Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
Vorräte hatten ergänzt oder ersetzt werden müssen. Aber sie waren vollständig wieder entladen und im Magazin gelagert worden.
SENECA behauptete, dass die geheimnisvollen Elemente des Planeten mit dem Schiff eine integrierte, unlösbare Verbindung eingegangen waren. Niemand misstraute dieser Antwort, weil niemand SENECA misstraute. Die Hyperinpotronik sagte in diesem Fall die böse Wahrheit.
Galbraith Deighton vertrat Rhodan, der sich zurückgezogen hatte. Nach dem letzten Funkspruch des davonrasenden Schiffsteils griff die Hoffnungslosigkeit wieder um sich.
»Sollen wir Rhodan verständigen, Sir?«
Deighton schüttelte den Kopf. Auch er spürte die Verzweiflung. Schon der geringste Hinweis auf einen Gegner oder ein Problem hätte genügt, Tausende zum Handeln oder zum Kampf zu bewegen – aber es gab nichts.
»Perry hat seine Ruhe verdient. Allerdings bezweifle ich, dass er wirklich schlafen kann. Starten Sie die Korvette! Verdammt teurer Schrott!«
Zu neunundneunzig Prozent war die Zentralecrew davon überzeugt, dass der neue Versuch sinnlos und überflüssig war. Aber ein Prozent blieb Hoffnung. Sei es, dass sie aus den Spektren der Detonation herauslesen konnten, was das Schiff zerstörte, oder sei es, dass die Eigenart des Stoffes sich während des Wartens verflüchtigt hatte – ein Prozent Hoffnung blieb …
»Achtung! Start!«
Niemand war in der Nähe der Korvette, als die Antigravprojektoren das Schiff von den magnetischen Verankerungen lösten und aus dem Hangar schweben ließen.
»Alle Systeme in Ordnung«, murmelte jemand.
Ein Schwarm von Mess-Sonden folgte der Korvette. Die Geschwindigkeit nahm zu, ebenso die Flughöhe.
Einige Minuten vergingen.
Die Beobachter hatten wenig Illusionen. Auch als die kritische Distanz erreicht wurde und die Daten reichlicher flossen, war keinerlei Anspannung zu erkennen.
»Ihr werdet es sehen. Nichts geschieht. Nur die Korvette löst sich …« Der Ortungsspezialist beendete seinen Satz nicht. Soeben war das Beiboot detoniert. Grelles Licht überschüttete die Gesichter aller.
»Vorbei«, murmelte Deighton. »Und die Daten werden keine neuen Einsichten vermitteln.« SENECAs knapp gefasste erste Auswertung, die kurze Zeit auf den Schirmen zu lesen war, bestätigte die Skepsis aller Fachleute.
Es gab keine Erklärung.
Nicht einmal eine Hypothese, an die man sich klammern konnte. Die ersten Teams bereiteten weitere Untersuchungen außerhalb des Schiffs vor.
Kishin Mandruga verbrannte sich fast an dem kochend heißen Kaffee. Er nickte Parsena zu und warf einen Blick auf die Zeitansage. »Ich hoffe, das war der letzte Versuch. Jedes Mal denke ich, eine Nova entdeckt zu haben.«
Ihr Gleiter stand neben dem kleinen Iglu auf der Spitze des Hügels. Der Chef der Pioniere hatte in den letzten Tagen etliche Flüchtende in seinem Gebiet entdeckt.
»Wie soll alles enden?«, fragte die Biologin.
»Niemand auf diesem Planeten kann die Frage beantworten, schönste aller weiblichen Pioniere.« Kishin trank bedächtig und setzte dann nachdenklich hinzu: »Vielleicht gibt es jemanden oder etwas auf Last Stopp. Wenn das so ist, finden wir ihn.«
»Oder er uns!«, sagte Parsena leise.
Kishin lachte rau. Er war übermüdet und gereizt, aber er dachte nicht einmal flüchtig daran, sich seiner Verantwortung zu entziehen wie jene fünfundzwanzig Leute aus dem Schiff, deren Fluchtwege sie inzwischen genau kannten.
»Er hat uns schon gefunden!«, versicherte Kishin grimmig und trank den Rest Kaffee aus.
In dieser Nacht hatten Parsena und Kishin Wache in der Nähe des Schiffs. Was die Pioniere von den Frauen und Männern im Schiff unterschied, war der Umstand, dass Kishins Leute eine Aufgabe hatten.
Allein während der nächsten Stunden bemerkten sie durch die Infrarotoptiken Dutzende Menschen, die mit Gepäck das Schiff verließen und fast immer dieselben Pfade benutzten. Früher oder später trafen sie sich auch an denselben Plätzen weitab vom Schiff.
Rhodans Vorgehen in diesem Punkt war klug, basierte aber auf unsicheren Voraussetzungen. Weil die Schleusen nicht bewacht waren und Flüchtende nicht aufgehalten wurden, wirkten sie wie ein Ventil. Der Überdruck – nervöse, panikerfüllte Terraner – konnte entweichen.
Gleichzeitig hatten die Flüchtenden jede Chance, freiwillig zurückzukommen, falls sich die Lage änderte.
»Was denkst du?«
»Nichts«, sagte Mandruga. »Ich warte wie wir alle auf eine Überraschung. Wie lange? Ich weiß es nicht. In zwei
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