Silberband 098 - Die Glaswelt
Bluff strahlte. »Die haarige Katze ist mein kleines Geheimnis. Niemand weiß von dem Vorratskeller, in dem es nur gute Dinge gibt. Vieles ist längst verdorben, aber manches hält sich noch.«
Die Tür des Restaurants war nur angelehnt. Drinnen hatten sich Staub und vertrocknete Blätter angesammelt.
»Setz dich irgendwohin!«, forderte Bluff seine Begleiterin auf. »Ich mache sauber und bringe uns das Menü.«
Mit einem altmodischen Besen fegte er rund um ihren Tisch den gröbsten Schmutz beiseite. Dann verschwand er durch eine rückwärtige Tür und kam kurze Zeit später beladen mit Konserven und einem Kanister wieder zum Vorschein.
Eine Längsseite des Raumes wurde von der Theke begrenzt. Nachdem er seine Last vor Viana abgeladen hatte, verschwand Bluff hinter der Theke und kam mit zwei Gläsern zurück, von denen er allerdings erst den Staub abblasen musste. Er öffnete den Behälter und goss eine klare, golden schimmernde Flüssigkeit ein.
»Das ist Wein«, sagte er stolz. »Leider einer der billigen Sorte, der durch Zusätze haltbar gemacht wurde. Die teuren Weine sind alle verdorben.«
Sie tranken.
»Der Wein steigt in den Kopf, oder?«, wollte Viana wissen.
»Natürlich«, antwortete Bluff mit gespieltem Ernst. »Ich habe schließlich die feste Absicht, dich heute Abend zu verführen.«
Er war so mit dem Öffnen der Konserven beschäftigt, dass er den ernsten Blick nicht bemerkte, mit dem Viana ihn musterte.
»Das hier ist Gänseleberpastete.« Er schob ihr eine Konserve zu. »Allerdings synthetisch, sonst wäre sie längst hinüber.«
Er öffnete einen weiteren Behälter. »Hier haben wir original Prager Schinken – aus einer Synthofabrik auf Olymp.«
Er öffnete eine Dose nach der andern, bis Viana die Hände über dem Kopf zusammenschlug. »Hör auf, Bluff! Mir wird schwindlig vor lauter fremden Namen, und außerdem – wer soll das alles essen?«
»Ich dachte, du hättest Hunger.«
Sie aßen und leerten den Kanister mit Wein, und ihre Unbeschwertheit wuchs.
Als sie fertig waren, saßen sie lange Zeit schweigend da.
»Du bist ein Konzept, nicht wahr?«, sagte Bluff endlich.
»So ist es.«
»Aus wie viel Bewusstseinen bestehst du?«
»Fünf.«
»Sind alles Frauen?«
»Ja.«
»Erzähl mir von ihnen! Ich möchte alle kennenlernen!«
Viana hob beide Hände und machte die Geste des Zählens.
»Da bin als Erstes ich – mich kennst du. Dann ist da Michiko. Sie ist fünfzehn Jahre alt und furchtbar neugierig, dabei aber lieb. Dann Ebba, zweiundzwanzig Jahre, mondän, intelligent, selbstständig. Sie hat gesagt, sie würde nie heiraten. Weiter: Oschi, ebenfalls zweiundzwanzig, weich und anschmiegsam, nicht überwältigend intelligent, aber intuitiv und spontan. Und schließlich Khara, über vierzig, warmherzig, könnte meine Mutter sein und benimmt sich meistens auch so.«
»Und du bist die Anführerin?«, staunte Bluff.
»Das Primärbewusstsein«, verbesserte ihn Viana.
»Magst du mich?«, fragte er.
Sie schmiegte sich an ihn und strich ihm über die Wange. »Ja, ich mag dich.«
»Und die anderen?«
»Ich glaube, die mögen dich auch.«
»Gut. Dann ist die Sache doch abgemacht, nicht wahr?«
Viana starrte ihn verwundert an. »Welche Sache?«
»Wir bleiben zusammen – ganz egal, was aus den anderen Konzepten nach dem Fest wird!«
Das Leuchten in Vianas Augen wurde matt. »Wir werden sehen, was sich machen lässt«, sagte sie tonlos.
Im Hauptquartier der TERRA-PATROUILLE tagte der Krisenstab . Er bestand aus Jentho Kanthall, Walik Kauk und Sailtrit Martling . Roi Danton nahm über Bild-Sprech-Verbindung von Luna aus teil.
»Unter mehr als drei Milliarden Konzepten ein einzelnes herauszufischen ist schwerer als die Sache mit der Stecknadel im Heuhaufen«, stellte Kanthall unumwunden fest.
»Es gibt Orte, denen er sich mit größerer Wahrscheinlichkeit zuwenden wird als anderen«, sagte Roi Danton.
»Ich weiß das. Wir halten die Augen offen. Sie denken in erster Linie an Imperium-Alpha?«
»Ja. Vergessen Sie nicht, dass Casalle das Kommandozentrum mindestens ebenso gut kennt wie Sie!«
»Ich habe Mühe, an etwas anderes zu denken«, knurrte Kanthall.
»Im Übrigen meine ich, dass die ganze Sache uns nichts angeht«, wandte Sailtrit Martling ein. »Für die Konzepte ist Grukel Athosien verantwortlich, und da Trevor Casalle als Konzept nach Terra gekommen ist, erstreckt sich seine Verantwortung auch auf ihn.«
Sie war eine hochgewachsene, kräftig gebaute und resolute
Weitere Kostenlose Bücher