators.
»Ich verstehe …« Der Asporco tastete mit den sechsfingrigen Händen die Panzerglaswand ab. »Eigentlich habe ich nicht damit gerechnet, daß Sie mich am Leben lassen werden. Ich habe es nicht verdient. War der Schaden groß, den ich anrichtete? Meine Erinnerung an diese Zeit ist lückenhaft …«
Rhodan wechselte einen schnellen Blick mit Atlan, der außerhalb des Sichtbereichs stand. Die Mutanten hatten sich auf Anraten Professor Eileinds auf die Rückseite der Quarantänekabine zurückgezogen. Der Ezialist war der Meinung gewesen, daß es besser war, wenn der Asporco nicht plötzlich mit zu vielen Personen konfrontiert wurde. Das hätte in dieser Situation eine Schockwirkung auslösen und in weiterer Folge zu parapsychischen Emissionen führen können.
»Wir machen Sie nicht für das verantwortlich, was geschehen ist«, sagte Atlan und trat in Heydrac Koats Blickwinkel. »Ebenso erhoffen wir uns von Ihnen, daß Sie uns nicht zur Last legen, was mit Ihren Artgenossen nach dem Start des Schiffes geschehen ist. Die Asporcos lösten durch unsachgemäße Bedienung der Kontrollen eine Sicherheitsschaltung aus, durch die sie als Feinde eingestuft wurden. Sie haben also in weiterem Sinne ihren Untergang selbst herbeigeführt.«
Der Asporco wandte den Kopf von Rhodan in Atlans Richtung. Da seine beiden zweigeteilten Facettenaugen in der Lage waren, Rhodan und Atlan gleichzeitig zu erfassen, wollte er mit dieser Geste seine Gesprächspartner zweifellos erkennen lassen, wem er seine Aufmerksamkeit gerade schenkte. Das war ein weiterer Beweis für seine außergewöhnliche Intelligenz. Ohne daß es ihm jemand klarmachte, erkannte er von selbst, daß die Menschen seine starren Blicke nicht deuten konnten und einen anderweitigen Hinweis dafür benötigten, daß sie angesprochen wurden.
»Ich habe mir gedacht, daß sich meine Artgenossen selbst ins Unglück stürzten«, sagte Heydrac Koat über den Translator. »Als das Raumschiff ohne vorherige Warnung startete, verloren sie die Nerven und versuchten, die Maschinerie zu stoppen. Die Folgen dieser unbesonnenen Handlungsweise waren verheerend …«
Rhodan ergriff wieder das Wort. »Wir wissen aus Ihren Gedanken, was sich zugetragen hat. Auf die gleiche Weise haben wir auch erfahren, daß Ihr Geist von einer Macht beherrscht wird, die Sie die Stimmen der Qual nennen. Wir vermuten, daß diese Macht auch für die Verwüstungen auf dem Schiff verantwortlich ist. Stimmt das?«
Rhodan vermied es absichtlich, auf die Toten und Verwundeten einzugehen, die der Parasturm gefordert hatte. Die Wissenschaftler, die den Asporco untersuchten, waren der Meinung, daß er physisch sehr schwach war und durch die geistige Beeinflussung zu starker Übersensibilität neigte.
»Die Stimmen der Qual beherrschen mich, ja«, bestätigte Heydrac Koat. Er machte eine Pause, dann fuhr er fort: »Es ist seltsam, aber zum erstenmal seit vielen Jahren nehme ich sie jetzt nicht wahr. Es ist, als wäre ich von ihnen befreit. Aber das kann ich nicht glauben … Als das Chaos losbrach und Gewalten frei wurden, die mir selbst fremd waren, da empfing ich keine realitätsbezogenen Eindrücke mehr. Die Geschehnisse liefen für mich ab wie – in einem Traum. In mir drängte alles nach Beantwortung einer Frage. Ich habe Angst vor der Antwort, aber ich muß mir Gewißheit verschaffen. Bevor die Stimmen der Qual aus mir hervorbrachen, hatte ich mit zwei Menschen Kontakt, die sich Galbraith Deighton und Reginald Bull nannten. Ich frage mich, warum nicht sie neuerlich mit mir Verbindung aufnehmen und befürchte, daß sie im Chaos umkamen.«
»Ich kann Sie beruhigen, Heydrac Koat«, erklärte Rhodan. »Beide haben die Katastrophe ohne körperlichen oder geistigen Schaden überlebt. Woran haben Sie eigentlich erkannt, daß wir nicht Deighton und Bull sind? Wir Menschen müssen in Ihren Augen doch alle gleich aussehen.«
»Grundsätzlich schon«, gab Heydrac Koat zu. »Aber Bull und Deighton habe ich mir an der Farbe ihres Kopfflaumes gemerkt.«
Rhodan empfand neuerlich Hochachtung vor dem Asporco. Es
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