Silberband 101 - Eiswind der Zeit
Hamiller könnte es sein?«, fragte Eawy ter Gedan ärgerlich.
»Wahrscheinlich ist er es«, versuchte Bran Howatzer sie zu beruhigen. »Aber wir müssen unserer Sache absolut sicher sein! Wir treten zum ersten Mal an die Öffentlichkeit – sozusagen. Ob wir unsere Aufgabe erfüllen können, hängt von unserer Glaubwürdigkeit ab. Was, meinst du, wird aus unserer Glaubwürdigkeit, wenn wir dem Ersten Terraner empfehlen, Payne Hamiller nicht an Bord der BASIS zu lassen, und es ist in Wirklichkeit Joe Blow, den er geschickt hat?«
»Wer ist Joe Blow?«, fragte Eawy irritiert.
»Niemand. Ein alter Ausdruck für ›irgendjemand‹. Wir müssen uns Gewissheit verschaffen. Die Radiokomkanäle müssen voll von Gesprächen sein, die die Abteilungen der Administration miteinander führen. Wenn du sie abhörst, wirst du bestimmt einen Hinweis finden, ob wirklich Hamiller mit der Inspektion beauftragt wurde.«
Eawy seufzte. »Ich kümmere mich darum.«
»Es werden Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen, dass niemand außer Payne Hamiller und seinen Mitarbeitern an die BASIS heran kann«, erläuterte Dun Vapido. »Solche Dinge obliegen gewöhnlich dem Amt für Verteidigung. Das ist ein guter Ansatzpunkt. Natürlich auch das Amt für Wissenschaften, denn dort fließen alle Informationen zusammen.«
»Verstanden«, sagte Eawy. »Ich mach' das schon richtig.«
Beide Männer verließen den Raum, weil sie Eawy nicht stören wollten. Eine halbe Stunde verging, dann kam die junge Mutantin hinter ihnen her. Sie wirkte erschöpft. Eine Strähne des langen, tiefbraunen Haars fiel ihr ins Gesicht.
»Die Abteilung Lunar Control im Amt für Verteidigung hat alle Dienststellen auf dem Mond angewiesen, dem Terranischen Rat für Wissenschaften ungehinderten Zugang zur BASIS zu gestatten.«
Bran Howatzer klatschte in die Hände. »Das ist es! Jetzt wissen wir, woran wir sind! Es ist Zeit zu handeln!«
Genau nach einer Stunde meldete sich Payne Hamiller erneut bei Boyt Margor.
»Ich habe sechzehn Leute für Sie«, erklärte der Mutant. »Es handelt sich ausnahmslos um Experten. Einer von ihnen ist Naren Palov, ein Fachmann auf dem Gebiet der Degeneration positronischer Maschinen. Man mag sich darüber wundern, dass Sie zu dieser Aufgabe Fremde bestellt haben, aber man wird an ihrer Qualifikation nicht zweifeln können.«
Payne Hamiller war Palov ein- oder zweimal begegnet und hatte viele seiner Arbeiten gelesen. Der Mann war eine Kapazität. »Das ist gut«, bestätigte er. »Ich habe alles für den Empfang der Ausgewählten vorbereitet. Sie brauchen eine besondere Reiseerlaubnis, weil Luna zum Sperrgebiet erklärt worden ist. Die Erlaubnis ist beantragt und wird ohne Zweifel genehmigt werden. Palov und seine Leute werden die Transmitterstation in Molokai benützen.«
»Molokai? Warum so weit?«, wollte Margor wissen.
»Molokai kann von hier aus aktiviert und gepolt werden. Ich habe auch dafür das Notwendige schon veranlasst. Die Leute landen in einer selten benutzten Empfangsstation unter dem Regenmeer. Ich treffe sie dort. Ein Boot steht bereit, das uns zur BASIS bringen wird.«
»Ausgezeichnet!«, lobte der Mutant. »Ich erwarte Ihren ersten Bericht mit Spannung. In ein paar Minuten sind Palov und die anderen auf dem Weg. Rechnen Sie mit ihrer Ankunft gegen drei Uhr dreißig Terrania-Zeit.«
Diesmal unternahm Hamiller keinen Versuch, sich des Schuldgefühls zu entledigen, das ihn bedrückte. Er ging zum Arbeitssaal der Lunar Emergency Operations und suchte nach Resu Redfern. Redfern hatte sich jedoch zurückgezogen. Hamiller war es recht. Die Anweisung, die er erteilen wollte, hätte womöglich sogar Redferns Misstrauen geweckt. Dem alten Freund gegenüber fiel es Hamiller schwer, Ausflüchte zu erfinden.
Er setzte sich an Redferns Arbeitsplatz und hinterließ eine einfache Textnachricht: »Bin mit sechzehn ausgewählten Fachleuten unterwegs zur BASIS. Bitte achte darauf, dass ich nicht gestört werde. Niemand hat Zutritt zur BASIS, während wir dort tätig sind.«
Er beendete die Nachricht mit seiner Kennung. Redfern würde den Text sofort sehen, wenn er zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte.
Allmählich ergriff die Erregung von Payne Hamiller Besitz. Er hatte seinen Schuldkomplex, ohne dass er sich dessen bewusst geworden wäre, weitgehend verdrängt. Der Gedanke an Boyt Margor und daran, dass er auf dem besten Weg war, zum Verräter zu werden, beschäftigte ihn nicht mehr. In wenigen Stunden würde er als
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