Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
Anwesenheit sofort verraten. Ich lege jedenfalls keinen Wert darauf, sofort feindselig empfangen zu werden.«
Lloyd grinste breit. »Merkwürdig – hat nicht gestern Abend jemand behauptet, die Fremden würden uns die Füße küssen, wenn wir kämen? Wer mag das gewesen sein …?«
Gucky schaute treuherzig zu ihm auf. »Man wird doch seine Meinung ändern dürfen«, gab er ungerührt zurück. »Das ist eine uralte Weisheit, und sie stammt von einem der alten terranischen Politiker aus deiner Jugendzeit. Der Mann soll nicht dumm gewesen sein.«
Fellmers Grinsen wurde schief. »Du bist auch nie um eine Ausrede verlegen. Okay, wir fliegen also. Der Tag ist hier ziemlich kurz, es muss schon fast Mittag sein.«
Sie flogen niedrig und in Deckung der Vegetation. Als sie die ersten Dörfer erreichten, schalteten sie die Deflektoren ein. Dafür, dass sie sich gegenseitig noch sehen konnten, sorgten die Antiflexblenden in den Helmen.
Die telepathischen Impulse des Unbekannten überlagerten alle anderen Ausstrahlungen. Schließlich wurden sie so stark, dass beide Mutanten ihre Parasinne vollständig blockieren mussten. »Dieser Bursche schreit so laut, dass es schon nicht mehr feierlich ist«, knurrte Gucky missmutig. »Vielleicht sollten wir vor der Stadt landen und versuchen, mit einigen Tonamern ins Gespräch zu kommen. Mit den Translatoren dürfte es kaum Schwierigkeiten geben.«
»Nützt uns das?«, gab Fellmer Lloyd über Helmfunk zurück. »Ich halte jede Wette, dass die Eingeborenen keine Ahnung davon haben, wer sich da in ihrer Mitte aufhält. Wer sich unter Primitiven als höheres Wesen aufspielt, zieht diese nicht ins Vertrauen.«
Sie erreichten die Stadt und bemerkten sofort die große Zahl von Tonamern, die sich in Richtung des Turms bewegten. Es mussten Tausende sein, und noch immer strömten viele über die Einzugsstraßen in die Mauern, während andere sie wieder verließen. Es wirkte so, als würde in der Stadt ein großer Jahrmarkt abgehalten, nur war weit und breit nichts von den dazugehörigen Attraktionen zu sehen.
Die beiden Mutanten schalteten die Triebwerke ihrer Raumanzüge ab und ließen sich, nur vom Antigrav gehalten, langsam über die Häuser hinwegtreiben. Erstmals konnten sie Tonamer aus der Nähe sehen, und Gucky schüttelte sich prompt. »Sind die Brüder hässlich«, bemerkte er. »Halbwegs menschlich sehen sie ja aus, aber diese knochigen Figuren und die Eulengesichter mit den spitzen Ohren – ob sie von Vögeln abstammen?«
Fellmer Lloyd wiegte den Kopf. »Das ist kein abwegiger Gedanke, Kleiner. Die merkwürdigen Hautlappen an ihren Körpern könnten durchaus an die Stelle von Federn getreten sein, die ihnen im Verlauf ihrer Evolution abhanden gekommen sind. Auch die runden Häuser würden dazu passen, sie erinnern auf jeden Fall an Nester. Heute betreiben sie allerdings sogar Schifffahrt, und der große Segler auf Reede sieht ausgesprochen hochseetüchtig aus.«
Sie schwebten auf den großen Platz mit dem fremdartigen Bauwerk zu. Gucky deutete nach unten. »Hier scheint sich tatsächlich etwas Besonderes abzuspielen, es scheint, als ob alle diese Leute nur deswegen in die Stadt kommen. Sieh nur, was die da vorn vor dem Bau treiben – die machen ja richtigen Kotau. Wie die alten Chinesen damals vor ihren Apfelsinen.«
»Mandarinen, Kleiner«, berichtigte Fellmer grinsend. Er war froh, dass Gucky endlich wieder zu seiner Normalität zurückgefunden hatte.
Der Ilt winkte großspurig ab. »Gut, du sollst Recht haben, ich habe heute meinen sozialen Tag. Aber wie geht es weiter? Wir könnten da unten landen und uns das Theater aus der Nähe ansehen.«
Fellmer Lloyd stimmte zu. »Okay, machen wir es so. Ortungsanlagen scheint es jedenfalls nicht zu geben, sonst hätte mein Armband schon angesprochen. Was die Leute da tun, interessiert mich aber nur am Rande. Wichtiger ist dieser Turmbau mit dem Sender. Das große Tor ist zwar geschlossen, aber vielleicht finden wir einen Hintereingang.«
»Sehr kommunikationsfreudig scheinen sie nicht zu sein«, stellte Gucky fest. »Sogar die Fenster in dem Bau bestehen aus Einwegglas.« Er ließ sich langsam auf die Stufen vor dem Gebäude absinken. Fellmer folgte ihm.
Das Gebaren der Tonamer wirkte aus der Nähe zwar merkwürdig, aber durchaus nicht komisch oder lächerlich. Sie schienen mit geradezu heiligem Ernst bei der Sache zu sein. Beide Mutanten hatten in Jahrhunderten so viele fremde Rassen und Sitten kennen gelernt, dass sie sich
Weitere Kostenlose Bücher