Silberband 099 - Treibgut der Sterne
abgeschaltet sind. Verdammt!« Walik fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Ich muss sie suchen.«
Marboo war erleichtert, dass Walik sie nicht bis zum Transmitterraum begleitet hatte. Ihr Plan wäre dann wesentlich schwerer durchführbar gewesen. Vor dem Transmitter war sie nämlich in einen Gang abgebogen, der zur unbewohnten Peripherie von Imperium-Alpha führte.
Wenn der Augenblick kam, in dem die Erde erneut auf eine große Reise ging, wollte sie an Waliks Seite sein. Die Entwicklung der Sonne Medaillon hin zu einem Schwarzen Loch erfüllte sie mit Furcht.
In Gedanken versunken, schritt sie den leeren Korridor entlang, dessen Beleuchtung fahler wurde. Plötzlich schreckte sie auf. Eine schattenhafte Gestalt stellte sich ihr in den Weg. Marboo atmete erleichtert auf, als sie den Mann erkannte. Doch etwas in seinem Blick machte sie stutzig.
»Glaus! Du hast mich erschreckt!«, beschwerte sie sich.
»Das wollte ich nicht, Marboo.« Der vierschrötige Anführer der Bosketch-Gruppe grinste anzüglich.
»Was suchst du hier?« Sie spürte ihre eigene Unsicherheit und versuchte, sich einzureden, das merkwürdige Glitzern in Bosketchs Augen rühre nur von der schlechten Beleuchtung her.
»Eigentlich wollte ich beobachten, wie ihr euch nach Luna absetzt«, sagte er. »Aber dann sah ich dich …«
Sein Grinsen wurde impertinent. Marboo wich unwillkürlich zurück, doch in diesem Moment griff Bosketchs nach ihr. Mit unwiderstehlicher Härte umklammerte seine Hand ihre Schulter.
»Du bleibst bei mir!«, sagte der Stiernackige rau. »Wäre doch schade um die wenigen Tage, die wir noch zu leben haben.«
Marboo entwand sich dem schmerzenden Griff. Bosketch ließ sie gewähren, wahrscheinlich, weil sie keine Anstalten machte, davonzulaufen.
»Glaus, du begehst einen schweren Fehler!«, sagte sie. »Du handelst dir Ärger ein.«
Er stieß ein hässliches Lachen aus. »Wir gehen alle vor die Hunde! Glaubst du wirklich, ich hätte nicht erkannt, was geschieht? Die Schwerkrafteinflüsse werden stärker, und sie werden uns umbringen, lange bevor die Erde in das Schwarze Loch stürzt! Und Luna wird auseinanderbrechen – Paratronschirm oder nicht.«
Marboo musterte den Mann, der sich in einen fast hysterischen Eifer hineinsteigerte. »Glaus – du bist verrückt!«, entfuhr es ihr.
Unvermittelt schlug er zu, traf sie mitten ins Gesicht. Marboo torkelte gegen die Wand und spürte Blut über ihre Wange rinnen.
»Sag das nie wieder!«, herrschte Bosketch sie an. »Ihr habt immer geglaubt, ihr seid so viel besser als ich! Und wenn ihr mit mir spracht, dann nanntet ihr mich dumm oder verbohrt. Das ist endlich vorbei! Du hast Respekt vor mir, nur so kommen wir friedlich miteinander aus.«
Marboo verbiss sich den Schmerz. Im Augenblick konnte sie nichts unternehmen. Sie war unbewaffnet, aber Bosketch trug einen Schocker. Davon abgesehen reichten seine Bärenkraft als Waffe.
»Ich verstehe, Glaus«, sagte sie. »Was hast du nun vor?«
Er war sofort besänftigt. Sein Grinsen wurde sogar freundlich. »Ich habe ein Nest für uns vorbereitet. Dort werden wir unsere letzten Tage verbringen – auf die Weise, die ich mir immer gewünscht habe.«
Er ließ sie vor sich hergehen, tiefer in den halbdunklen Korridor hinein. Mehrmals änderte er die Richtung, bis sie eine aufwärts führende Rampe erreichten.
Marboo überdachte ihre Lage. Bosketch hatte nur beobachten wollen. Sie zu entführen, hatte er sich erst spontan entschlossen. Das klang plausibel. Wieso aber hatte er dann ein Nest, wie er es nannte, schon vorbereitet? Marboo glaubte, dass Bosketch schon seit einiger Zeit nach einer Frau suchte und dass es ihm letztlich egal gewesen war, wer die Unglückliche sein würde.
Die Rampe mündete in eine schmale Straße an der Oberfläche, die beidseits von hohen Mauern eingeschlossen war. Dieser Bereich gehörte offenbar zum ältesten Teil des Kommandozentrums Imperium-Alpha. Bosketch hatte hier einen Gleiter abgestellt.
Es war früh am Nachmittag. Die Sonne verbreitete einen rötlichen Schein, ein kühler Wind ließ Marboo frösteln.
Bosketch zwang sie einzusteigen. Er lenkte das Fahrzeug in südwestlicher Richtung aus dem Stadtgebiet hinaus und folgte zunächst der Hauptverkehrsroute, die von Terrania City nach Lhasa und Neu-Delhi führte. Später, als im Süden Berge sichtbar wurden, wich er von der durch Funkfeuer markierten Piste ab. Der Gleiter näherte sich einem Tal zwischen zwei Bergzügen. Inmitten lichter
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