Silberband 101 - Eiswind der Zeit
erster Mensch die BASIS betreten. Alle Zeichen wiesen darauf hin, dass sie das Produkt einer Technologie war, die menschliche Wissensgrenzen hinter sich gelassen hatte.
Brennend interessierte sich Payne Hamiller für die Grundzüge dieser neuen Technologie und vor allem, von wem NATHAN die Kenntnisse erworben hatte. Die Intelligenz der Hyperinpotronik schloss die Fähigkeit, gespeichertes Wissen weiterzuentwickeln und neue Erkenntnisse zu gewinnen, nicht ein.
Kurz nach 3 Uhr vergewisserte sich Hamiller ein letztes Mal, dass die von ihm angeordneten Vorbereitungen planmäßig getroffen worden waren. Er erfuhr, dass der Transmitter in Molokai bereits tätig war.
Hamiller begab sich zur Transmitterstation der Lunar Emergency Operations und justierte ein kleineres Gerät auf die Station unter dem Regenmeer. Nach seinem Durchgang schaltete sich das Gerät selbsttätig ab.
Die Station war nur eine kahle Halle. Bis auf drei Transmitter war sie leer. Es roch nach Staub und Moder und Verlassenheit. Payne Hamiller ging ungeduldig auf und ab. Es war kurz vor halb vier. Nach einer Weile trat er auf eines der beiden weiterführenden Schotte zu und warf einen Blick in den angrenzenden Hangar. Im Widerschein der Deckenbeleuchtung stand da eines der kastenförmigen Mondboote. Hamiller empfand die Szenerie als merkwürdig bedrückend. Er wandte sich ab – gerade als hinter ihm einer der Transmitter aktiv wurde.
Naren Palov kam als Erster. Ihm folgten Männer und Frauen, die Hamiller nie zuvor gesehen hatte.
Palov schaute sich um und nickte. »Gut gemacht«, murmelte er. »Niemand in der Nähe?«
»Niemand in der Nähe«, bestätigte Hamiller. »Sind das alle Ihre Leute?«
Naren Palov zählte. »Ja, das sind alle.«
»Dann machen wir uns auf den Weg«, schlug Hamiller vor.
9.
Gegen Mittag erhielt Julian Tifflor, der sich zu dieser Zeit in einer Besprechung befand, einen Anruf von der diensthabenden Ordonnanz. Der Mann erklärte mit der Stimme eines Verschwörers: »Ich habe eine dringende Nachricht für Sie, Sir! Es geht um ein Mitglied des Kabinetts. – Vielleicht wollen Sie anderswo, ich meine …«
Tifflor nickte knapp, dann unterdrückte er das Gespräch und verließ die Konferenz. Beim Weggehen sah er, dass Roi Danton ihn aufmerksam fixierte. Im Nebenraum wartete die Ordonnanz bereits als lebensgroßes Hologramm.
»Schießen Sie los!«, verlangte Tifflor.
»An den Ersten Terraner. Achten Sie auf die BASIS! Lassen Sie auf keinen Fall Payne Hamiller an Bord! Payne Hamiller auf keinen Fall an Bord lassen!«
»Soll das ein Scherz sein?«, fragte Julian Tifflor.
»Ganz sicher nicht von mir, Sir. Und über den Absender kann ich keine Aussage machen. Die Sendung ging anonym ein.«
»Hinweise auf die Herkunft?«
»Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden wir nicht mehr herausfinden, als wir schon wissen. Die Nachricht wurde von einer öffentlichen Schreibstelle im nördlichen Stadtbezirk von Terrania City aufgegeben. Um elf Uhr vierunddreißig, Sir.«
Julian Tifflor sah nachdenklich vor sich hin. Hamiller war über jeden Verdacht erhaben. Wenn an dieser Nachricht überhaupt etwas interessant war, dann höchstens die Frage, wer interessiert sein konnte, den Wissenschaftler in Misskredit zu bringen.
Die Ordonnanz wartete geduldig.
»Schicken Sie mir eine Kopie der Aufzeichnung!«, sagte Tifflor endlich. »Die Sache ist keinen Soli wert, aber ich möchte wenigstens einen entsprechenden Vermerk in meinen Unterlagen haben.«
»Wünschen Sie, dass die Angelegenheit geheim gehalten wird?«
»Wieso? Wer außer Ihnen weiß Bescheid darüber?«
»Niemand.«
Tifflor grinste. »Keine Geheimhaltung erforderlich. Gehen Sie ruhig hin und erzählen Sie jedem, dass irgendein Narr versucht, den Terranischen Rat für Wissenschaften bei mir in Verruf zu bringen.«
Die Besprechung dauerte noch mehrere Stunden. Sie befasste sich mit den Vorbereitungen, die im Zusammenhang mit der Bemannung der BASIS zu treffen waren. Es war annähernd 15 Uhr, als die Mitglieder des Kabinetts sich von Tifflor verabschiedeten.
Roi Danton blieb zurück. »Verzeih meine Neugierde«, bat er. »Aber da war vorhin etwas …«
»Ich bin froh, dass du geblieben bist«, fiel ihm Tifflor ins Wort. »Komm mit!«
Sie gingen ins Nebenzimmer. Ein Speicherwürfel lag auf dem Arbeitstisch. Er enthielt den exakten Text. Danton las, dann zuckte er geringschätzig mit den Schultern.
»Nicht wert, dass man einen einzigen Gedanken dranhängt. Ich halte das für den
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