Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
als Wächter im Korridor zurückblieben, während die anderen weitermarschierten, um das Schiff endgültig zu erobern.
»Goshy, hör gut zu!«, sagte der Mausbiber in das immer noch aktivierte Funkgerät seines Schutzanzugs. »Die Glovaaren haben mich zwar nicht dazu aufgefordert, aber früher oder später werde ich dir mitteilen müssen, dass du ihnen das Schiff übergeben sollst. Sie wollen zu einem Planeten der nächsten Sonne – also hat der Stern, den wir ansteuerten, tatsächlich einen Planeten. Es wird gut sein, wenn wir ihnen den Gefallen tun und sie dort hinbringen. Sie haben uns versprochen, auszusteigen und uns in Ruhe zu lassen. Ich verstehe auch nicht, warum sie nicht einfach mit ihrem Beiboot hinfliegen, aber von Logik scheint bei ihnen keine Spur vorhanden zu sein. Selbst mit halber Lichtgeschwindigkeit würden sie nur ein paar Tage benötigen, und ihr Boot erreicht mit Sicherheit eine höhere Geschwindigkeit.«
Natürlich konnte er keine Antwort erwarten, da das Funkgerät nur auf Senden eingestellt war, aber er hoffte, dass Goshmo-Khan ihn auch diesmal empfing. Das Öffnen der Schleuse hatte die bisherige einseitige Verbindung bestätigt.
»Das alles ist ein ganz verfluchter Mist!«, beschwerte sich Bully, der lange nichts mehr gesagt hatte, weil er an den vielen telepathischen Unterhaltungen zwischen Gucky und Lloyd einerseits und den Glovaaren andererseits nicht teilhaben konnte. »Ich muss gestehen, dass ich mit dem bisherigen Erfolg des Unternehmens ganz und gar nicht zufrieden bin.«
»Du kannst zufrieden sein, wenn du in ein paar Stunden noch lebst«, beschied ihm Gucky. »Aber ich habe noch eine stille Hoffnung, über die ich leider nicht sprechen darf, weil ich sonst daran denken müsste.«
»Welche?«, fragte Bully voreilig.
Gucky hätte ihm einen bitterbösen Blick zugeworfen, wenn das möglich gewesen wäre. Er sagte aber nur: »Du bist kein Telepath, deshalb verstehst du das nicht. Und jetzt versuch zu schlafen. Wir haben noch ein wenig Zeit, bis wir handeln müssen.«
Abermals konzentrierte sich Gucky auf wirr sendende Imphts. Intensiv versuchte er, Kontakt aufzunehmen, was ihm auch diesmal nicht vollkommen gelang. Immerhin erreichte er genau das, was er wollte.
***
Der Kleine Kondor erwachte allmählich aus seinem Schlaf, der Jahrmilliarden gedauert hatte. Zum ersten Mal formten sich seine Gedanken und Erinnerungen zu konkreten Mustern, und selbst das, was während des Schlafs geschehen war, entstand in bildhafter Form aus dem Nichts heraus.
Zuerst war die Flucht gewesen. Als die beiden Milchstraßen kollidierten und die gewaltigen Beben seine Welt zu zerreißen drohten, war er mit der Station und vielen hundert Artgenossen geflohen, um eine neue Heimat zu finden. Dann war die Aufgabe gekommen, der sich alle Flüchtlinge unterworfen hatten. Sie mussten sterben, um später leben zu können – wenn auch nur für kurze Zeit. Die ahnungslosen Nachkommen – wenn es welche gab – sollten erfahren, warum ihre Welten zerstört worden waren. Und es sollte ihnen geholfen werden, falls sie der Hilfe bedurften. Und so starb der Kleine Kondor. Die Erinnerung gab nur den Eindruck eines endlosen Schlafs wieder, bis eines Tages etwas Unbegreifliches geschah.
Eine gewaltige Kraft riss ihn von einer Sekunde zur anderen aus dem Gefüge seiner Ewigkeit und schleuderte ihn – so wenigstens musste es ihm erscheinen – in eine fremde Dimension, in eine fremde Welt. Er war tot, aber für Bruchteile von Sekunden war das Bewusstsein zurückgekehrt, und es kehrte immer wieder zurück, bis sein telepathischer Hilferuf gehört wurde.
Man holte ihn aus dem Berg des strahlenden Materials, das unter der Oberfläche eines unbekannten Planeten lagerte – und wieder erlosch sein Bewusstsein. Er starb abermals.
Doch nun erwachte er erneut. Ein Impuls war es gewesen, ein telepathischer Impuls, der von einem der Imphts verstärkt wurde – und der ihm galt! Ja, er galt ihm, den der fremde Telepath ›Kleiner Kondor‹ nannte. Die Erinnerung war nur schwach, aber sie war vorhanden. Vage Eindrücke und verschwommene Fetzen des traumhaft Erlebten, mehr nicht. Noch einmal sah er sich in dem Berg des strahlenden Materials, in einer winzigen Höhle, eingekeilt und rettungslos verloren. Der fremde Telepath war plötzlich bei ihm – also auch noch ein Teleporter!
Der Kleine Kondor – er hatte den Namen aus Dankbarkeit angenommen, obwohl er anders hieß – bemühte sich, zum letzten Mal zum Leben
Weitere Kostenlose Bücher