Silberband 101 - Eiswind der Zeit
sie ein fast griechisches Profil besaß. Ihre Nase war lang und gerade. Zwischen ihr und der wohlgeformten Stirn gab es fast keinen Absatz.
Sie schien ihn nicht mehr wahrzunehmen. Ihre Lippen bewegten sich wie im Selbstgespräch.
Jandra Kays, so glaubte Host Gordon, hatte den Verstand verloren.
Payne Hamiller befand sich in einem Dienstgleiter auf dem Flug nach Kreta. Unter ihm erstreckte sich das Meer in ungewöhnlich intensivem Blau.
Hamiller wusste, dass es seine Pflicht gewesen wäre, Julian Tifflor ausführlich zu informieren. Er hatte aber vieles für sich behalten, weil Boyt Margor das so wollte. Irgendetwas Unerklärliches hinderte ihn daran, sich gegen Margor zu wenden. Hamiller fühlte sich eingeschlossen. Er kam sich vor wie ein Blinder, der versuchte, aus einem gut gesicherten Gefängnis auszubrechen.
Der Gleiter erreichte die weißen Häuser von Heraklion und näherte sich der Ausgrabungsstätte im Inselinnern. Hamiller landete auf einem markierten Platz am Rand der Ausgrabungsstätte. Matzlew und seine Assistenten kamen aus ihren Zelten hervor.
Czerk Matzlew war ein noch junger Wissenschaftler. Er fühlte sich dem Rat für Wissenschaften verpflichtet, weil Hamiller ihm auf unbürokratische Weise geholfen hatte, seine Arbeiten durchzuführen. Er hatte dunkle Haare und forschende Augen, die erkennen ließen, dass Matzlew von unersättlichem Wissensdurst getrieben wurde.
Lächelnd stieg Payne Hamiller aus.
»Sie haben mich neugierig gemacht«, sagte er und streckte dem Archäologen die Hand entgegen. »Gibt es tatsächlich noch Entdeckungen von so großer Bedeutung, dass ein Mann Ihres Ranges sich nicht mehr als geheimnisvolle Andeutungen entlocken lässt?«
»Warum lassen Sie sich nicht überraschen?« Matzlew lachte.
Payne Hamiller fühlte sich entspannt; Boyt Margor war beinahe vergessen. Er blickte sich um. Die Mitarbeiter des Archäologen bildeten einen Kreis um sie und hörten zu. Im Hintergrund standen mehrere Bewaffnete. Sie waren dunkelhaarig und sonnengebräunt.
»Wer sind die Männer dort drüben?«, fragte der Rat.
Matzlew verzog das Gesicht. »Sie wurden von Staphros Pastulopulos abgestellt. Das ist der örtliche Kulturbeamte von Kreta. Ein Mann, der sich gern aufspielt und alles versucht, unsere Arbeit zu behindern. Er ist der Meinung, wir sollten besser die Relikte der alten Griechen restaurieren, anstatt nach noch älteren Kulturen zu suchen.«
»Ich werde die Männer wegschicken.« Hamiller ging zu den Bewaffneten, die ihn als Mitglied der Regierung erkannten.
»Matzlew und seine Helfer genießen mein volles Vertrauen«, sagte er. »Gehen Sie und melden Sie Pastulopulos, dass er Matzlew in Ruhe lassen soll. Wenn er hier weiterhin stört, werde ich ihn in die Sahara versetzen lassen. Dort gibt es Felszeichnungen aus der Steinzeit, die er bewachen kann. Verstanden?«
Die Wachen salutierten und wandten sich grinsend ab. Sie schienen amüsiert zu sein, dass der Kulturbeamte einen Verweis bekam. Hamiller blickte ihnen nach, bis sie mit ihrem Gleiter starteten. Danach kehrte er zu Matzlew zurück, der ihn an einer Marmortreppe erwartete, die unter einen der freigelegten antiken Tempel führte.
»Ich gehe voraus«, sagte der Archäologe und stieg die Treppe hinunter. Hamiller folgte ihm. Eine quadratische Öffnung wurde von zwei Antigravprojektoren flankiert. Matzlew ließ sich nach unten sinken.
In dem Steingewölbe, das von hell strahlenden Platten beleuchtet wurde, war es angenehm kühl. Hamiller sah sorgfältig behauene Steinquader, wie er sie von anderen Kulturstätten aus dem Mittelmeerraum auch kannte. Ihm entging nicht, dass Matzlews Team diese Anlagen nicht nur freigelegt, sondern auch gesäubert und zugleich konserviert hatte.
»Wer weiß sonst noch von dem Fund?«
Der Archäologe blieb unter einem Steinbogen stehen und blickte den Wissenschaftsrat überrascht an. »Natürlich niemand«, entgegnete er. »Sie haben mir die Anweisung gegeben, nicht darüber zu sprechen, und ich halte mich daran.«
Sie erreichten eine Treppe, die zu Hamillers Überraschung nicht aus Stein bestand, sondern aus einem rötlich schimmernden Metall, wie er es nie zuvor gesehen hatte. Auch die Wände waren aus diesem Material. In der Decke schimmerten bizarre Muster aus mosaikartig zusammengesetzten farbigen Teilen.
Matzlew strich mit den Fingern über das Material. »Ich vermute, dass diese Elemente früher den Treppenabgang beleuchtet haben«, erklärte er.
»Wenn der Staub nicht wäre,
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