Silberband 081 - Aphilie
»In Ordnung. Sie sind Casaya. Warum haben Sie die Gruppe verlassen? Sollen wir alle erledigen?«
»Nein, ganz im Gegenteil«, erwiderte Casaya. »Es ist einer zu uns gestoßen, der den Weg zum Transmitter kennt. Ihr müsst uns unbehelligt lassen, damit er uns direkt zu Roi Danton bringt.«
»Wie ist es möglich, dass jemand unbemerkt durch unsere Linien kommen konnte?«, staunte der Soldat.
Casaya grinste. »Die Verrückten sind klüger, als man denkt.«
»Behalten Sie Ihre Weisheiten für sich und kehren Sie zu Ihrer Gruppe zurück, bevor Ihr Verschwinden auffällt.«
»Vorher will ich mit dem Kommandanten unter vier Augen sprechen.«
»Ich bin der Kommandant«, sagte der Soldat. Er gab seinen Leuten einen Wink, sich zurückzuziehen.
Als die anderen außer Hörweite waren, sagte Casaya: »So nahe am Ziel kann ich keinerlei Risiko eingehen. Bisher haben die Null-A gegen mich noch keinen Verdacht geschöpft. Aber das allein genügt mir nicht. Ich möchte, dass sie in mir so etwas wie einen Helden sehen. Das würde den letzten Rest von Misstrauen beseitigen.«
»Hm, verstehe. Wie wollen Sie sich ihre Gunst erkaufen?«
»Zum Beispiel, indem ich die Gruppe aus einer ausweglosen Situation rette. Sie brauchen nur zwei oder drei Ihrer Leute zu opfern, dann bin ich voll in die OGN integriert. Schicken Sie mir drei Männer nach, die Sie entbehren können. Sagen Sie ihnen nur nicht, was sie erwartet.«
»Natürlich nicht. Ich kann von niemandem erwarten, dass er freiwillig in den Tod geht.«
Casaya hatte den Kommandanten für seinen Plan gewonnen. Er begab sich zurück zur Höhle. Wenn er angestrengt lauschte, vernahm er hinter sich das Geräusch schleichender Schritte.
»Onkel Andor …«
Casaya wirbelte herum. Keine vier Schritte entfernt stand eines der beiden Kinder seiner Gruppe. Es war das Mädchen, sieben Jahre alt.
»Hast du mich erschreckt«, sagte Casaya. Sein erster Gedanke war, das Mädchen als lästige Zeugin zu beseitigen. Womöglich hatte sie sein Gespräch mit den Soldaten belauscht, wie vor einigen Tagen Ainra. Aber wenn man sie tot fand, würde der Verdacht sofort auf ihn fallen, weil er Wache hatte.
»Ich bin aufgewacht«, fuhr das Mädchen fort. »Ich hatte solche Angst und wollte zu dir. Aber du warst nicht da. Wo warst du?«
Casaya hielt die Hand schon am Strahler. Da kam ihm der rettende Gedanke.
»Ich war da«, behauptete er. »Aber ich habe mich einige Schritte vom Höhleneingang entfernt. Als ich zurückkam, merkte ich, dass du verschwunden warst. Also machte ich mich auf die Suche.« Er legte dem Mädchen den Arm um die Schultern und sagte mit einem Seufzer der Erleichterung: »Bin ich froh, dich gefunden zu haben.«
Als sie die Höhle erreichten, kam ihnen schon der Vater der Kleinen entgegen. Casaya übergab sie ihm und flüsterte dabei: »Still! Ich habe wieder ein Geräusch gehört. Geht in Deckung!« Er hob den Thermostrahler, an dessen Lauf ein Scheinwerfer montiert war, und zielte in die Richtung, aus der sich die drei Soldaten nähern mussten. Als er das Geräusch eines knackenden Astes vernahm, schaltete er den Scheinwerfer ein. Drei Gestalten blieben im Lichtkegel wie gebannt stehen.
»Alarm!«, rief Casaya und feuerte. Die überraschten Soldaten hatten keine Chance. Sie wurden von den Thermostrahlen sofort getötet.
»Wir müssen aufbrechen!«, rief Casaya in die Höhle hinein. »Wer weiß, vielleicht sind noch mehr von diesen Hunden in der Nähe.«
Kaum eine Minute später waren alle auf den Beinen. Casaya setzte sich an ihre Spitze und führte sie sicher durch die Linien der Soldaten. Als im Morgengrauen ihr Lotse die Führung übernahm, kam die Mutter des Mädchens zu Casaya und bedankte sich bei ihm dafür, dass er ihre Tochter gerettet hatte.
Casaya war zufrieden. Sein Plan war aufgegangen. Die Null-Aphiliker hatten ihn voll und ganz als einen der ihren anerkannt.
Noch vor Mittag erreichten sie das Unberührte Tal. Zuerst dachte Casaya, dass ihr Führer sie getäuscht hatte. Nirgends war auch nur eine Spur der angeblich in die Tausende gehenden Null-Aphiliker zu entdecken.
Doch als sie den Grund des Tals erreichten und durch die Büsche in die Schlucht eindrangen, beruhigte sich Casaya wieder. Hier unten wimmelte es von Menschen, hier lagerte das Pestgeschwür der Menschheit. Und dort, an der vorgewölbten Felswand, stand der Fluchttransmitter.
Casaya war endlich am Ziel. Er hoffte nur, dass die Soldaten den Kontakt zu ihm nicht verloren hatten und seinen
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