Silberband 091 - Die Terra-Parouille
geschulten Verstand war die Entwicklung zu schnell gekommen. Er hatte nicht untätig mit ansehen wollen, wie die drei Ahnungslosen getötet wurden, und war bereit gewesen, den Mann und seinen Roboter vorübergehend auszuschalten – und jetzt das! Kulliak wusste nicht, was er davon halten sollte. Offenbar hatte der Roboter die ganze Zeit über Theater gespielt. Es war ihm niemals in den Sinn gekommen, bei dem Anschlag mitzuhelfen, obwohl er selbst den Plan entworfen hatte.
Kulliak Jon beobachtete den Ka-zwo, wie er sich den reglosen Körper des Bulligen über die Schultern legte, zum Hintergrund der Plattform schritt und in einem Korridor verschwand. Es fiel Kulliak nicht schwer, sich auszumalen, dass das Maschinenwesen auf dem Weg nach unten war, zu den drei Ahnungslosen, von denen zwei – durch den Lärm aufgeschreckt – verwundert in die Höhe blickten und zu ergründen versuchten, was geschah.
Auch für Kulliak Jon war es an der Zeit, seinen Posten zu verlassen. Allein schon seines inneren Seelenfriedens wegen musste er herausfinden, was in der Station gespielt wurde.
Die vier Männer waren sicher genauso ahnungslos wie er. Aber der Roboter konnte ihm vermutlich Auskunft geben. Wenn er wollte.
Nach vierzig Jahren als geheimer Wächter der Kontrollstation Palatka fand Kulliak Jon die Vorstellung erheiternd, dass es ausgerechnet einem heruntergekommenen Ka-zwo einfallen sollte, seine Berechtigungsquote für nicht ausreichend zu halten …
6.
Walik Kauk und Bluff Pollard starrten nach oben und suchten die Ränge der Plattformen ab. Aber sie fanden nicht heraus, woher das Geräusch kam. Schließlich war gedämpftes Poltern zu vernehmen, danach herrschte wieder Stille.
»Ich weiß nicht mehr als du, Junge.« Walik beantwortete Bluffs fragenden Blick mit einem kurzen Achselzucken. »Anscheinend gibt es in dieser Station mehr Leben, als wir uns hätten träumen lassen.«
»Wir müssen uns umsehen!«
»Das werden wir tun«, versprach Kauk. »Aber das Wichtigste kommt zuerst. Mir scheint, unser Freund Baldwin hat das richtige Medo-Gerät schon gefunden. Wenn er wieder zu sich kommt, wird er uns hoffentlich sagen können, wie man es bedient.«
Er gähnte. Die Müdigkeit hüllte ihn ein wie ein warmer Mantel. Er durfte die Augen keine Sekunde lang schließen, dann wäre er sogar im Stehen eingeschlafen.
Sie warteten ungeduldig.
Als von irgendwoher das Geräusch hastiger Schritte erklang, zog Walik den Strahler. Das Geräusch wurde lauter, es hatte einen blechernen Unterton. Im nächsten Moment stapfte eine menschliche Gestalt um die Ecke eines Aggregatblocks, die gelbbraune Montur vielfach zerrissen und die synthetische Haut an manchen Stellen so mitgenommen, dass Metall darunter zu blinken schien.
Der Roboter blieb stehen. Er ließ Shamanovs reglose Gestalt zu Boden gleiten.
»Augustus, woher kommst du …?«, fragte Kauk verblüfft.
»Mir wurde ein Auftrag erteilt«, antwortete der Ka-zwo.
»Den Auftrag, den ich dir gab, hast du vernachlässigt.«
»Nicht von dir«, korrigierte ihn der Ka-zwo.
»Von wem dann?«
»Unbekannte Identität.«
Bluff war auf Shamanov zugetreten. »Was ist mit dem?«, fragte er.
»Bewusstlos«, lautete Augustus' Diagnose.
»Ich habe geschworen, dich zu einem Schrotthaufen zu machen, wenn dir wieder begegne«, sagte Bluff mit ernster Stimme. »Aber ich nehme an, du hast deinen Fehler wieder gutgemacht.«
Walik Kauk spürte, dass der Ka-zwo sich verändert hatte. In dieser Anlage gab es viele Großrechner. War es möglich, dass Augustus sich an einem davon reorientiert hatte? »Hattest du Verbindung mit einem Kontrollorgan?«, erkundigte er sich. Die Antwort ließ ihn nach Luft schnappen.
»Es gibt keine Kontrollorgane mehr. Seit NATHANs Abschaltung hat der administrative Rechnerverbund die Arbeit eingestellt.«
Walik Kauk war sprachlos. Der Ka-zwo hatte sein eigenes Tabu gebrochen! Seit Wochen funktionierte er trotz seiner durcheinander geratenen Programmierung nur, weil er sich standhaft weigerte zu glauben, dass es keine Knoten- und Lokalrechner mehr gab. Seit Wochen erhielt ihn der unerschütterliche Glaube an die Existenz dieser Kontrollorgane aufrecht. Und auf einmal hatte er die Wirklichkeit erkannt und dabei keinen Schaden genommen? Das war mehr, als Kauk sich im Moment erklären konnte. »Wie kamst du zu Shamanov?«, fragte er deshalb.
Augustus berichtete knapp. Als er die Sprache darauf brachte, dass der Hovercraft verschwunden sei, stöhnte Bluff Pollard
Weitere Kostenlose Bücher