Silberband 068 - Anti-Universum
Schnurrhaaren und schloß seinen Mund. Er schüttelte langsam den Kopf. Da gab es viele Dinge, die Irmina und Fellmer nicht einmal angetastet hatten. Folgendes hatte er inzwischen feststellen können: Galbraith Deighton II hatte Orana gezwungen! Sie zitterte innerlich um das Leben eines Menschen, der ihr sehr nahestand!
Wer kann das sein? fragte sich Gucky.
Die Tochter und der Ehemann waren tot. Das war amtlich und beweisbar. Die Mutter war seit langem gestorben, das hatte die echte Orana Sestore gewußt, das war kein Geheimnis. Dann blieb also nur der Vater! Der Vater, der Gelehrte und Forscher, von dem sie oft erzählt hatte! Die Zentralfigur ihres Lebens!
Gucky teleportierte mitten auf die Tischplatte, richtete eine Pfote auf Orana und rief fast triumphierend: »Deighton hat Dayko als Geisel? Richtig?«
Orana sprang halb aus ihrem Sessel auf, sank wieder zurück und schlug die Hände vor das Gesicht. »Du hast recht, Kleiner!« murmelte sie.
Für sie waren die Schwierigkeiten nicht geringer, denn auch sie mußte bewußt und ununterbrochen daran denken, daß die Menschen, die sie hier traf, im klassischen Sinn normal waren, also keineswegs pervertiert wie diejenigen Leute, mit denen sie täglich Umgang hatte.
Fellmer, der erfahrene Mutant, hatte die verblüffende Unterbrechung durch den Mausbiber dazu benutzt, in einem unbewachten und nicht kontrollierten Moment den Verstand der jungen Frau zu durchleuchten. Er war wesentlich weiter vorgedrungen als bei seinen bisherigen Versuchen.
Die erste Diagnose war grundfalsch! Orana Sestore litt unter einer Bewußtseinsstörung. Eine Blockierung lag über einem Teil ihres Verstandes. Erinnerungen fehlten. Sie wirkte wie ein ferngesteuerter Mechanismus von großer Leistungsfähigkeit. In ihrem Gedächtnis war etwas mit Gewalt gelöscht oder überdeckt worden.
»Ich verstehe jetzt einiges weitaus besser!« murmelte Fellmer. »Was ist Ihr Anliegen?« fragte er. »Ich begreife, daß Sie Rhodan sprechen wollen. Aber Sie haben ihm sicher etwas zu sagen!«
»Das ist richtig«, meinte Orana. »Aber das kann ich ihm nur sagen, wenn ich ohne viel Publikum mit ihm spreche.«
Gucky, der seinen Beitrag zur Aufdeckung der Geheimnisse als genügend empfand, widmete sich den greifbaren Erinnerungen Oranas. Sie war zweifellos manipuliert, aber nicht präpariert. Die Gefahr, die der Köder ausstrahlte, lag nicht in verborgenen Waffen oder versteckten Giften. Sie lag woanders.
»Das läßt sich in Kürze mühelos bewerkstelligen«, sagte Irmina. »Wir befinden uns in einem Beiboot, das unter Wahrung aller Deckungsmöglichkeiten zur MARCO POLO zurückfliegt.«
»Das hatte ich gehofft!« flüsterte Orana.
Der Pilot des Kreuzers drehte sich um und sagte: »Wir haben noch genau sechs Stunden Zeit, bis wir das Schiff erreichen. Ich schlage vor, wir versuchen, uns etwas zu beruhigen. Schlaf oder Entspannung ist in diesem Fall empfehlenswert!«
Fellmer, der die Verantwortung für diesen Teil des Einsatzes trug, nickte. »In Ordnung! Ziehen wir uns zurück. Sie haben sicher Verständnis dafür, daß wir für Sie einige Sicherheitsmaßnahmen anwenden, Orana.«
Man brachte sie in eine Kabine und ließ sie allein, aber durch die Mutanten bewacht.
Gucky sprang zurück in die Zentrale, ließ sich in einen Sessel fallen und sagte in entschiedenem Tonfall: »Diese Frau verbirgt etwas und weiß es selbst nicht. Man hat sie manipuliert!«
Lloyd entgegnete: »Du wirst doch nicht etwa glauben, daß Deighton zwei sie ohne jede Einschränkung hat losfliegen lassen, nur um ›ihren‹ Ideal-Rhodan kennenzulernen? Ihr Vater ist als Pfand zurückgeblieben, und wir alle sollen in eine Falle gelockt werden. Sie ist nicht bösartig, aber eingeschüchtert.«
Gucky fuchtelte protestierend in der Luft. »Orana leidet unter einer erheblichen Bewußtseinsstörung. Sie ist nicht normal, sondern mit Hilfe von paraphysikalischen Hilfsmitteln erzeugt worden. In ihrem Gedächtnis ist etwas gewaltsam ausgelöscht worden; ein Teil ihrer Erinnerungen fehlt.«
»Wozu das?« murmelte Irmina.
Lloyd hob die Schultern.
»Wenn diese Erinnerung gelöscht wurde, kann sie auf Befehl auch wieder herbeigerufen werden?« fragte der Mausbiber.
»Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es so«, gab Lloyd zurück.
Sie sahen sich an und schwiegen bestürzt. Der Leichte Kreuzer war mit einer gefährlichen Fracht zurück zur MARCO POLO unterwegs. Bis jetzt schien alles Ergebnis der meisterlichen Regie des verbrecherischen Deighton
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