Silberband 069 - Die Hyperseuche
Transmitter noch auf Empfang geschaltet, aber schon in drei Minuten würde er ihn auf ›Sendung‹ umprogrammieren. Und nach der Toleranzzeit von einer Minute …
»Transmitter drei in vier Minuten auf den Venuskanal umschalten«, drang die Automatenstimme an sein Ohr.
Venus?
»Ich habe in vier Minuten eine Sendung für Amboina!« meldete Spanitz. »Ich kann die Venus-Passage nicht genehmigen.«
Die Antwort der Automatik kam ohne Verzögerung. »Die Venus-Passage muß vorrangig behandelt werden.«
Spanitz begann zu schwitzen. Dies war seine letzte Chance, die Wiege der Menschheit aufzusuchen. In höchstens einer Viertelstunde würde man seine eigenmächtigen Manipulationen entdeckt haben. Eine Untersuchung würde zeigen, daß er die Tabletten nicht genommen hatte … Nein, das war seine letzte Chance, er konnte sie sich nicht entgehen lassen.
Wenn die auf der Venus merkten, daß sie das Freizeichen für die Transmittersendung nicht bekamen, würden sie schon umdisponieren.
Spanitz wartete bis zum letzten Augenblick, dann schaltete er die Sicherungsautomatik ab und justierte den Transmitter auf die Empfangsfrequenz von Amboina ein.
Jetzt! dachte er und rannte auf das schwarze Transmitterfeld zu. Er sah nicht, daß über dem Gerät das Gefahrenlicht blinkte. Und er hörte das Aufheulen der Alarmsirenen nicht. Er ahnte nicht, daß die Techniker auf der Venus so gedacht hatten wie er und sich auf das Verantwortungsbewußtsein der Männer bei der Gegenstation verlassen hatten. Sie schickten die Venussiedler durch den Transmitter …
Spanitz war nur von dem Gedanken besessen, zur Wiege der Menschheit zu kommen. Er sprang durch das Transmitterfeld, noch ehe die reaktivierte Sicherheitsautomatik es abschalten konnte …
In der Empfangsstation von Amboina materialisierte ein Ungeheuer, das aus den miteinander vermischten Atomgruppen von einem halben Dutzend Menschen stammte. Aus der zuckenden Fleischmasse ragten Arme und Beine heraus. Eingeweide und Organe und Gehirne lagen frei.
Es war auf den ersten Blick klar: Niemand würde diese Menschen retten können, deren Körper bei der Rematerialisierung zu einem Gebilde verschmolzen waren.
9.
Atlan fuhr von Imperium-Alpha mit dem Pneumo-Expreß zum ›Kosmopsychologischen Institut‹, wo Professor Thunar Eysbert mit einem Team ausgesuchter Wissenschaftler an der Erforschung und der Bekämpfung der PAD-Krankheit arbeitete.
Reginald Bull, als Rhodans Stellvertreter, hatte einen Teil des Tunnelsystems für die Öffentlichkeit schließen lassen, so daß die Regierungsmitglieder und Wissenschaftler jederzeit zwischen Imperium-Alpha, Professor Eysberts Hauptquartier und der Solar Hall, wo Rhodan seinen Sitz hatte, hin und her pendeln konnten.
Bei dem augenblicklich herrschenden Chaos war der Pneumo-Expreß für den Nahverkehr noch immer das schnellste und sicherste Beförderungsmittel. Seit es mit den Transmittern einige Unfälle gegeben hatte, traute ihnen Atlan nicht mehr ganz. Obwohl das Dienstpersonal ständig unter der Wirkung von Psychopharmaka stand, kam es dennoch zu Zwischenfällen. Deshalb mied Atlan die Transmitter, wenn es irgendwie ging.
Im Kosmopsychologischen Institut angekommen, wurde Atlan sofort von Professor Eysbert in dessen Arbeitszimmer empfangen.
»Wie kommen Sie voran, Professor?« erkundigte sich Atlan.
Der Chef-Kosmopsychologe der MARCO POLO lächelte schwach. Diese Frage wurde ihm gut hundertmal am Tage gestellt; er hatte immer die gleiche Antwort parat: »Wir stehen noch am Anfang der Untersuchungen. Wir kennen zwar die Auswirkungen der Psychosomatischen Abstraktdeformation, auch ihre jetzige zweite Phase mit dem Wandertrieb, aber nicht den Erreger. Wir haben schon eine Reihe von Symptomgruppen kennengelernt, sie werden immer mehr, neue Aspekte zeigen sich, aber wir haben nichts in der Hand, um die PAD wirksam bekämpfen zu können.«
»Werden Sie über die Vorgänge auf der Erde auf dem laufenden gehalten?« erkundigte sich Atlan.
»Das kann man wohl sagen«, meinte Eysbert mit einem Seufzer. »Meine Verhaltensforscher kommen gar nicht mehr dazu, alles einlaufende Material auszuwerten. Aber eines läßt sich erkennen: Der Wunsch, zurück zur Heimat der Vorfahren, nimmt immer krassere Formen an. Viele Menschen sind daran zerbrochen, daß ihre Vorfahren aus verschiedenen Erdteilen stammen. Sie konnten das Dilemma psychisch nicht bewältigen. Viele haben den Verstand verloren. Die Erde ist ein riesiger Schmelztiegel, in dem sich
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