Silberband 094 - Die Kaiserin von Therm
Planeten, Monden, Raumstationen und Raumschiffen. Die Zentraleinheit stand auf Blosth.
Sie hatten die Wohnbezirke hinter sich gelassen und waren in das Gebiet stillgelegter Industrieanlagen gelangt. Die Großindustrie war längst auf die äußeren Welten des Seerkosch-Systems verlegt, wo die Umweltbelastung weniger bedrohlich erschien.
Callazian blieb beim Anblick der verfallenen Gebäude stehen. Er hatte den eigentlichen Lebensbereich der Soberer auf Blosth noch nie verlassen. »Wir begeben uns in das Gebiet der Uninformation!«, stieß er erschrocken hervor.
»In die Slums«, korrigierte Kostroy sanft. »Sie haben immerhin den Vorteil, dass sie vom größten Teil der Nachrichten nicht erreicht werden.«
Callazian sah zwischen den Trümmern ärmliche Behausungen, die aus Überresten der Maschinenhallen und Verwaltungsgebäude entstanden waren.
»Hier leben nur noch wenige Soberer«, erklärte Kostroy. »Seit erkannt wurde, dass solche Gebiete den Keim für Revolutionen bergen, versucht man, Informationsunwürdige wieder in den Lebensbereich zu integrieren.«
Callazians schluckte ein paarmal. »Ich bin sicher, dass dies ein Gebiet für Studienzwecke ist«, sagte er.
Kostroy lachte. »Was nicht in die tiotronische Ordnung passt, wird aus dem Kommunikationsnetz ausgeklammert. Ist es nicht außerordentlich bequem, in solchen Fällen von Uninformation zu sprechen?«
Callazian dachte an die sauberen und kühlen Räume des Archivs, in denen er zu diesem Zeitpunkt gewöhnlich arbeitete. Sie erschienen ihm unendlich weit entfernt – in einer völlig anderen Welt.
Vorbei an zerbröckelten Mauern und von Unkraut überwucherten Hügeln drangen sie tiefer in das Gebiet der Uninformation ein. Kostroy bewegte sich mit einer Selbstverständlichkeit, die darauf schließen ließ, dass er öfter hierher kam. Ein paarmal sah Callazian andere Soberer, aber sie nahmen keine Notiz von ihnen.
Kostroy deutete auf eine zerfallene Brücke, die sich früher über zwei Industriebezirke gespannt hatte. »Auf der anderen Seite befindet sich der Eingang der Bahn!«
Callazian warf einen skeptischen Blick auf die zum Teil eingebrochene dunkelgraue Fläche.
»Keine Angst«, beruhigte ihn Kostroy. »Wir gehen unter der Brücke hindurch. Die Einsturzgefahr ist außerdem gering. Alle wichtigen Wege in diesem Gebiet werden regelmäßig kontrolliert.«
»Zweifellos von Robotern«, erwiderte Callazian erleichtert. Die Vorstellung, dass die Maschinen im Auftrag der Tiotroniken bis hierher kamen, hatte für ihn etwas Tröstliches. Doch Kostroy zerstörte seine Illusionen. »Von Informationsunwürdigen!«, sagte er bestimmt.
Mit einem Mal hatte Callazian den Eindruck, dass er nicht zufällig hier war. Er blieb stehen und ergriff Kostroy am Arm. »Du hast nur auf eine Gelegenheit gewartet, mich an diesen Ort zu bringen! Wahrscheinlich beobachtest du mich schon lange.«
»Das stimmt«, gab der andere unumwunden zu. Seine Offenheit überraschte Callazian.
»Was geht hier eigentlich vor? Soll ich entführt werden?«
»Das hatten wir ursprünglich vor.«
Dem Archivverwalter schoss das Blut in den Kopf. Die schwache innere Sicherheit, die er sich noch bewahrt hatte, schwand dahin. Er fragte sich, ob er fliehen sollte. Es war jedoch zweifelhaft, ob er das Gebiet der Uninformation aus eigener Kraft verlassen konnte.
»Inzwischen haben wir uns entschlossen, dich zu nichts zu zwingen«, fuhr Kostroy fort. »Du kannst jederzeit umkehren. Ich bitte dich jedoch, dir erst anzuhören, was wir vorhaben.«
»Wer ist wir?«
»Eine Gruppe verantwortungsbewusster Soberer, die sich Gedanken über die Zukunft unserer Zivilisation machen.« Kostroy lächelte, und dieses Lächeln verlieh seinem Gesicht einen beinahe übermütigen Ausdruck. »Keine Angst, mein Freund – wir planen keinen Umsturz. Die tiotronische Ordnung ist bereits so verfilzt, dass sie sich nicht mehr entwirren lässt. Und gewaltsame Lösungen würden den drohenden Untergang nur beschleunigen. Doch darüber können wir uns unterhalten, sobald wir am Ziel sind.«
Es waren weniger die Informationen, die Callazian beunruhigten, als die Selbstverständlichkeit, mit der Kostroy sie übermittelte. Der Alte schien genau zu wissen, wovon er sprach.
»Ich komme mit!«, entschied Callazian.
Sie gingen unter der Brücke hindurch, vorbei an morastigen Kratern. Einige Pfeiler ragten aus dem Dreck, aber die Verbindungsstücke zur Brücke waren längst abgerissen, so dass die Stützen nichts anderes
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