Silberband 101 - Eiswind der Zeit
ein.
Demeter beobachtete den Roboter staunend und erwartete, dass er sie ansprechen würde, doch er schien sie nicht wahrzunehmen. Als er mit seiner Arbeit fertig war, drehte er sich um und ging davon. Die Tiere, die dem Roboter ausgewichen waren, verloren das Interesse und zogen sich nun endgültig zurück.
Demeter ließ sich in einen Sessel sinken. Sie wusste jetzt, dass sie nicht völlig allein war in der Stadt. Irgendwo gab es Roboter, die alles überwachten. Es gab aber auch Tiere, die Gefahr bedeuteten.
Demeter bereute bereits, dass sie nicht in New York geblieben war. Schließlich ging sie noch einmal durch das Haus. Alles sah so aus, als könnten dessen Bewohner jeden Moment zur Tür hereinkommen. In den Schränken lagen Kleidungsstücke, in Kühlschränken lagerten Nahrungsmittel in großer Menge, dass Demeter einige Wochen davon hätte leben können. Außerdem war es warm und angenehm.
Demeter hatte Hunger, aber der Schock der Vergiftung wirkte nach. Wer würde ihr hier helfen, wenn sie zusammenbrach?
Sie trank ein wenig Wasser, doch das half ihr nicht lange. Der Tag verstrich, und ihr Hunger wurde stärker. Demeter spielte mit dem Gedanken, über das vorhandene Funkgerät einen Taxigleiter zu rufen. Doch dann sagte sie sich, dass damit noch nichts erreicht gewesen wäre.
Sie holte die Kreditkarte von Janet Brix hervor. Darauf war der Visiphonanschluss der Ärztin verzeichnet. Demeter zögerte lange, weil sie befürchtete, dass sie ihren Aufenthaltsort durch ein Gespräch verraten würde, dann wurde ihr Hunger jedoch quälend, und sie entschied, Janet Brix anzurufen.
Die Ärztin meldete sich nicht, aber das Gesicht von George Moren erschien auf dem Schirm. »Wo sind Sie, Dunja?«, fragte er.
»Das ist unwichtig. Ich habe Hunger. Bitte sagen Sie mir, was ich essen darf und was nicht.«
Demeter hatte nicht damit gerechnet, den Arzt zu sehen, ließ sich ihre Überraschung jedoch nicht anmerken. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war.
»Ich muss mit Ihnen sprechen, Dunja«, sagte Moren eindringlich. »Bitte, es ist äußerst wichtig für Sie.«
»Erst, wenn ich gegessen habe und mich danach noch wohlfühle.«
»Also gut. Hören Sie zu …« Moren beschrieb ihr genau, was sie zu sich nehmen durfte und bei welchen Speisen Gefahr für sie bestand. Plötzlich aber veränderte sich seine Miene. Langsam wandte Moren den Kopf zur Seite, er schloss die Augen und erhob sich. Ein anderer Mann erschien im Bild. Demeter hielt den Atem an, als sie das bleiche Gesicht mit den nachtblauen Augen sah. Das türkisfarbene Haar hing Margor wirr in die Stirn.
Sie schaltete ab, bevor er etwas sagen konnte.
Demeter zitterte am ganzen Körper. Nach wie vor hielt sie Boyt Margor für ihren Retter, doch jetzt hatte sie etwas in seinem Blick bemerkt, was sie erschreckte.
Um sich abzulenken, ging sie zum Kühlschrank und suchte sich einige Speisen heraus, die sie gefahrlos zu sich nehmen konnte. Während sie aß, dachte sie über sich und ihre Situation nach. Allmählich kamen ihr Bedenken. Wenn Margor den Leitenden Arzt gefunden hatte, warum sollte er sie dann nicht auch finden?
Nur der Gleiter, mit dem sie von Athen gekommen war, konnte ihn auf die Spur gebracht haben. Der Gleiter, mit dem sie aus New York geflohen war, würde sie ebenfalls verraten.
Demeter stürzte sich förmlich auf das Funkgerät und löste den Gleiterruf aus. Etwa zehn Minuten später ging vor dem Bungalow eine Maschine nieder. Demeter öffnete ein Fenster und kletterte hindurch, weil das Türschloss ihren Bemühungen widerstand. Sie setzte sich in den Gleiter und raste nach Westen davon.
Demeter wusste nicht, wohin sie wollte. Sie würde sich spontan entscheiden, wenn sie etwas entdeckte, was ihr günstig erschien.
Nach gut einer Stunde sah sie einen Kugelraumer, der in einem lang gestreckten Tal gelandet war. Maßlose Erregung überfiel sie. Dies war das erste Raumschiff, das sie auf dieser Welt sah. Für einen Moment schien es, als würden ihre Erinnerungen aufbrechen, doch dann war alles wieder vorbei.
Demeter beobachtete, dass ein Strom von Menschen sich aus dem Raumschiff in eine kleine Stadt ergoss, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit jener hatte, aus der sie gerade geflohen war.
Hier kann ich mich verstecken!, dachte sie.
Demeter drückte den Gleiter bis dicht über den Boden. Nun konnten die Menschen aus dem Raumschiff sie nicht mehr sehen, da sie sich in der Deckung bewaldeter Hügel befand. Das Raumschiff allerdings
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