Silberband 093 - Abschied von Terra
kleine Kugelraumer wahrscheinlich niemals mehr in Stand gesetzt werden könne. Ich war kein Experte, aber die aufgerissenen und brandgeschwärzten Lecks in der Außenhaut sahen bedrohlich aus. Es war ein halbes Wunder, dass die Mucierer so viel Zerstörung hatten bewerkstelligen können. Von den Gebäuden, die Messstationen, die Funkanlage und Positroniken enthalten hatten, waren ohnehin nur Trümmerhaufen übrig. Einzig das Wohnhaus stand noch.
Das fand ich eigenartig. Warum war ausgerechnet das Wohnhaus verschont geblieben?
»Das ist seltsam«, pflichtete Langur mir bei. »Die Feuerflieger haben wahllos alles zertrümmert, was ihnen unter die Hände kam. Warum nicht das Wohnhaus?«
Ich wusste keine Antwort.
»Ich sehe mich draußen um«, schlug Douc Langur vor.
»Das ist meine Sache!«, protestierte ich.
Er machte eine Geste mit mehreren Fühlern, von der wir inzwischen wussten, dass sie eine Verneinung bedeutete. »Dort draußen ist es vielleicht gefährlich. Ich bin widerstandsfähiger als du.«
»Dann lass Augustus hinaus! Er ist der Widerstandsfähigste von uns allen.«
Schließlich setzte der Forscher der Kaiserin von Therm seinen Willen durch. Die Schleuse klappte auf. Reine Luft, die nur noch einen Hauch der Tageshitze enthielt, drang herein. Douc Langur kletterte hinaus.
Minuten später öffnete er die Tür des Wohnhauses und verschwand im Innern des Gebäudes. Erst nach wenigen Minuten kam er wieder zum Vorschein.
»Es scheint mir, dass in diesem Haus bis vor kurzem Menschen gelebt haben«, meldete er über Funk. Douc Langur war ein äußerst scharfer Beobachter. Wahrscheinlich hatte er Recht.
Er bewegte sich jetzt auf die nordwestliche Felswand zu. Mehrmals blieb er stehen und untersuchte den Boden. Dann verschwand er hinter einem der Trümmerhaufen. Erst nach einer Weile meldete er sich wieder.
»Walik Kauk – am besten kommst du hierher und siehst dir das an!«
Augustus wollte mir folgen. »Du bleibst hier!«, befahl ich ihm. »Einer muss die HÜPFER bewachen!«
Nicht immer nahm er Anweisungen ohne Widerspruch entgegen. »Aus Douc Langurs Aufforderung folgert, dass es keine Gefahr gibt«, erklärte er. »Also benötigen wir keine Wache.«
»Das Kontrollelement befiehlt, dass du als Wache zurückbleibst«, fuhr ich ihn an. Dann stieg ich aus und wandte mich in Richtung des Trümmerhaufens, hinter dem Langur verschwunden war.
»Geradeaus in nordwestlicher Richtung«, ertönte es aus meinem Empfänger.
In dem Bereich war der Lichtschein schon sehr vage. Manchmal sah ich im Geröll Douc Langurs Spuren. Ich folgte ihnen. Weit zur Rechten bemerkte ich einen riesigen Felsklotz mit zum Teil verkrusteter Oberfläche. Er sah aus, als wäre er mit einem Strahler bearbeitet worden. Ich schenkte ihm vorläufig keine Beachtung, denn ich wollte erst wissen, was Douc Langur entdeckt hatte.
Die Spuren führten zu einer Nische, die mehrere Meter weit in die Felswand eindrang. Der Forscher der Kaiserin von Therm stand vor dem Einschnitt.
»Geh hinein!«, sagte er zu mir. »Es ist dunkel drinnen, aber du wirst sie erkennen!«
Eine böse Ahnung packte mich. Ich zwängte mich in die schmale Nische. Im Hintergrund gewahrte ich eine dunkle Masse, die sich deutlich vom Hellgrau der Felsen abhob. Ich beugte mich nieder und erkannte vier menschliche Körper. Ich gewahrte das Glitzern weit geöffneter Augen, die ins Leere starrten, und erkannte die Einheitsmontur aphilischer Staatsdiener.
Diese vier Männer waren tot. Sie waren nicht während der Großen Katastrophe verschwunden – sie waren ermordet worden. Und das vor nicht allzu langer Zeit.
Ich erinnerte mich an den Mucierer, der behauptet hatte, auch Götter seien verletzlich.
Von irgendwo aus der Höhe erklang der Aufschrei einer menschlichen Stimme: »Kommt her und rettet mich … wenn ihr Menschen seid!«
Vleeny Oltruun hatte zuerst das grelle Licht in der Höhe bemerkt und dann das fremdartige Fahrzeug, das sich langsam in den Kessel senkte. Sie hatte sich in die Höhle verkrochen, um nicht entdeckt zu werden.
Später hatte sie sich wieder nach vorne geschoben und beobachtet, was sich in dem Talkessel tat. Sie hatte gesehen, wie sich eine Schleuse an der Seite des keulenförmigen Fahrzeugs öffnete und wie eine fremdartige, nichtmenschliche Gestalt herausgeklettert kam. Später aber war auch ein Mensch aus dem fremden Gefährt gestiegen. Vleeny hatte ihn beobachtet. Soweit das Licht reichte, hatte sie jeden seiner Züge, jede seiner
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