Silberband 069 - Die Hyperseuche
alle der einst hier lebenden Völker zu einem einzigen vereint haben – dem Volk der Terraner. Keiner kann heute mehr von sich behaupten, er sei ein Schwarzer, ein Chinese oder ein Indianer. Jeder hat von jedem etwas Blut in den Adern. Daraus erwächst das augenblickliche Dilemma. Wie weit soll man seinen Stammbaum zurückverfolgen, um seine Ahnen zu finden und deren Heimat aufzusuchen?«
»Ich fürchte, von dieser Seite dürfte man das Problem aber nicht anpacken«, meinte Atlan. »Die Wurzel des Übels ist die PAD-Krankheit.«
Eysbert winkte ab.
»Darauf konzentrieren wir uns sowieso. Aber wir dürfen die rein psychologischen Aspekte nicht außer acht lassen. Denn da wir die PAD-Krankheit noch nicht erforschen konnten, müssen wir zwangsläufig versuchen, die Auswirkungen psychologisch zu erfassen und auf diese Weise zumindest Teillösungen zu finden. Wir müssen vor allem dieser gigantischen Völkerwanderung Einhalt gebieten. Noch ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern gesichert. Aber es fragt sich nur, wie lange noch. Es kommt bereits schon jetzt zu Plünderungen. Das Verkehrsnetz ist ohnehin schon zusammengebrochen. Die Meldungen darüber, daß Leute versucht haben, in kleinen Motorbooten und in selbstgebastelten Flößen die Meere zu überqueren, sind der erste Alarm für einen weltweiten Selbstmordmarsch à la Lemminge.«
»Wir tun alles, um diese Entwicklung abzuwenden«, erklärte Atlan. »Unsere Einsatzkommandos sind ständig unterwegs, um besonders gefährdete und anfällige Paraabstrakt-Verseuchte mit Psychopharmaka zu versorgen. Aber das ist natürlich nur der Tropfen auf einen heißen Stein. Wir können nicht alle Deformationsgefährdeten versorgen, sondern nur einen schwindend geringen Bruchteil. Und selbst wo wir eingreifen, erreichen wir nur einen Erfolg auf Zeit, denn die Wirkung der Psycho-Hemm-Mittel ist von begrenzter Dauer. Und unsere Aufklärungssendungen in Rundfunk und Fernsehen erreichen nur einen Bruchteil der Menschheit. Wer hört in diesem Chaos noch Radio und sieht fern? Und von den wenigen, die wir ansprechen, befolgt wieder nur ein verschwindend geringer Prozentsatz unsere Ratschläge.«
»Und was halten Sie davon, den Notstand auszurufen?«
»Ich werde diesen Vorschlag Perry Rhodan unterbreiten«, sagte Atlan. »Aber selbst wenn er zustimmt, bin ich mir nicht darüber im klaren, ob wir von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollten. Wahrscheinlichkeitsberechnungen haben ergeben, daß wir mit drastischen Maßnahmen das Chaos vielleicht nur noch verschlimmern. Die Drohung eines weltweiten Bürgerkriegs hängt wie ein Damoklesschwert über uns.«
»Wenn Sie schon von den Wahrscheinlichkeitsberechnungen sprechen, dann werden Sie auch wissen, daß es auf jeden Fall noch schlimmer kommt, so oder so«, sagte Eysbert. »Die PAD-Seuche dürfte ihren Höhepunkt noch nicht erreicht haben. Die Deformationsgeschädigten befinden sich noch im sekundären Stadium, noch dauert die Inkubationszeit an. Deshalb die unterschiedlichen Auswirkungen, die Betroffenen reagieren auf verschiedene Arten. In der Quarantänestation auf Luna, wo die meisten Besatzungsmitglieder der MARCO POLO untergebracht sind, haben sich gänzlich neue Symptome eingestellt. Bei einigen Seuchenträgern hat sich der Aggressionstrieb bis zum Extrem gesteigert. Unter ihnen sind auch einige Lemuria-Terraner. Das deutet darauf hin, daß nun der von uns befürchtete Beta-Effekt eintritt.«
Eysbert unterbrach sich und fragte dann unvermittelt: »Wie ist Ihr Befinden, Lordadmiral?«
Atlan lachte. »Sie sind im Irrtum, wenn Sie meinen, ich sei als Lemuria-Terraner vom Beta-Effekt bedroht. Ich bin immun!«
Eysbert kniff die Augen zusammen, als er sagte: »Von dem Tibeter Dalaimoc Rorvic weiß ich aber, daß sich die Symptome des Beta-Effekts bei Ihnen schon einmal durch gesteigerten Aggressionstrieb gezeigt haben.«
Atlan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es stimmt, ich habe die LODKOM-XI ohne besondere Motivierung abgeschossen. Damals fürchtete ich tatsächlich um mich. Aber wenn ich PAD-verseucht war, so habe ich das kritische Stadium überwunden. Und die Untersuchungen, denen ich mich freiwillig unterzogen habe, zeigten, daß alle Befürchtungen unangebracht sind.«
»Solange wir den Krankheitserreger nicht lokalisiert haben, haben alle Untersuchungsergebnisse keine Gültigkeit.«
»An der Tatsache, daß ich mich völlig in Ordnung fühle, ist dennoch nicht zu
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