Silberband 068 - Anti-Universum
tun? dachte sie.
Sie fand keine Antwort. Sie wurde von Deightons Brutalität geschoben und von ihrer eigenen Sehnsucht gezogen. Sie ging freiwillig und gezwungen gleichermaßen. Sie würde jetzt diesen Transmitter betreten und ohne jeden Zeitverlust aus dem Gegengerät geschleudert werden. Sicher befand sie sich dann nicht innerhalb des Schutzes der MARCO POLO, sondern auf einem Beiboot.
Orana dachte an ihren Vater, faßte sich und trat vor die glühenden Balken des Transmitters. Dann machte sie einen schnellen Schritt und stolperte, vom Schock der Transmission nach vorn geworfen, aus dem Gegengerät.
Sie befand sich in einem würfelförmigen Raum. Langsam atmete sie ein und aus und sah sich um.
Direkt vor ihr, in gespannter Haltung und mit wachen, konzentrierten Augen, standen drei Personen. Sie erkannte Gucky, den Mausbiber. Neben ihm stand der Telepath und Gefühlsorter Fellmer Lloyd, und gegenüber dem Ilt lehnte die Mutantin Irmina Kotschistowa an der Wand. Außer diesen drei Personen befand sich noch ein rundes Dutzend Männer in der Zelle. Sie alle hielten Paralysatoren in den Händen, deren Mündungen auf sie gerichtet waren.
Orana lächelte hilflos. Sie wirkte, fand Irmina, als erwache sie eben aus einem tiefen Schlaf. Die junge Frau in dem dunkelgrünen Anzug aus Wildleder sagte: »Ich bin harmlos.«
»Das Risiko, daß jemand anders als Sie ankommen, wollten wir gebührend abfangen«, erklärte einer der Bewaffneten ruhig. Er sagte es ohne jede Ironie und ohne Vorwurf. Dankbar registrierte Orana diesen Umstand; sie nahmen also nicht automatisch an, daß sie ebenfalls Teil eines gewalttätigen Universums war.
Fellmer fragte: »Warum sind Sie hier, Orana?«
Er verbarg seine Gedanken sorgfältig. Auch sein Gesicht drückte nichts von seinen Überlegungen aus. Er war verblüfft, wie identisch diese Orana jener jungen Frau war, die er relativ gut kannte.
»Ich suche Rhodan!« sagte sie. »Wo ist er?«
Sie spürte die Vibrationen eines Schiffsantriebs. Sie schätzte, daß sie in einem Kreuzer der MARCO POLO war, der sich jetzt in Richtung des Mutterschiffes entfernte.
»In Sicherheit! Er wartet ebenfalls auf Sie. Warum sind Sie derart unausgeglichen, derart unsicher und aufgeregt? Wir werden Sie weder quälen noch ermorden«, meinte Lloyd.
Orana Sestore hob die Schultern und ließ sie in einer Bewegung wieder fallen, die äußerste Hoffnungslosigkeit ausdrückte.
»Ich weiß es nicht«, flüsterte sie und trat von der erhöhten Plattform des Transmitters herunter. Sie befand sich in einer ganz anderen Welt, obwohl sie ihr eigenes Universum nicht verlassen hatte.
23.
In dem Raum herrschte eine Spannung, die ihre Ursache keineswegs in einer akuten Gefahr hatte. Die Menschen beobachteten sich gegenseitig und besonders die Gestalt in ihrer Mitte. Sie alle wußten, daß sie sich im Bann einer einmaligen, riskanten Verwechslung befanden. Das Schiff, aus dem Umfeld A kommend, befand sich im Umfeld B; ein Mensch aus dieser Welt B war umgeben von Menschen aus der Welt A. Und dieser Mensch, eine gutaussehende junge Frau in einem hervorragend geschnittenen Wildlederanzug und mit hochgestecktem Haar, sah sich scheu um und schien eben aus einem wirren Alptraum zu erwachen. Ihr Inneres war unausgeglichen. Ihre Gedanken rasten beziehungslos umher. Sie war unsicher und wußte, daß sie ein Geheimnis umgab. Langsam senkten sich die Strahler, glitten zurück in die Schutzhüllen. Eines war allen Anwesenden klar: Orana Sestore II war keine wirkliche Gefahr.
Knallend erloschen die Säulenschenkel des Transmitters. Winselnd hörte ein verstecktes Aggregat zu arbeiten auf.
Fellmer Lloyd erklärte: »Orana, Sie befinden sich an Bord eines Leichten Kreuzers. Dieses Schiff fliegt gerade in den Linearraum ein und hat die MARCO POLO als Ziel. Warum haben Sie durch Ihre Funksprüche nach Rhodan gesucht?«
Der Gefühlsorter benutzte die Frage nur als einen Vorwand. In Wirklichkeit versuchte er, die Psyche der jungen Frau mit Hilfe seiner Mutantenfähigkeit zu durchleuchten. Schon beim ersten, prüfenden Zugriff waren ihm zahlreiche ungeklärte Fakten aufgefallen; für eine Diagnose war es zu früh, auch wußte er nicht genug. Jedenfalls wuchs in ihm die starke Überzeugung, daß es sich hier um einen ganz untypischen und reizvollen Fall handelte.
»Ich suchte nach Rhodan, weil ich weiß, wer er ist und woher er kommt. Und woher ihr alle kommt«, antwortete sie schwach und ohne große Überzeugung.
Obwohl Lloyd und der Ilt
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