Silberband 069 - Die Hyperseuche
murmelte Deighton.
Rhodans Gedanken bewegten sich ebenso wie Deightons Überlegungen im Kreis. Das Denken bereits war ein schwieriger, energiefressender Vorgang. Langsam wie durch Sirup bewegten sich die einzelnen Überlegungen und fügten sich zusammen, qualvoll und zögernd.
Diesmal war es das Ende. Dieses Mal würden sie nicht in letzter Sekunde durch einen unglaublichen Zufall oder durch ein Zusammenraffen aller Kräfte davonkommen wie bei der Schwarmkatastrophe. Jetzt war der Untergang der Menschheit nicht mehr abzuwenden. Alle Gedanken und alle Arbeit, der Menschheit gegen alle Gefahren einen Platz in der Galaxis zu bewahren, alles war umsonst. Sie würden alle sterben. In einigen Monaten war auch auf dem zuletzt von der PAD-Seuche befallenen Planeten alles tot. Niemand war immun, nur dieser Plophoser.
»Kol Mimo. Er soll immun sein. Vielleicht wird er der Vater einer neuen Menschheit«, murmelte Rhodan leise.
»Wie?« fuhr Deighton auf.
»Ich dachte gerade über das Ende allen Lebens nach«, sagte Rhodan zögernd.
Rhodan stand schwerfällig auf und ging in den Raum hinein. Er begann eine langsame Wanderung und blieb plötzlich stehen. Seine Stimme war qualvoll, aber langsam und drängend, als er sagte: »Deighton!«
»Ja?« Deighton rührte sich ein wenig.
»Ich brauche eine Idee. Ich brauche nur einen winzigen, kleinen, unbedeutenden Hinweis. Ich muß handeln! Ich muß etwas tun! Ich muß versuchen, uns allen zu helfen! Verdammt! Was kann ich unternehmen? Mit einem Schiff starten und etwas suchen, etwas verfolgen … Hilf mir, Deighton!«
Es gab keine Hilfe. Deighton sagte es.
»Keine Hilfe? Alles ist umsonst?« keuchte Rhodan.
Deighton nickte. »Alles umsonst, Perry!« sagte er leise. Es klang endgültig.
»Ich kann es nicht glauben!« Aber seine Gedanken sagten Rhodan, daß Deighton die Wahrheit sprach.
Der Wind an diesem Morgen, am siebenten Mai im Jahr des tödlichen Unheils, war kalt und schneidend. Er heulte über die wenigen mannsgroßen Steinblöcke der kargen Hochfläche hinweg. Die Sonne warf fahle Strahlen waagrecht über das Plateau. Die fernen Berggipfel blickten drohend auf die menschenleere Hochebene. Die südamerikanischen Anden waren stellenweise die letzten Einöden dieses Planeten. Im Umkreis von zwanzigtausend Metern lebte nichts und niemand. Nur ein einzelner Mann stand da, an einen Felsbrocken gelehnt, eine schwere Waffe in den Händen. Er hatte die Augen geschlossen und wandte sein Gesicht der kraftlosen Sonne zu. Jahrmillionen tägliche Temperaturwechsel hatten den Stein ringsum zernagt und eine Fläche hinterlassen, die von festgebackenem Sand erfüllt war. Restlos eben, von hausgroßen bis hinunter zu faustgroßen Steinbrocken übersät. Jeder einzelne warf einen langen, surrealen Schatten. Winzige Staubfahnen erhoben sich in dem wispernden Wind und fielen wieder zusammen, erneuerten sich an anderer Stelle und lagerten sich wieder ab. Außer dem Geräusch des Windes gab es keinen anderen Ton.
»Die vollkommene Öde. Ein hervorragender Platz zum Sterben«, murmelte Kol Mimo. Er wartete auf das künstlich gezüchtete Wesen aus einem unbekannten Teil der Galaxis, auf seinen vorgeblichen Mörder. Er war fest entschlossen, diesen Platz entweder als Sieger zu verlassen oder hier zu bleiben – ewig.
Dasselbe würde auch sein Mörder planen. Kol kannte die Stimmung, in der er sich befand; auch Homunkulus würde in keiner anderen Stimmung sein. Mimo wunderte sich auch darüber, daß Homunkulus nicht in der Nacht angegriffen hatte. Aber dies schien eine Eigentümlichkeit der Züchtung zu sein. Erfahrene menschliche Jäger bevorzugten die Nacht für einen tödlichen Kampf – Homunkulus war kein Mensch und kein Abkömmling von Terranern, obwohl er humanoid aussah. Nicht einmal die grausigen Szenen vom Sterben der Menschheit schienen ihn, im Gegensatz zu Mimo, berührt zu haben.
Mimo lauschte mit geschlossenen Augen. Eine Stunde verstrich, während sich Staubfahnen erhoben und zusammenfielen, im Geräusch des Windes, der jetzt metallisch klang, als die Schatten kürzer wurden und die Temperatur um ein geringes zunahm. Dann …
»Ein schwacher Impuls. Er ist da!« flüsterte Mimo.
Ein stärkerer Impuls aus einer bestimmbaren Richtung. Der Mikrotransmitter war desaktiviert worden. Irgendwo im Westen der Hochfläche befand sich der Mörder. Kol Mimo schlich langsam und ganz vorsichtig um den Felsen herum und blieb stehen, als er die Sonne im Rücken hatte, den kalten
Weitere Kostenlose Bücher