Silberband 099 - Treibgut der Sterne
Tatsache, dass die Behörde sogar einen Mord an dem Politiker für möglich hielt, erschütterte ihn noch mehr.
Er kehrte in seine Wohnung zurück. Während des Flugs entschloss er sich, seine Kandidatur zurückzuziehen, obwohl in den verbleibenden zwei Tagen kein anderer Kandidat aufgebaut werden konnte. Aber das sollte nicht sein Problem sein. Er hatte sich ohnehin nur widerwillig zur Verfügung gestellt, von Margor dazu überredet. Seitdem hatte er den Mann nicht mehr gesehen.
Hamiller trank einen Schluck Wasser. Zu hastig vielleicht, weil ihm plötzlich übel wurde. Er fragte sich dennoch, in was für ein Spiel er hineingeraten sein mochte.
Er fuhr herum, als er hörte, dass sich die Wohnungstür öffnete. Für einen erschreckten Atemzug befürchtete er, dass ein Anschlag auf ihn bevorstand.
Dann trat Boyt Margor ein.
Er war ein Albino.
Hamiller wunderte sich, dass ihm Margors Äußeres diesmal auffiel. Bei der ersten Begegnung war alles anders gewesen. In seiner Erinnerung existierte nur ein verschwommenes Bild.
Nun nahm er alle Einzelheiten in sich auf. Er schätzte Margor auf etwa einen Meter fünfundsiebzig. Der Mann war dünn und schmalbrüstig, seine Beine waren auffallend lang im Vergleich zum verkürzt wirkenden Oberkörper. Margor hatte gleichmäßige Gesichtszüge, eine edel geformte Nase und volle Lippen.
Von diesem Gesicht ging eine gewisse Faszination aus, der sich Hamiller nicht entziehen konnte. Margors Mund schien ständig zu lächeln, seine nachtblauen Augen erweckten den Eindruck der Verträumtheit und Weltfremde.
Hamiller konnte sich vorstellen, dass Boyt Margor großen Einfluss auf Frauen hatte. Unwillkürlich fragte er sich, wie alt sein Gegenüber sein mochte. Das Gesicht war glatt wie das eines jungen Menschen, er konnte zwanzig oder dreißig Jahre alt sein – ebenso gut aber auch achtzig.
Lächelnd ging Margor an ihm vorbei zum Fenster und schaute hinaus. Das Licht ließ sein Haar türkisfarben metallisch schimmern.
Als der Mann sich wieder umwandte, bemerkte Hamiller das Amulett auf dessen Brust. Es hatte ebenfalls einen metallischen Türkisfarbton und war etwa walnussgroß. Hamiller fühlte sich von dem Gebilde seltsam angezogen. Vor allem schien es sich zu verändern, als er es mehrere Sekunden lang ansah. Aus den rohen Konturen schälte sich ein zart gebautes, freundlich lächelndes Lebewesen heraus.
Das winzige Geschöpf faszinierte ihn. Die rechte Hand hielt es wie zum Gruß erhoben.
Im nächsten Moment schloss sich Margors Hand um das Amulett. Hamiller fuhr erschreckt zusammen. Er blickte auf. »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte er zögernd.
Margor schüttelte den Kopf.
»Nun gut«, sagte Hamiller voll Unbehagen. »Sie sollten wissen, dass ich mich entschlossen habe, meine Kandidatur zurückzuziehen.«
Margors Lächeln vertiefte sich. »Natürlich tun Sie das nicht«, erwiderte er. »Sie kandidieren.«
»Ich will nicht mehr. Auf gar keinen Fall. Wie komme ich überhaupt dazu, das zu tun, was Ihnen richtig erscheint? Wer sind Sie? Ich habe überall nach Ihnen gesucht.«
»Ich weiß«, bemerkte Margor mild.
»Sie wissen es? Sie wissen, dass ich Sie gesucht habe, aber Sie haben es nicht für notwendig befunden, sich zu melden?«
»So ist es.« Boyt Margor setzte sich. Hamiller gewann den Eindruck, dass der Mann ihn nicht ernst nahm und ihm nicht einmal zuhörte.
»Wer sind Sie? Niemand kennt Sie. Einen Mann namens Boyt Margor scheint es überhaupt nicht zu geben. Unter welchem Namen leben Sie auf Terra? Ich muss es wissen, falls ich Sie dringend erreichen muss.«
»In einem solchen Fall werde ich da sein. Machen Sie sich also keine Sorgen.«
Hamiller füllte sich etwas Wasser ins Glas und trank. Er schüttelte den Kopf. »Wozu unterhalte ich mich mit Ihnen?«, fragte er. »Das hat ja doch keinen Sinn. Gehen Sie, Boyt Margor! Sie haben mich lange genug aufgehalten.«
Die großen Augen blickten ihn an. Er hatte das Gefühl, den Kontakt zur Wirklichkeit zu verlieren. Der Raum um ihn herum schien zu versinken.
Boyt Margor sprach leise auf ihn ein, mit dunkler, angenehm klingender Stimme.
Als Hamillers Blicke sich wieder klärten, war Margor verschwunden. Er lief verwirrt durch die Wohnung, sich dessen bewusst, dass etwas nicht in Ordnung sein konnte. Er erinnerte sich daran, dass er seine Kandidatur zurückziehen wollte. Dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los, er musste ihn sofort in die Tat umsetzen.
Als er das zentrale Wahlbüro anrief, meldete sich eine
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