Silberband 098 - Die Glaswelt
Technikerinnen und der Hangarleiter in der riesigen Halle befanden. Gahlmann sah sie weit von sich entfernt im Kontrollraum, einer Art Transparentkäfig, der sich unter der Hallendecke bewegte. Er hätte seine Mitarbeiter auf sich aufmerksam machen können, doch er bewegte sich langsam zwischen den verankerten Space-Jets und Lightning-Jets hindurch.
Seltsam, dass er sich hier zwischen den diskus- und torpedoförmigen Beibooten sicher fühlte. Sie schienen einen Wall um ihn herum zu bilden.
Einen Schutz – wovor?
Die Vorstellung drängte sich in sein Bewusstsein, dass eine Veränderung mit ihm vorging. Dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los.
Er trat zwischen den Kleinraumschiffen hervor auf den Auslaufkorridor, über den die Beiboote bei einem Einsatz zur Schleuse glitten. Dann winkte er zum Kommandoraum hinauf.
Nach einer Weile erblickte ihn Tarsia Sanck und winkte zurück. Sie machte ihm ein Zeichen, dass er nach oben kommen sollte. Dabei bewegte sie ihre Lippen, zweifellos sprach sie mit den beiden anderen. Gahlmann konnte Elliot, den Hangarleiter, lachen sehen. Tarsia hatte wohl einen dummen Scherz gemacht.
Er hatte mit einem Mal das Gefühl, in einer gänzlich fremden Welt zu leben, von den anderen durch eine unermessliche Entfernung getrennt. Sie erschienen ihm wie Puppen, die an den Fäden eines unsichtbaren Spielers ihre sinnlosen Bewegungen vollführten.
Wieder schoss ihm das Blut in den Kopf, und sein Puls beschleunigte sich. Er taumelte. Ein Gefühl eisiger Furcht griff nach ihm, seine Handflächen wurden feucht, und er zitterte.
Angstvoll lauschte er in sich hinein, als erwarte er neue Symptome einer geheimnisvollen Krankheit. Er zwang sich dazu, vom nächsten Interkomanschluss aus eine Verbindung zum Kontrollraum herzustellen.
»Preux«, sagte Elliot rau zu ihm. »Was treiben Sie da unten? Zählen Sie die Beiboote?«
»Ich weiß, wie viele es sind!«, erwiderte er heftig. »Sechsunddreißig Space-Jets und achtzehn Lightnings.« Er klammerte sich an diese nüchternen Zahlen, als seien sie eine letzte Brücke zu der realen Welt.
»Mhm!«, machte Elliot. Er schien sich nicht darüber im Klaren zu sein, wie er sich verhalten sollte. Wahrscheinlich kam ihm Gahlmanns Auftritt seltsam vor. »Wollen Sie nicht heraufkommen, Preux?«
»Nein.«
»Fühlen Sie sich nicht wohl?«
»Wieso? Wie kommen Sie darauf?«
»Ich weiß nicht«, sagte Elliot verwirrt. »Sie machen einen merkwürdigen Eindruck.«
Gahlmann ging ein paar Schritte rückwärts und lehnte sich gegen eine Wandscheibe. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn. Sein Atem ging stoßweise.
Elliot wurde ärgerlich. »Lassen Sie jetzt diesen Unsinn, Preux! Haben Sie die Kühlemulsion angesetzt?«
Gahlmann ließ sich langsam an der Wand entlang zu Boden rutschen. Ihm war elend, seine Umgebung verschwamm hinter dichten Nebeln. Er hatte nur noch den Wunsch, sich hinzulegen und nicht mehr zu bewegen.
Aus den Augenwinkeln sah er den Kontrollraum näher gleiten. Elliot öffnete die Seitentür und beugte sich heraus.
»Preux!«
Als Gahlmann nicht antwortete, stieß der Hangarleiter eine Verwünschung aus. Wenig später kam er mit einem Antigravprojektor herabgeschwebt. Er kniete neben ihm nieder, legte ihm eine Hand auf die Stirn und sagte: »Sie sind krank, Preux!«
Von der Zentrale der SOL-Zelle-1 aus beobachteten Atlan und Gal braith Deighton die Vorgänge im Lagerraum 23. Der Emotionaut Senco Ahrat saß zurückgelehnt und entspannt unter der SERT-Haube. Im Augenblick befand sich das Schiff im freien Fall. Auf dem Ortungsschirm war das weit entfernt im Raum stehende Mit telteil der SOL mit der SZ-2 zu erkennen.
»Weißt du, woran ich denke?«, fragte der Arkonide den Gefühlsmechaniker. »An den Fall von Troja!«
Deighton lächelte.
»Die Sphäre ist unser Trojanisches Pferd«, fuhr Atlan fort. »Und ausgerechnet ich habe mich daran beteiligt, es an Bord zu bringen.«
»Du bist zu pessimistisch«, meinte Deighton. »Man kann das alles auch anders sehen. Es ist uns endlich gelungen, dem Gegner einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Wir haben seine wichtigste Waffe in unseren Besitz gebracht. Die Jagd auf die Kleinen Majestäten ist vorbei, wir haben eine größere Beute erlegt.«
»Die Erde ist frei«, fügte Atlan hinzu. »Das lasse ich gelten. Hoffentlich müssen wir keinen zu großen Preis dafür bezahlen.«
Sie wurden unterbrochen, denn Perry Rhodan meldete sich aus dem Lagerraum. »Es gibt eine neue Theorie«, verkündete er.
Weitere Kostenlose Bücher