Silberband 099 - Treibgut der Sterne
hatte sogar den Eindruck, vorübergehend das Bewusstsein verloren zu haben. Als er sich im Kontursessel bewegte, stoben Perlen gelben Blutes von ihm fort. Sie strebten nach allen Richtungen davon, bis sie auf Widerstand trafen und als kleinere Fragmente zurückgeschleudert wurden.
Hotrenor-Taak verließ die Zentrale und stand Minuten später in einem der Maschinenräume vor dem Andruckneutralisator. Die Anlage war ausgebrannt. Reparaturen hatten die Terraner hier nur in sehr geringem Umfang ausgeführt, allem Anschein nach wäre auch für sie das Versagen völlig überraschend gekommen.
Ab sofort konnte Hotrenor-Taak die LOTOSBLUME nur noch mit sehr geringen Werten beschleunigen. Eine weitere Linearetappe war unter diesen Umständen undenkbar.
Niedergeschlagen kehrte er in die Zentrale zurück. Seine Situation hatte sich deutlich verschlechtert. Wenn er Notsignale funkte, würden diese früher oder später aufgefangen werden. Die Frage war nur, wen er damit auf den Plan rief. Nicht jeder würde so human mit ihm umgehen, wie er es von Terranern erwartete.
Bericht Daroque, Neu-Arkonide
Wir hatten das Schiff der Überschweren schon beim Anflug auf den vierten Planeten geortet, ließen es jedoch unbehelligt landen. Da diese Welt in den Sternkatalogen als unbewohnt galt, vermuteten wir, dass die Überschweren dort einen Geheimstützpunkt unterhielten. Erst als das Schiff nach drei Normtagen wieder startete, entschlossen wir uns zum Angriff.
Unsere Patrouille bestand zu diesem Zeitpunkt aus acht Schiffen. Zwei Diskusraumern der Blues, drei kleineren Einheiten von Drorah und unseren Schlachtschiffen von Arkon.
Unseren Aufruf zur Kapitulation, nachdem wir den Ortungsschutz der Sonne verlassen hatten, beantworteten die Überschweren mit ihren Geschützen, woraufhin Patrouillenkommandant Peralt von Yonth-Paero ebenfalls das Feuer eröffnen ließ.
Die Überschweren boten unserem Enterkommando einen erbitterten Kampf, töteten sogar einen von uns. Wir machten nur drei Gefangene, Männer, die sehr schwer verwundet worden waren.
Die Durchsuchung des wrackgeschossenen Schiffes zeigte, dass die Überschweren alle wichtigen Daten vernichtet hatten. Andererseits fanden wir einen Gefangenen. Ich war mit dem Blue Zytyrc unterwegs, dem Kommandanten der Entermannschaft und zudem Wortführer der zur Patrouille gehörenden Blues.
»Das ist kein Überschwerer!«, erkannte ich, als Zytyrc die Waffe auf den Gefangenen richtete.
»Sicher? Für mich sieht er so aus.« Der Blue fixierte den Gefangenen mit seinen Katzenaugen.
Der Mann hatte die Statur eines Überschweren. Doch wirkte seine Haut rau und rissig wie Vulkanschlacke. Darüber hinaus besaß er lange Affenarme mit prankenartigen Händen und gebogenen Krallen. Er war nackt und kauerte wie ein verängstigtes Tier in einer Ecke. Die Muskelstränge am Oberkörper und an den Armen zuckten. Über seine Lippen kamen unartikulierte Laute.
»Ein Wilder«, konstatierte Zytyrc. »Ein degenerierter Überschwerer. Ich nehme ihn mit auf die FLÖN.«
Er streckte den Gefangenen mit dem Paralysator nieder und befahl über Sprechfunk mehreren Soldaten, den Gefangenen abzuholen. Gleich darauf zirpte er mich mit befehlsgewohnter Stimme an: »Veranlassen Sie, dass die Verwundeten auf die GUNBATA gebracht werden, Daroque!«
»Wieso ausgerechnet auf ein arkonidisches Schiff?«, wollte ich wissen.
Er fuchtelte aufgebracht mit den Armen. »Sind sich die Arkoniden zu fein für einen Verwundetentransport? Machen Sie schon, Daroque! Ich wiederhole meine Befehle höchst ungern.«
Manchmal hatte ich den Eindruck, dass nicht der Akone Peralt von Yonth-Paero der Kommandant unserer GAVÖK-Patrouille war, sondern der Blue Zytyrc.
Ich kehrte auf die WOLAN zurück und sprach sofort beim Kommandanten vor.
Tere war ein alter Mann, den man besser nicht in einen solchen Einsatz geschickt hätte. Unsere Aufgabe bestand darin, Splittergruppen der Überschweren aufzuspüren, Stützpunkte auszumachen, feindliches Kriegsmaterial sicherzustellen und alle Informationen an die zentralen Stellen der GAVÖK weiterzuleiten. Die direkte Auseinandersetzung sollten wir tunlichst meiden und uns höchstens dann auf Kämpfe einlassen, wenn das Risiko gleich null war. So wie in dem vorangegangenen Fall.
Unser Einsatz wurde dadurch delikat, dass der Patrouille Vertreter dreier Volksgruppen angehörten. Es bedurfte eines gewissen Fingerspitzengefühls aller Schiffskommandanten, die unterschiedlichen Interessen auf einen Nenner
Weitere Kostenlose Bücher