Silberband 101 - Eiswind der Zeit
sie wäre kein Mensch.«
Die beiden Ärzte arbeiteten schnell, aber nicht hastig. Sie waren erfahren genug, um zu erkennen, dass es schlecht um die Frau stand. Minuten vergingen, dann schien sich die Vermutung zu bestätigen.
»Sie hat den Fisch gegessen, ohne zu wissen, dass diese Eiweißform pures Gift für sie ist«, stellte Moren fest. Er blickte Demeter lange an. »Aber wir schaffen es.«
»Davon bin ich überzeugt«, sagte Janet Brix mit einem bitteren Lächeln.
Schweigend arbeiteten sie weiter und beobachteten aufatmend, dass die Fremde positiv darauf reagierte.
Zwei Stunden nach ihrer Einlieferung in die Klinik hatte Demeter die gefährlichste Krise ihres neuen Lebens überstanden. Weitere zwei Stunden später wachte sie auf. Verwirrt blickte sie sich in dem nüchtern eingerichteten Krankenzimmer um. Ein großer, dunkelhaariger Mann stand vor ihrem Bett und blickte mit einem beruhigenden Lächeln auf sie herab.
Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und griff nach ihrer Hand, um den Puls zu fühlen. Instinktiv versuchte Demeter, sich ihm zu entziehen. Als er ihr mit sanfter Stimme erläuterte, was er beabsichtigte, streckte sie den Arm wieder aus.
»So ist es gut«, lobte der Mediziner. »Ich bin George Moren. Ich habe mich um Sie gekümmert. Es sah ziemlich schlecht für Sie aus, aber jetzt sind Sie über dem Berg.«
Sie blickte ihn mit großen Augen fragend an.
»Sie haben Fisch gegessen. Fisch ist Gift für Sie. Wahrscheinlich gibt es noch andere Dinge, die Sie nicht vertragen. Wir werden das klären, bevor wir Sie entlassen.«
Moren hielt ihre Hand länger als notwendig. Sie merkte, dass die ärztliche Untersuchung beendet war, und zog den Arm zurück.
»Ich kenne noch nicht einmal Ihren Namen?«, sagte er.
»Dunja«, antwortete sie. »Dunja Varenczy.«
Sie sprach Interkosmo mit einem eigenartigen Akzent. Der Arzt zweifelte nicht daran, dass sie ihm einen falschen Namen genannt hatte, aber er zeigte es ihr nicht. »Dunja, Sie sollten jetzt ein wenig schlafen«, sagte er.
Er sah, dass Janet Brix in der Tür stand und ihm ein Zeichen machte. Sie trat zurück auf den Gang. Er folgte ihr und zog die Tür hinter sich zu.
»Ich will dich sprechen. Sofort«, flüsterte sie.
Er nickte seufzend und ging mit ihr in sein Arbeitszimmer. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, fuhr sie ihn an: »Du benimmst dich lächerlich. Du stellst einer Außerirdischen nach, die deine Patientin ist.«
»Sie ist eine faszinierende Frau und in jeder Hinsicht ungewöhnlich.«
»Du wirst sie in Ruhe lassen.« Tränen stiegen der Oberärztin in die Augen.
Moren lächelte herablassend. »Deine Eifersuchtsanfälle gehen mir auf die Nerven.«
Sie ging wortlos. Er blickte ihr nach und sein Gesicht verdüsterte sich. Er wusste, dass er sich Janet Brix nicht zur Feindin machen durfte, doch zugleich fühlte er, dass er der Faszination seiner Patientin nicht widerstehen konnte. Diese Frau schlug ihn in ihren Bann. Er war sich darüber klar, dass er alles zerstören würde, was er mit Janets Hilfe aufgebaut hatte, dennoch hatte er nicht die Kraft und den Willen, sich dieser Patientin zu entziehen.
Demeter fühlte sich schwach und elend, als sie nach einigen Stunden aufwachte. Sie hatte heftige Kopfschmerzen.
Vor ihrem Bett stand eine dunkelblonde Frau und musterte sie eindringlich.
»Sie sind eine Außerirdische«, sagte die Frau. »Und Sie verstecken sich. Vielleicht agieren Sie sogar gegen die Menschheit.«
»Das ist völlig falsch. Was wollen Sie von mir?« Stöhnend griff Demeter sich an den Kopf.
»Ich will, dass Sie aus der Klinik verschwinden, bevor der neue Tag anbricht. Sie richten nur Unheil an.«
»Ich verstehe nicht.« Demeter war in der Tat verwirrt.
»Das ist auch nicht notwendig. Mir genügt es, wenn Sie verschwinden.«
Demeter ließ sich ins Kissen zurücksinken. Sie musterte die Ärztin und verstand endlich. »Ich gehe«, versprach sie, »aber Sie müssen mir helfen. Ich habe kein Geld und nicht einmal Kleider.«
»Das erhalten Sie alles von mir«, sagte Janet Brix. »Ich gebe Ihnen etwas zum Anziehen, und Sie können über mein Konto verfügen. Ich bin nicht arm.«
»Sie haben Angst um den Mann, den Sie lieben.«
»Und wenn es so wäre?«
»Ich verstehe Sie, und ich will Ihnen den Mann nicht wegnehmen«, erklärte Demeter sanft. »Ich gehe sofort, wenn Sie mir helfen.«
Sie besprachen die notwendigen Schritte. Die Ärztin versorgte Demeter mit wichtigen Medikamenten und führte sie
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