Silberband 081 - Aphilie
wenigen Tagen gestartet war. Er wünschte sich, an Bord dieses Schiffs zu sein, unter Gleichartigen, vor denen er sich nicht verstellen musste.
Seufzend stellte er den Kaffeebecher auf das Schaltpult. Dabei fiel sein Blick auf den Schirm, der den Sektor ET-2479 zeigte, einen Korridor, der die Standplätze der Wartungsroboter des Typs ELOTH mit der Sektion T-2479 der Hyperinpotronik verband.
Percellar stutzte. Im ersten Augenblick erschien alles völlig normal. Ein ELOTH-Roboter marschierte durch den Korridor in Richtung der Sektion T-2479. Dennoch war das nicht normal, denn die Wartungsroboter aus diesem Sektor unterstanden dem Kontrollkreis, den Kerlott Percellar überwachte. Nur von seinem Schaltpult aus konnten die Roboter in Bewegung gesetzt werden.
Aber Percellar hatte keinen einzigen Roboter aktiviert. Es bestand kein Anlass dazu, denn in Sektion T-2479 arbeitete bereits eine Gruppe von Wartungsrobotern. Sie waren mit der normalen routinemäßigen Wartung von Bioponblöcken beauftragt und würden erst in zwei Tagen abgelöst werden.
Unter anderen Umständen hätte Percellar seine Beobachtung sofort an die Zentrale gemeldet. Doch gegenüber der aphilischen Menschheit empfand er keine Loyalität im gewohnten Sinn. Er beschloss daher, gegen die Dienstvorschriften zu verstoßen und sich die Sache persönlich anzusehen.
Als der Roboter die Energiebarriere passierte, strahlte er seinen Erkennungskode aus. Der Kode wurde im Kontrollraum sichtbar gemacht, deshalb wusste Percellar, mit welchem seiner Wartungsroboter er es zu tun hatte. Er befahl der Maschine, den nächsten Untersuchungsraum aufzusuchen und dort zu warten. Der Roboter reagierte nicht. Vielmehr setzte er seinen Weg ins Innere von NATHAN fort.
Das war einmalig. Der Befehl konnte von dem Roboter nicht ignoriert werden. Nicht einmal, falls jemand seine Positronik umprogrammiert hatte. Die einzige denkbare Möglichkeit erschien Percellar so phantastisch, dass er einfach nicht daran glauben konnte. Wieder überlegte er, ob er seine Zentrale über den inzwischen höchst verdächtigen Vorfall unterrichten sollte – und erneut verwarf er den Gedanken.
Allerdings war er sich klar darüber, dass er den beeinflussten Roboter nicht tiefer in die Hyperinpotronik eindringen lassen durfte. Das Wissensgut von NATHAN war der kostbarste Schatz der Menschheit, und sie brauchte es gerade jetzt, in ihrer kritischen Phase, dringender denn je. Kerlott Percellar hätte niemals zugelassen, dass jemand die Menschheit dieses kostbaren Schatzes beraubte.
Er überlegte nur kurz, dann aktivierte er eine so genannte Wanderfalle, ein starkes hyperenergetisches Kraftfeld, das sich durch die Gänge und Hallen von NATHAN steuern ließ und jeden Eindringling einfangen konnte.
Ein Leuchtpunkt im betreffenden Kontrollholo zeigte dem Robotiker die jeweilige Position der Wanderfalle, sodass er sie mühelos dirigieren konnte. Als der Roboter von dem unsichtbaren Kraftfeld eingeschlossen war, schaltete Percellar es auf Stabilisierung. Die Bewegungen des Roboters erstarben abrupt, als sei er übergangslos in einen durchsichtigen Plastikwürfel eingegossen worden. Da er unbewaffnet war, besaß er keine Möglichkeit, sich aus eigener Kraft aus dem Feld zu befreien.
Kerlott Percellar verzichtete darauf, den Roboter über eine normale Rundrufschaltung anzusprechen. Jemand hätte zufällig mithören können, und das wäre für ihn selbst gleichbedeutend mit einem Todesurteil gewesen. Stattdessen schaltete er seine Kontrollen auf Automatik, verließ den Raum und bestieg einen offenen kastenförmigen Schweber. Er brauchte nur Minuten, um den Roboter zu erreichen. Über abhörsicheren Richtfunk sprach er den Roboter an.
»Ich bin Kerlott Percellar. Wer hat Sie geschickt?« Als er keine Antwort erhielt, fuhr er fort: »Ihr Schweigen ist sinnlos. Da der Roboter völlig regelwidrig gehandelt hat, muss sich jemand an seine Überbrückungsschaltung angeschlossen haben, um unerlaubt in NATHAN einzudringen. In dem Roboter aber hat kein normaler Mensch Platz – es sei denn, er wäre ein Siganese.«
Er hielt den linken Arm mit dem Multifunktionsarmband angewinkelt. Zwar erfolgte keine optische Übertragung, doch eine leise Stimme erklang: »Cäsar sagte, der Mensch sei hilfreich, edel und gut, aber er hat nichts davon gesagt, dass er auch schlau sein soll.«
Gegen seinen Willen musste Percellar lächeln. »Das hat nicht Cäsar gesagt, sondern Goethe«, erwiderte er. »Was, zum Kuckuck, suchen Sie
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