Silberband 098 - Die Glaswelt
Stunden, nachdem Perry Rhodan mit BULLOC verschwunden war. Möglicherweise haben die Aktivitäten der Inkarnation irgendetwas in Rorvic verändert. Aber das ist nur eine Spekulation. Ebenso gut könnte es sein, dass dieser Zustand infolge Rorvics Cyno-Erbe zwangsläufig eintreten musste.«
Unser Gespräch wurde beendet, weil der Tibeter im Zeitlupentempo rematerialisierte. Ich fröstelte, weil sein Blick immer noch so unverschämt provozierend wie zuvor auf mir ruhte, obwohl das Scheusal inzwischen in einem anderen Universum oder einer anderen Dimension gewesen war.
»Wie ist das mit Ihrer Meldung, Captain Hainu?«, erkundigte sich der Tibeter.
Ich schrie ihm eine klassische Erwiderung ins feiste Gesicht, drehte mich um und stapfte hinaus.
Der Katzenjammer kam, als ich draußen wieder vor der Kontrolltafel der Ärztin stand. »Ich schäme mich«, gestand ich mit gesenktem Kopf. »Ich werde Sie nie wieder belästigen, Tomay, denn ein Marsianer der a-Klasse kann einer Dame, in deren Anwesenheit er sich derartig vergessen hat, nicht mehr ins Gesicht schauen.«
Aus dem akustischen System erklang ein helles Lachen. »Ich an Ihrer Stelle hätte mich auch vergessen, Tatcher. Was Sie Rorvic gesagt haben, ist längst nicht so wichtig wie das, was Sie mir anschließend zu verstehen gaben. Es ist oft schlimm für mich, in einer Maschine eingesperrt zu sein, auch wenn es eine wundervolle Maschine ist. Umso schöner, wenn jemand mich trotzdem wie einen vollwertigen Menschen behandelt. Sie haben noch viel mehr getan, Tatcher. Sie haben meinen ungewöhnlichen Status überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, weil für Sie die Person nicht von der Erscheinungsform abhängt.«
»Aber so ist es tatsächlich!«, erwiderte ich.
»Eben das macht Sie mir sympathisch, Tatcher«, erklärte die Ärztin. »Bitte, besuchen Sie mich bald wieder.«
Ich fühlte mich erleichtert, obwohl ich mich noch immer schämte. »Danke, Tomay«, sagte ich. »Ich komme bestimmt bald wieder. Sie sind mir auch sehr sympathisch.«
Als ich die Hauptzentrale in der SOL-Zelle-1 betrat, erkannte ich sofort, dass sich etwas Besonderes anbahnte.
Die Emotionauten saßen vollzählig auf ihren Plätzen, aber selbstverständlich trug nur einer von ihnen die SERT-Haube. Trotz seines hohen Alters reagierte Mentro Kosum immer noch schneller als die jüngeren und ebenfalls sehr fähigen Emotionauten der SOL.
Atlan und Alaska Saedelaere standen neben dem Hauptsteuerpult und beobachteten den Frontsektor der Panoramagalerie, auf dem zurzeit nur die wesenlosen Licht- und Schattenphänomene des Zwischenraums zu sehen waren.
Ich steuerte den Kartentisch an, an dem Gucky, Ras Tschubai und Icho Tolot standen. Auch sie blickten auf den Frontschirm, als erwarteten sie, etwas Sensationelles zu sehen.
»Wie geht es deinem Partner, Tatcher?«, erkundigte sich der Mausbiber.
»Viel zu gut. Er versuchte, mich zu schikanieren. Deshalb habe ich mich nicht lange bei ihm aufgehalten. Was ist hier eigentlich los?«
Alle drei blickten mich verwundert an.
»Das weißt du nicht?«, fragte Gucky. »Wir befinden uns auf dem Weg zur Erde, die Zielsonne ist Medaillon.«
»Wir werden Terra wieder für die Menschheit in Besitz nehmen!«, erklärte Tschubai enthusiastisch.
»Und den Mars?«, wollte ich fragen. Doch ich unterließ es. Schließlich konnte keiner der Anwesenden etwas dafür, dass wir im Medaillon-System außer der Erde und dem Mond nicht auch den Mars vorfinden würden. Damals, als sich erwiesen hatte, dass das Solsystem gegen die Übermacht der Laren nicht gehalten werden konnte, waren Erde und Mond über einen Sonnentransmitter gerettet worden – und mit ihm fast die gesamte auf der Erde lebende Menschheit. Was sich daraus entwickeln sollte, hatte aber niemand vorhersehen können.
»Freust du dich nicht, Tatcher?«, fragte Tschubai, der das förmliche Sie mittlerweile unter den Tisch gekehrt hatte. Immerhin waren wir lange genug miteinander unterwegs.
»Worüber soll ich mich freuen, Ras?«, fragte ich verwirrt zurück.
»Quälen Sie ihn nicht!«, sagte Icho Tolot dröhnend. »A Hainu ist eben ein Marsianer. Er wird schmerzlich daran erinnert, dass seine Heimatwelt in vielleicht unerreichbarer Ferne liegt.«
»Das tut mir leid«, erklärte Ras.
»Bist du uns böse, Tatcher?«, wollte der Mausbiber wissen.
Ich lächelte. »Ach was! Selbstverständlich würde ich den Mars gern wiedersehen, aber ich freue mich mit euch darüber, dass wir bald zur Erde zurückkehren. Nur
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