Silberband 087 - Das Spiel der Laren
Erscheinen des Vhrato abzuwarten. Wir sind noch immer überzeugt, dass er den Weg zu uns findet, auch wenn unser Schiff inzwischen ein Wrack geworden ist.
In der Kolonie lebten wir isoliert von den anderen, die nicht an den Vhrato glaubten. Sie machten uns zum Gespött aller Völker, die dort vertreten waren. Als sie unsere kleine Kirche niederbrannten, haben wir uns zur Flucht entschlossen. Einige von uns waren der Ansicht, im Raum seien wir dem Vhrato näher als auf dem Planeten.
Deshalb erstanden wir das Schiff und starteten. Wir waren eine kleine, glückliche Gemeinde, und wir wussten, dass wir richtig handelten. Ich will nicht vergessen zu erwähnen, dass wir sogar verfolgt wurden, weil jeder uns die Hoffnung auf eine bessere Zukunft missgönnte. Aber wir konnten entkommen.
Nach zwei Überlichtetappen fiel der Linearantrieb aus. Wir hatten keine Techniker an Bord, also flogen wir mit einfacher Lichtgeschwindigkeit weiter. Vor uns, etwa sieben Lichtjahre entfernt, stand eine gelbe Sonne, und die letzten Messungen hatten ergeben, dass sie von unbewohnten Planeten umkreist wird. Obwohl wir ohne Energieverbrauch flogen, gingen die Reserven zu Ende. Klimaanlagen, Heizung, Lufterneuerung und die notwendigsten technischen Einrichtungen verschlangen zu viel.
Doch wir geben die Hoffnung nicht auf. Vater De Monde liest uns täglich aus dem Buch des Vhrato vor, das er selbst verfasst hat. Seine Worte geben uns Kraft und stärken den Glauben. Die Lebensmittelvorräte würden noch einige Zeit reichen, aber wir frieren, und die Atemluft wird stickig. Die Funkanlage ist längst ausgefallen, wir können keinen Notruf aussenden.
Ich habe heute einen Entschluss gefasst, denn ich kann unser aller Leiden nicht länger mit ansehen. Ich werde die Luke öffnen und die Luft aus dem Schiff entweichen lassen. Vater De Monde soll seine letzte Predigt halten, denn heute – das ist der 8. September 3510 – ist es so weit.
Alle sind in ihre Kabinen gegangen, um zu schlafen. Ich bin allein in der Zentrale. Vor mir, sieben Lichtjahre entfernt, sehe ich die gelbe Sonne, die unsere Rettung bedeutet hätte. Der Vhrato ist nicht gekommen.
Ist unser Glaube deshalb falsch gewesen?
Mit dem letzten Rest der Energie werde ich die Luke öffnen.
Ich weiß nicht, ob jemand meine Aufzeichnung finden wird. Vielleicht wird bis dahin eine Ewigkeit vergehen, vielleicht nur Monate. Lasst unser Schiff so, wie es bald sein wird. Es wurde unser Sarg, und die Ruhe der Toten soll nicht gestört werden. In einer Minute werden wir tot sein …
Vater Perandez Doran
Oberhaupt der Sekte von der Wiederkehr des Vhrato.
Ras Tschubai klappte das dünne Buch zu.
»Das geschah vor über siebzig Jahren, Senco. So lange glauben Menschen bereits an den Vhrato. Es wird Zeit, ihnen die Wahrheit zu sagen.«
Der Emotionaut nickte langsam. »Jeder Glaube verlangt Opfer. Doran und seine Anhänger hätten früher oder später ihre Welt verlassen, wenn auch aus anderen Motiven. Sie waren Außenseiter ihrer Gesellschaft. Das soll keinesfalls bedeuten, dass ich ihren Tod nicht bedauere, ich will damit nur ausdrücken, dass wir mit dem Gespensterspiel aufhören müssen.«
Nach drei weiteren Linearetappen erreichte die SZ-2 ihr Ziel. Voraus stand eine dunkelrote, fahle Sonne.
Die Sonne Kennkant wurde von drei Planeten umlaufen, der zweite hieß Sormora und war eine feuchtheiße Urwelt mit tropischem Klima. Riesige Sumpfmeere, unzugängliche Urwälder und zahllose tätige Vulkane bestimmten sein Bild. Im Wasser entstand das erste Leben.
Niemand hätte vermuten können, dass die Terraner ausgerechnet auf dieser Welt eine wichtige Nachschubbasis errichtet hatten. Sie hatten dafür ein Gebiet gewählt, das festen Boden ohne vulkanische Tätigkeit garantierte.
Tief unter der Oberfläche von Sormora lagerten die zwölf Meter durchmessenden Treibstoffkugeln aus Ynkelonium-Terkonit-Stahl, die eine überschwere Masse komprimierter, positiv geladener Protonen enthielten. Diese Minisonnen mit nur 5,58 Kubikmetern wogen 200.000 Tonnen und wurden innerhalb der größeren Stahlkugel von Energiefeldern fixiert.
Jene Waringschen-Koma-Verdichtungsfelder, die den konzentrierten Treibstoff hielten, benötigten große Mengen Energie, die von unterirdischen Kraftwerken erzeugt wurden. Diese Zufuhr durfte auch dann nicht versiegen, wenn die Kugeln verladen wurden.
»Keine Echos feststellbar«, meldete der leitende Offizier in der Kommandozentrale der SZ-2. »Die harte Sonnenstrahlung
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