Silberband 098 - Die Glaswelt
Großraumschiffen geladen.«
»Sie gehen nicht über die Transmitterstrecke?«, fragte Kanthall.
»Nein.«
»Welche beiden Schiffe transportieren die Fracht?«
»Die TIBOR und die BLACK KNIGHT.«
»Dann werden wir versuchen, sie über unsere Ortung im Auge zu behalten. Womöglich haben sie ein anderes Ziel als EDEN II. Was gibt es sonst Neues auf dem Mond?«
»Nichts. Die Produktionsmaschinerie läuft weiterhin auf vollen Touren, die Transmitter schaffen Hunderte von Tonnen nach EDEN II. In letzter Zeit werden weniger Verbrauchsgüter hergestellt als Produktionsmittel. Offensichtlich rechnen die Konzepte nicht damit, dass sie ihr Paradies vollständig von NATHAN einrichten lassen. Es werden nur die wichtigsten Voraussetzungen geschaffen. Dann machen sie aus eigener Kraft weiter.«
In diesem Moment wurde Danton auf Kauk aufmerksam. »Sie haben mit Athosien gesprochen, höre ich.«
»Das ist richtig. Er sagt, das große Fest werde morgen Nacht stattfinden – mit Feuerwerk. Außerdem geht aus seinen Worten hervor, dass die Konzepte sich hier nicht allzu lange aufhalten wollen.«
»Dagegen habe ich keinen Einwand«, antwortete Danton. »Spätestens in drei bis vier Tagen käme es zu einer absoluten Versorgungskatastrophe.«
Er wechselte mit Jentho Kanthall noch ein paar Belanglosigkeiten, dann wurde das Gespräch beendet.
Gegen Abend hatte Bluff Viana überredet, mit ihm nach Imperium-Alpha zurückzukehren. Sie drangen in stillgelegte Bereiche des alten Kommandozentrums ein und gelangten in die Nähe des früheren Quartiers der TERRA-PATROUILLE. Bluff hatte eine Handlampe mitgebracht und gebrauchte sie ausgiebig.
Mit Viana verbrachte er eine Nacht, die er später lakonisch als ›äußerst harmonisch‹ bezeichnete. Sie verschwendeten keinen Gedanken an die Vorstellung, wie es sein würde, wenn sie sich trennen müssten. Eine Vorstellung übrigens, die Bluff Pollard in seiner Euphorie längst für irreal hielt.
Am nächsten Morgen schliefen sie lange. Die Uhr zeigte kurz nach zehn, als sie sich den mitgebrachten Vorräten widmeten. Bluff war nicht ganz bei der Sache.
»Du – was haben die anderen vier dabei empfunden?«, fragte er unvermittelt.
Viana schaute ihn an. Er war gespannt, ob sie Verlegenheit zeigen würde, aber das tat sie nicht.
»Nichts«, antwortete sie unbefangen. »Sie haben sich abgekapselt, weil sie meinten, das sei meine ureigene Angelegenheit.«
»Es muss eigenartig sein, mit vier anderen Bewusstseinen zusammen auf so engem Raum zu leben«, sagte Bluff.
Viana antwortete nicht.
»Ich frage mich, ob eine Konzeptfrau das Kind eines Menschen bekommen kann.«
Bluff hatte die Bemerkung wie beiläufig gemacht, doch als Viana ihn anstarrte und ihre Augen feucht wurden, wusste er, dass er trotzdem einen Fehler begangen hatte. Er nahm sie in die Arme.
»Ich wollte dir nicht wehtun! Bitte, verzeih mir …«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Da gibt es nichts zu verzeihen«, schluchzte sie. »Und weh tust du nicht mir, sondern dir! Ich meine, falls du dir Hoffnungen gemacht hast. Ein Konzept ist etwas grundlegend anderes als ein Mensch.«
Für Trevor Casalle war es ein Leichtes gewesen, in das Kommando zentrum einzudringen. Die Wachtposten hatten sich eben erst for miert, als er am frühen Abend den Grenzbereich von Imperium-Al pha erreichte. Er hatte sie einfach umgangen und war über einen ehemaligen Notausgang in die unterirdischen Bereiche von Impe rium-Alpha eingedrungen. Er wusste, wohin er sich zu wenden hat te, und sein erstes Ziel war ein Lagerraum, in dem er sich mit einem Handscheinwerfer und einem Thermostrahler versah.
Die neuralgischen Punkte musste er meiden, aber für seine Zwecke genügte ihm ohnehin eines der kleineren Rechenzentren. Mit ein wenig Mühe konnte er dann eine positronische Verbindung zu einem der Hauptzentren herstellen und mit diesem arbeiten.
Kurz vor Mitternacht erreichte Casalle sein Ziel. Er benötigte einige Stunden für seine Manipulationen an Mikroschaltungen und den Prozesskontrollgeräten, die den Anschluss an das interne Rechnernetz des Kommandozentrums steuerten.
Er blieb in dem Raum, denn bis er an die Ausführung seines Vorhabens denken konnte, würden ein bis zwei Tage vergehen. Er hatte keinen Proviant, aber das beunruhigte ihn nicht. Er war Strapazen gewohnt. Die Erkenntnis der Notwendigkeit, dass der Lehre der reinen Vernunft endgültig und unwiderruflich zum Durchbruch verholfen werden müsse, verlieh ihm zusätzliche Kraft.
Der
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