Silberband 075 - Die Laren
Teleporter, das glaubte man zu wissen, konnten bei ihren Sprüngen auch von den Wundergeräten larischer Technologie nicht angemessen werden.
Die MARCO POLO bewegte sich auf einem Kurs, der sie annähernd senkrecht zur allgemeinen Ebene der Planetenbahnen aus dem Sonnensystem hinausführen würde. Sie hatte die irdische Atmosphäre kaum hinter sich gelassen, da begannen ihre Triebwerke mit Vollschub zu arbeiten. Das riesige Fahrzeug entwickelte eine Beschleunigung von über 600.000 Metern im Sekundenquadrat oder 60.000 Gravos. Acht Minuten später, als sie knapp die Hälfte der Lichtgeschwindigkeit erreicht hatte, drang die MARCO POLO in den Linearraum ein.
Diese Fahrt, darüber war jeder der Eingeweihten sich im klaren, galt der Zukunft nicht nur der Menschheit, sondern aller Sternenvölker der Milchstraße. Im Verlaufe dieser Fahrt würde sich erweisen, ob das Bündnis von Terranern und Provconern wirklich eine Aussicht hatte, dem Hetos der Sieben erfolgreich Widerstand zu leisten.
Das Bündnis zwischen Terranern und Provconern sollte versuchen, die Synthese zwischen der fortgeschrittenen Technologie der Provconer und den – vorläufig noch – nahezu unbegrenzten Ressourcen des Solaren Imperiums zu vollziehen. Wenn terranische Wissenschaftler und Techniker dazu gebracht werden konnten, die larische Technologie in dem Maße zu verstehen, daß sie sie nachzuahmen vermochten, dann war es ein leichtes, die Industrie des Solaren Imperiums so anzukurbeln, daß sie Erzeugnisse dieser Technologie in Massen produzierte und dadurch den Mengennachteil wettmachte, unter dem die provconische Revolution bisher gelitten hatte.
Das war der Grundgedanke. Inwiefern er realistisch war, darüber gab es verschiedene Meinungen. Besonders einer war in den vergangenen Tagen immer pessimistischer geworden: Perry Rhodan. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Bündnisses war, daß das Solare Imperium weiterhin wie bisher unkontrolliert über seine Ressourcen verfügen konnte.
Perry Rhodan war sicher, daß die Laren den Terranern diese Freiheit in Kürze nehmen würden. Trotzdem war auch für ihn diese Fahrt nach Point Allegro – oder Provcon-Faust, wie es die Provconer nannten – eine der wichtigsten, die er je in seinem Leben unternommen hatte.
Kell Peppoing saß an der Konsole des Kontrollrechners, in dem alle Fäden des Computersystems der MARCO POLO zusammenliefen. An Bord des Flaggschiffs war es Nacht.
Kell war ein junger Systemanalytiker, der eben die zweite Fahrt an Bord der MARCO POLO mitmachte. Er war hochgewachsen und schlank, und obwohl seine Versetzung zur Besatzung des Flaggschiffs schon vor mehr als einem Monat erfolgt war, war er immer noch begeistert über die Auszeichnung, die ihm damit zuteil geworden war. Man hatte ihn nicht ursprünglich zur Nachtschicht eingeteilt. Er war so kameradschaftlich gewesen, diese Schicht von einem älteren Kollegen zu übernehmen, der sich nicht so recht wohl fühlte, ohne sich jedoch krank melden zu wollen.
Kell hatte nichts dagegen. Während der Nacht war er allein in dem großen, halbdunklen Kontrollraum, der außer dem Kontrollrechner auch noch Dutzende von Peripheriegeräten enthielt, deren einziger Daseinszweck war, die komplizierten Rechenanlagen des riesigen Raumschiffs selbst unter widrigsten Umständen funktionsbereit zu erhalten. Kell Peppoing war wohl darüber informiert, daß das Computersystem der MARCO POLO ein selbständiges, unabhängiges, selbstkontrollierendes und selbstreparierendes Gebilde war. Er wußte ebenso, daß der Mensch in die Tätigkeiten dieses Gebildes nur dann einzugreifen brauchte, wenn von außen her eine gewaltsame Veränderung vorgenommen wurde, im Falle eines Gefechts zum Beispiel, wenn die MARCO POLO einen Treffer erhielt. Er saß also nur deswegen hier, weil die Möglichkeit bestand – wie entfernt sie auch immer sein mochte –, daß das Flaggschiff tatsächlich mit Wirkung beschossen wurde. Kell machte sich nichts daraus. Er hielt diese Möglichkeit für äußerst unwahrscheinlich.
Er sah auf, als er weit hinter sich das Geräusch eines sich öffnenden Schotts hörte. Seine an das Halbdunkel gewöhnten Augen erkannten Ling Temvaughn, den Chefanalysten, der um diese Zeit eigentlich hätte in seiner Koje liegen sollen. Kell grüßte mit einer Handbewegung. Temvaughn winkte zurück und begab sich auf dem kürzesten Weg zu einer Konsole, die, von Kell aus gesehen, am anderen Ende des Raumes lag.
Der Vorfall
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