Silberband 079 - Spur des Molkex
der Mutanten verlief weiterhin planmäßig und war nach einer halben Stunde abgeschlossen. Als Letzte übernahm die Matrone den Bewusstseinsinhalt des Spähers Son Okura.
Über Funk rief Krohl die Leute von der TALLAHASSEE wieder herbei und trug ihnen auf, das technische Gerät abzubauen und zu verstauen. Er selbst mit seinen sieben Begleitern begab sich auf dem schnellsten Weg wieder an Bord des Raumers zurück. Dort unterzogen sich die Mitglieder des Einsatzkommandos zunächst einer medizinischen Untersuchung, in der die Auswirkungen des Mutanten-Transfers auf ihre seelische und körperliche Konstitution ermittelt werden sollten. Für die Diagnose selbst wurden ausschließlich positronische Sensoren eingesetzt.
Der Schiffsarzt, ein kleines, quecksilbriges Männchen undefinierbaren Alters und mit dem eigenartigen Namen Paratü Hoplong, beschränkte sich darauf, die von den Sensoren ermittelten Werte im Auge zu behalten. Im Großen und Ganzen zeigte er sich mit dem Ergebnis der Untersuchung überaus zufrieden. Er versammelte die acht Bewusstseinsträger im Vorraum des Bordlazaretts und verkündete ihnen mit leuchtenden Augen: »Sie haben sich alle hervorragend gehalten! Bei keinem von Ihnen ist ein ernst zu nehmender Schaden aufgetreten. Wir werden uns von nun an öfter sehen, da ich gehalten bin, wie ein Luchs über Ihren Gesundheitszustand zu wachen. Wenn ich aber eine private Meinung äußern darf, so möchte ich sagen, dass wir meiner Ansicht nach diese Reise ohne Zwischenfälle hinter uns und die für uns wertvollen Mutanten-Bewusstseine wohlbehalten an ihren Bestimmungsort bringen werden.«
Thomas Kantenberg fiel vorläufig ein Stein vom Herzen.
Er zog sich sofort in sein Quartier zurück. Er musste mit sich allein sein, mit sich zu Rate gehen. Unten, im Felsengang, hatte er die Angst einfach beiseite geschoben, weil ihm keine andere Wahl blieb. Jetzt war es erforderlich, dass er sich über seine Lage klarwurde: Bedeutete die Anwesenheit des Mutanten-Bewusstseins eine Gefahr für ihn oder nicht?
Er bedauerte zutiefst, dass er von Psionik nichts verstand – und das, obwohl er selbst latente Psi-Gaben besaß. Wenn er tief in sich hineinhorchte, so vermochte er kaum noch eine Spur der Anwesenheit des fremden Bewusstseins zu finden. Und dennoch spürte er ganz deutlich, dass es da war, dass es wachte und dass es all seine Geheimnisse im Nu durchschaut hatte. In welcher Form existierte der Mutant in ihm? War er ein aktives Bewusstsein, das auf neue Erkenntnisse reflektierte, Pläne entwickelte, zu handeln versuchte? Oder war es nur ein passiver Geist, der zwar Thomas Kantenbergs Vorhaben kannte, sich davon aber nicht beeindrucken ließ? Ging von Tako Kakuta wirklich Gefahr aus … oder hatte er sich das alles nur eingebildet?
Er empfand es als merkwürdig, dass Kakuta zwar seinen Bewusstseinsinhalt, er aber nicht das Bewusstsein des Mutanten einsehen konnte. Er kannte das Prinzip nicht, wonach bei zwei im selben Medium residierenden Bewusstseinen jeweils dasjenige, das die Kontrollfunktionen ausübte, mit dieser Tätigkeit so beschäftigt war, dass ihm das andere Bewusstsein als undurchsichtig erschien. Das andere Bewusstsein dagegen hatte so viel Kapazität frei, dass es mit seinem ›inneren Auge‹ den Nachbarn verhältnismäßig mühelos durchdringen konnte. Das alles wusste Thomas Kantenberg nicht. Es war ihm lediglich klar, dass seine Absichten vor Tako Kakuta ausgebreitet lagen wie ein aufgeschlagenes Buch, während er von Kakutas Gedanken nicht die geringste Ahnung hatte.
Etwas vorschnell schloss er daraus, dass das Bewusstsein des Mutanten nicht besonders aktiv sein könne. Vermutlich befand es sich in einer Art Schlafzustand. Der Aufenthalt in dem Körper des latenten Mutanten brachte für Kakuta eine gewisse Unannehmlichkeit mit sich. Es lebte sich dort nicht so gut wie in den PEW-Adern von Wabe 1000. Dieser Unannehmlichkeit, glaubte Kantenberg, entzog sich Kakuta dadurch, dass er einfach in tiefen Schlaf versank. Aus dieser Inaktivität des Mutantengeistes schließlich resultierte, dass Kantenberg ihn nicht zu durchschauen vermochte.
So beruhigte er sich selbst und redete sich ein, dass ihm keinerlei Gefahr drohe. Er blickte auf das Chronometer und stellte überrascht fest, dass er sich schon seit fast einer Stunde in seinem Quartier befand. Die TALLAHASSEE hatte sich noch nicht gerührt. Sie lag noch immer in der Felsspalte an der Oberfläche des Felsklotzes, und auf dem kleinen Schirm in
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