Silberband 100 - BARDIOC
Entwicklungsstufen. Wie Sie wissen, lassen sich kybernetische Prozesse selbst in einfachsten biologischen Systemen nachweisen. So etwa in der Enzymkatalyse. Lebende Organismen benutzen bei der Umsetzung einer chemischen Verbindung Katalysatoren, eben Enzyme. Eine Reaktion dieser Art muss selbstverständlich geregelt werden, sonst würde der chemische Prozess davonlaufen.« Er blickte Rhodan forschend an.
»Alles klar«, sagte der Aktivatorträger. »Das brauchen Sie mir nicht so ausführlich zu erklären.«
»Die Reaktionen werden, wie eindeutig nachgewiesen worden ist, von Gravitationsimpulsen beeinflusst. Mir geht es nun darum, herauszufinden, warum das so ist und wie wir diese Beeinflussung mindern, verstärken oder neutralisieren können – je nachdem, was gerade gewünscht wird.«
»Es ist möglich, dass Sie Ihr Experiment an anderer Stelle fortführen können«, sagte Rhodan. »Dr. Peysel hat ein Problem. Bardiocs Symbiose bricht zusammen, weil irgendwo eine Störung vorliegt. Es ist bislang nicht gelungen, das Problem zu lokalisieren. Dr. Peysel stellt ein Team zusammen, dem Sie angehören sollen.«
Gavro Yaal lächelte kaum merklich. In seinen Augen blitzte es auf.
»Wollen Sie mich für dumm verkaufen, Rhodan? Sie glauben hoffentlich nicht ernsthaft daran, dass ich für Bardioc nur einen Finger krümmen werde.«
»Doch, das glaube ich. Ich bin davon überzeugt, dass Bardioc sich mit der Kaiserin von Therm vereinigen wird. Daraus wird vermutlich eine neue Form einer Superintelligenz entstehen. Vielleicht eine Form, die deutlich über Bardioc und der Kaiserin von Therm steht.«
»Und …?«
»Strengen Sie Ihren Kopf an, Yaal, und überlegen Sie sich, was aus den beiden Mächtigkeitsballungen wird. Vielleicht entsteht so etwas wie ein Machtvakuum?« Rhodan wandte sich um und entfernte sich einige Schritte, dann blickte er über die Schulter zurück. »Ich erwarte Sie in spätestens dreißig Minuten bei Bardioc!«
»Ist das ein Befehl?«
»Das haben Sie mich schon einmal gefragt. Sie sollten sich nicht wiederholen, Yaal. Und vergessen Sie nicht: Was immer Sie an der Symbiose zwischen den Pflanzen und Bardioc verändern werden, die Mutanten überwachen Sie.«
Gavro Yaal eilte hinter ihm her. Sein pausbäckiges Gesicht rötete sich schon wieder. »Die SOL-Geborenen werden eine Entschließung fassen, nach der eine solche Überwachung für ungesetzlich erklärt wird!«, rief er.
»Bislang haben sie das noch nicht getan. Und wenn sie es tun, ist damit noch lange nicht erreicht, dass die Bestimmungen geändert werden. Warum auch neue Gesetze gegen die Mutanten einführen, die vielleicht schon eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben als wir?«
Gavro Yaal erbleichte. »Das war – gelinde gesagt – unvorsichtig formuliert«, erklärte er mit völlig veränderter Stimme. Sie klang nicht mehr hell und dünn, sondern war kraftvoll und tief geworden. »Für mich bleiben solche Behauptungen ohne Bedeutung und beeindrucken mich nicht. Außerdem denke ich, dass eine Diskussion mit einem Mann wie Ihnen nichts bringt. Sie sind aufgrund Ihres hohen Alters nicht mehr in der Lage, progressiv genug zu denken.«
»Sieh an«, sagte Rhodan erheitert. »So etwas nenne ich ein starkes Stück. Wie dem auch sei, ich erwarte Sie in der Lagerhalle.«
Gavro Yaal betrat wenig später eine Messe, die nicht weit von seinen Laborräumen entfernt lag. Er entdeckte Jon Haix an einem der Tische. Bei Haix waren noch zwei Plätze frei, während alle anderen Tische besetzt waren.
»Erlauben Sie?«, fragte Yaal höflich.
»Bitte«, entgegnete Haix erfreut. Er unterhielt sich gern mit Gavro Yaal, wenngleich er dessen Ansichten nicht teilte.
Yaal tippte seine Wünsche in die Holotastatur des Tisches, nachdem er sich gesetzt hatte.
»Sie arbeiten an der Überwachung Bardiocs?«, fragte er dann.
»Ganz recht«, antwortete Haix.
»Rhodan sagte mir, dass es nicht gut steht um das Gehirn.«
»Das ist richtig. Bardioc wird die Kaiserin von Therm nicht lebend erreichen, wenn wir nicht schnell handeln. Wir hoffen, dass Sie uns helfen werden.«
»Ich habe meine Zusage schon gegeben.« Gavro Yaal seufzte. In der Mitte des Tisches schwebte die bestellte Mahlzeit empor.
Yaal aß zögernd. »Es bereitet mir ein besonderes Vergnügen, festzustellen, dass die Superintelligenz meine Hilfe benötigt«, sagte er. »Nichts könnte mir deutlicher bestätigen, dass meine Überlegungen richtig sind.«
»Darum geht es jetzt nicht«,
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