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Silberband 098 - Die Glaswelt

Titel: Silberband 098 - Die Glaswelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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gehorchen.
    Zwanzig Schritte weit bewegte er sich zielstrebig und schnell, trotz seiner gebeugten Figur. Er hielt die rechte Hand zwischen die Säume der alten, stinkenden Jacke gepresst, er hatte diesen Fetzen, so schien es, irgendwo gefunden. Oder nicht? War er nackt ausgesetzt worden?
    Das interessierte ihn nicht, es war vollkommen unwichtig. Seine Finger schlossen sich um das Anhängsel, und es schien ihm selbst, als gehe eine ungewöhnliche Kraft davon aus. Illusion? Schon möglich. Alles in dieser Nacht voller Schrecken und Hysterie war möglicherweise Illusion.
    Seine erste Nacht. Seit vielen Jahren …
    Er schaffte es genau elf unratüberwucherte, von Steinbrocken und Scherben übersäte Stufen hinauf. Dann wandte er den Kopf, und der nächste Blitz beleuchtete sein nasses Gesicht. Langsam bückte er sich. Seine Faust umfasste einen großen Betonbrocken, an dem noch ein Stück Stahlverkleidung hing.
    Die Hand und der Stein beschrieben einen Viertelkreis durch die Luft. Die schartige Metallspitze zielte auf seine ungeschützte Kehle. Er krümmte sich, und in der Stille zwischen zwei Donnerschlägen war ein qualvolles Stöhnen zu vernehmen. Dann warf sich der Mann gleichsam zur Seite, aber der Arm machte auf merkwürdige Weise diese Fluchtbewegung nicht mit. Der Stein schrammte über die Schulter, und die Finger lösten sich. Der Stahl schnitt durch den Stoff und die Haut, dann polterte die primitive Waffe einige Stufen abwärts. Voller Schmerzen krümmte sich der Mann im Dreck der Treppenstufen.
    »Sucanne, du verdammtes aphilisches Miststück. Du bringst dich selbst um, wenn du mich umbringst!«, stieß er voll hasserfüllter Verbitterung hervor.
    Dann sprang er auf und floh geradezu durch eine glasfetzenstarrende breite Tür.
    Erinnerung: ferne Vergangenheit.
    Zuerst hatte es weder Zeitgefühl noch Information gegeben, dann, ganz langsam, kam eine Art körperlos funktionierende Selbsterkenntnis über Milliarden einzelner Bewusstseine. Jedes Bewusstsein wusste schließlich, wer und was es war, nämlich ein einzelner Mensch, auf unbegreifliche Weise gespeichert in dem Kollektivwesen ES. Immer mehr Informationen schlichen sich ein.
    Der ungeheure Druck der mehr als zwanzig Milliarden Individuen ließ das Areal durchlässig werden. Einzelne, zufällig aneinandergeratene Bewusstseine verließen ES mehr oder weniger ziellos, aber schließlich schien ES einen Weg gefunden zu haben, sich des Drucks planvoll zu erleichtern.
    Ein weiteres Problem schälte sich heraus. Die Bewusstseine wussten, dass ES vor unbestimmter Zeit die PILLE hatte verteilen lassen, um die Mehrzahl der Menschen gegen die Aphilie immun zu machen. Je mehr die Bewusstseine über ihre eigene Existenz herausfanden, desto genauer erkannten sie schließlich, dass einige hundert aphilisch gebliebene Bewusstseine unter ihnen waren. Irgendwie waren sie mit aufgesogen und gespeichert worden.
    Es war noch nicht lange her, als Sucanne Weyter, die Biogen-Diagnostikerin, sich selbst gefunden und dabei entdeckt hatte, dass sie eine der wenigen vollkommenen Aphilikerinnen war. Erst durch die Verwandlung und die lange Zeit ohne eigene Existenzwahrnehmung brach diese Überzeugung in ihr vollkommen durch und festigte sich.
    Sie wusste jetzt, dass sie als A-Bewusstsein nur dann ES verlassen konnte, wenn sie mit einem normalen Bewusstsein, einem Non-A-Teilkonzept, verbunden war.
    Aber ausgerechnet sie war an ein Bewusstsein gekettet, das nicht nur voll menschlich, sondern auch mit starken charismatischen Absichten erfüllt war. Zudem besaß es einen Verstand, der nicht anders als hervorragend bezeichnet werden konnte.
    Sie und dieser Charismatiker bildeten ein Konzept.
    Sie musste ihn umbringen, um den Körper beherrschen zu können. Es gab keine Alternative.
    Der Mann hielt den Kopf schräg und lauschte. Noch immer tobte das Gewitter über der Stadt, aber in der Halle herrschte Stille. Er zerrte eine verbeulte Lampe aus seiner Tasche. Im schwachen, zit ternden Lichtschein tastete er sich eine unratübersäte Treppe aufwärts.
    Auf der obersten Stufe stieß er einen unterdrückten Schrei aus, ruderte mit den Armen und stolperte. Er fiel schwer und rollte ein Stück die Treppe hinunter, wo er stöhnend liegen blieb. Vorübergehend wirkte er hilflos. Mit schwachen Bewegungen öffnete er seine Jacke und umklammerte einen eigroßen Gegenstand, den er zwischen dem schmutzigen Hemd und der aufgeschürften Haut trug.
    Er schien wundersame Kräfte aus diesem Metallei zu

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