Silberband 098 - Die Glaswelt
seiner grünen Uniformkombi hervor und öffnete es. Das Zeug sättigte schnell, es fehlte nur noch ein Schluck Wasser.
Rhodan stand wieder einigermaßen sicher auf den Beinen. BULLOC musste in der Nähe sein. Die Inkarnation hatte ihn nicht hier auf dieser Welt zurückgelassen, weil das sinnlos gewesen wäre. Vielleicht konnte er die Sphäre finden.
Seine Gedanken wurden von Minute zu Minute klarer. Das letzte Mal hatte er BULLOCs Sphäre auf der Welt Culhm verlassen, aber nur für kurze Zeit. Jetzt sah es nach einem längeren Aufenthalt aus.
Er war kaum hundert Meter weit gegangen, als er auf ein Hindernis stieß. Vorher hatte er es nicht sehen können, weil eine Baumgruppe den Mauerrest verdeckte. Es handelte sich um eine Art Grundmauer, die massiv in den Boden eingelassen worden war. Sie war einen Meter breit und noch zwei Meter hoch. Die Krone war zum Teil abgesplittert, zum Teil aber auch abgeschmolzen, wie deutliche Fließspuren verrieten. Die Mauer und die verstreuten Trümmer bestanden aus Glas.
Rhodan fragte sich, ob die unbekannten Erbauer kein anderes Material als Glas gekannt hatten. Gab es sie nicht mehr? Der sichtbare Verfall ließ darauf schließen, dass die Welt unbewohnt war. Die Welt aus Glas war zersplittert.
Damit hatte er einen Namen für den Planeten gefunden: Glaswelt!
Er umrundete die gläserne Ruine und erkletterte den kleinen Hügel, dessen Hang schon mit üppigerer Vegetation bedeckt war. Von der Kuppe aus bot sich ihm ein überraschender Anblick.
Vor ihm erstreckte sich eine weite Ebene bis zum fernen Horizont. Ein breiter Strom teilte sie. Sein jenseitiges Ufer war dicht bewachsen, dahinter wucherte ein Dschungel, der von Glassäulen durchsetzt war, die in regelmäßigen Abständen in den Himmel ragten. Die meisten waren abgebrochen oder sogar der Länge nach geborsten.
Diese Säulen wären sinnlos gewesen, wenn sie in ferner Vergangenheit nicht etwas getragen hätten – ein Dach vielleicht …?
Diesseits des Stroms gab es nur vereinzelte Baumgruppen, aber keinen Wald. Umso besser war zu sehen, dass auch hier das Gelände mit gläsernen Splittern bedeckt war. Die Sonnenstrahlen wurden von ihnen tausendfach reflektiert. Die Ebene glitzerte, als bestünde sie aus Millionen verstreuter Diamanten.
Glas, wohin das Auge auch blickte.
Rhodan war klar, dass auf dieser Welt eine große Zivilisation existiert haben musste, die aus unbekanntem Grund zerstört worden war. Aber wenn diese Vermutung stimmte, musste es Überlebende gegeben haben. Wo sind sie?, fragte er sich zum wiederholten Mal.
Im Westen, jenseits des breiten Stroms, war ihm etwas aufgefallen, was ihm erst jetzt bewusst wurde. Er schaute genauer hin und erkannte einen regelmäßig geformten Hügel, fast wie eine abgeflachte Pyramide. Auf ihrem Gipfel ruhte eine matt fluoreszierende Kugel – BULLOCs energetische Sphäre.
Er schätzte die Entfernung auf sieben oder acht Kilometer. Das war nicht sehr viel, aber das Gelände schien schwierig zu sein.
Ein raschelndes Geräusch weckte seine Aufmerksamkeit. Ein langer, schmaler Schemen huschte durch das Gras und verschwand in einem struppigen Busch. Rhodan hatte nicht erkennen können, was es war, aber er vermutete ein etwa fünfzig Zentimeter langes Tier.
Also gab es noch Leben auf dieser verlassenen Welt. Wenigstens Tiere mussten die Katastrophe überlebt haben, die alles vernichtet hatte.
Er vergaß den Zwischenfall. Aufmerksam suchte er die beabsichtigte Wegstrecke ab und fand hervorstechende Merkmale. Wenn er sich nach ihnen richtete, musste er die Kugel finden, selbst wenn er sie zwischendurch aus den Augen verlor.
In der ersten halben Stunde legte er knapp einen Kilometer zurück, da es sanft bergab ging und er den zahllosen Trümmern gut ausweichen konnte. Je mehr er sich der Flussniederung näherte, desto üppiger wucherte die Vegetation. Grüne Hügel entpuppten sich jedoch bei näherem Hinsehen immer wieder als mit Erde und Gras bedeckte Scherbenhaufen.
Perry Rhodan hatte schon viele solcher Welten gesehen, die von einer alles vernichtenden Katastrophe heimgesucht worden waren, aber diese hier ließ sich mit keiner vergleichen. Alles musste aus Glas bestanden haben – oder aus einem Material, das Glas sehr ähnlich gewesen war.
Im Norden erstreckte sich eine Gebirgskette. Rauch wölkte davor auf. Unter normalen Umständen hätte er das als ein Zeichen für zumindest halbintelligentes Leben gewertet, doch auf der Glaswelt konnte von normalen Verhältnissen
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