Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
Handbewegung lud Rhodan Mandruga ein, Platz zu nehmen. Der Mann machte den Eindruck unerschütterlicher Zuverlässigkeit. Er war in seiner Abteilung der ruhende Punkt, aber sobald er handelte, wurde er ein kleiner Tornado. Ruhig erkundigte sich Rhodan: »Ich verstehe nicht ganz, was Sie wollen. Soll ich mich nur an Sie erinnern oder haben Sie mir Vorschläge zu unterbreiten?«
Sie mussten laut sprechen. Um sie herum waren Lärm und Lachen, klirrende Gläser und knallende Korken. Musik hing in der Luft. Das Schiff schien im Takt zu schwingen, aber das war natürlich eine Illusion.
»Es ist einigermaßen unwahrscheinlich«, sagte Mandruga, »dass wir in dieser winzigen Galaxis einem hoch entwickelten Raumfahrervolk begegnen.«
»Das hat auch die Auswertung ergeben.« Rhodan beugte sich vor. Es war verständlich, dass jeder versuchte, als einer der Ersten einen fremden Planeten zu betreten. Ihm selbst erging es nicht anders. Um seine Lippen spielte ein zurückhaltendes Lächeln, als er sagte: »Ich habe keinerlei Interesse daran, mich in Auseinandersetzungen hineinziehen zu lassen. Ich will nach Hause! Wir brauchen vor allem Frischwasser und Frischfleisch.«
»Nichts anderes dachte ich. Außerdem haben alle in der SOL es bitter nötig, auf richtigem Erdboden zu laufen, sich in die Sonne zu legen oder in einem echten Fluss zu schwimmen.«
»In Ordnung«, sagte Rhodan nachdenklich. »Bereiten Sie mit Ihrer Abteilung eine solche Mission vor. Die Astronomen werden uns einen geeigneten Planeten heraussuchen. Ich schätze, in zwei Tagen landen wir irgendwo. Bis dahin sind mit Sicherheit die letzten Brummschädel auskuriert.«
Er schüttelte Mandruga die Hand und stand auf. Im Augenblick interessierten ihn Probleme wenig. Er wollte mit seinen Freunden feiern. Im Lauf dieses Tages gelang ihm das auch mühelos.
Zeit: 5. Juli 3578 – vier Uhr dreißig
Ort: Fernorbit um Last Stopp
Mission: Start nach Last Stopp
»Jede Menge Glück! Und Sie bleiben in steter Funkverbindung mit uns«, sagte Rhodan und drückte Mandruga hart die Hand. Fünfundzwanzig Besatzungsangehörige standen in der Hangarschleuse, sie trugen leichte Raumanzüge. Neben Mandruga stand eine auffallend gut aussehende Frau, kaum älter als siebenundzwanzig. »Sie wissen, was von Ihrem Einsatz abhängt?«
»Wir wissen es«, erklärte Kishin. Seine braunen Augen blickten ruhig um sich. »Ich bin sicher, dass wir auf Last Stopp alles finden, was wir brauchen.«
Die Korvette, mit der jene fünfundzwanzig Pioniere starteten, war für solche Missionen ausgestattet. Kishin hatte sie selbst fünfmal auf fremden Planeten gelandet. Schließlich brauchte man Gewissheit darüber, ob der Planet der gelben Sonne lebensfeindlich war oder ihren Nachschubbedarf befriedigen konnte. Und alle Messungen aus dem Orbit waren nur Theorie, solange nicht ein Test das Ergebnis bestätigte.
»Starten wir«, sagte Kishin knapp.
»Last Stopp – nicht gerade ein schöner Name, doch zutreffend! Und der Planet sieht recht einladend aus.«
Kishin schüttelte langsam den Kopf und wandte sich an Parsena Parman, seine Gefährtin und die leitende Biologin der Pioniere. »Das würdest du sogar von einem eisbedeckten Asteroiden behaupten. Du bist zu jung, um zu wissen, was ein Planet ist. Ich wurde immerhin noch auf der Erde geboren.«
»Richtig, alter Mann!« Parsena lachte und widmete sich wieder der Panoramagalerie. Aus nahe liegenden Gründen hatte die zweite Welt der gelben Sonne ihren Namen erhalten; es sollte der ›letzte Halt‹ auf dem langen Weg zum solaren System sein.
Jeder an Bord kannte die Daten der Erde, der Heimatwelt, die sie verloren hatten. Last Stopp war ihr ähnlich. Aber nicht mehr. Die Korvettenbesatzung sah treibende weiße Wolken und darunter Land und Wasser, die Wolkenschatten und den grellen Widerschein der Sonne auf dem Wasserdampf. In der Äquatorebene durchmaß der Planet nur 9.982 Kilometer, und die Schwerkraft war unmerklich höher als gewohnt. Aber niemand würde ohne Präzisionsinstrumente diesen Unterschied herausfinden können. Der Tag dauerte nur siebzehn Stunden zweiundvierzig Minuten und sechseinhalb Sekunden.
»Ein schönes Bild«, flüsterte Parsena und streifte ihr schwarzes Haar zurück. »Ein Planet, der die Erde sein könnte.«
»… aber nicht die Erde ist«, widersprach Kishin lakonisch.
»Wann wird uns Rhodan mit einem Teil des Schiffs folgen?«
»Sobald wir wissen, dass Last Stopp ungefährlich ist.«
Fast siebenundzwanzig Grad
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